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Wer hat noch nicht die A 4 zwischen Bad Hersfeld und dem Kirchheimer Dreieck befahren und dabei die Asbachtalbrücke passiert ?
Diese Rundbogenbrücke aus Naturstein gelangte Anfang der 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts zu trauriger Berühmtheit, als ein Polizist dort von einem Kraftfahrer erschossen wurde, der auf dem Weg zur Arbeit in den Frankfurter Raum geblitzt worden war.
Davon aber soll dieser Bericht nicht handeln und von der Brücke auch nur indirekt.
Erbaut wurde diese Brücke im... weiterlesen Rahmen des Reichsautobahnbaus in den Jahren von etwa 1938 bis 1942 durch Arbeiter sowie nach Kriegsbeginn von verschleppten Zwangsarbeitern , die im Reichsautobahnlager Pfaffenwald nahe des dortigen Autobahnabschnittes untergebracht waren.
Welche Verknüpfung zur ca. 2 km entfernten Gedenkstätte Pfaffenwald besteht, ahnte ich nicht, hatte ich doch aus den Erzählungen nur in Erinnerung, dass sich im Pfaffenwald angeblich Kriegsgräber befinden sollen.
Wenn man den Begriff Kriegsgräber hört, geht man gemeinhin davon aus, dass es sich um Soldatengräber handelt.
Dem war jedoch nicht so, wie ich jetzt beim "graben" in der Geschichte des Pfaffenwaldes feststellen musste.
Nach der Nutzung als Reichsautobahnlager Pfaffenwald, wurde dieses nach einem kurzzeitigen Leerstand von 1942 bis 1945 als Krankenlager für "femdvölkische" Zwangsarbeiter genutzt.
Dokumentiert ist über dieses Lager nicht viel, ich konnte mich jedoch durch eine über 200 seitige Abhandlung lesen, die mich derart fesselte , dass ich sie an einem Nachmittag "verschlang".
Furchtbar müssen die hygienischen Verhältnisse gewesen sein. Die Lungentuberkulose grassierte im Lager, welches ständig ca. 200 Zwangsarbeiter/ Innen vorwiegend aus Polen und Osteuropa beherbergte.
Das war aber noch nicht das Schlimmste. Das Grauen erfasste mich angesichts der Darstellung, dass hierher auch schwangere Zwangsarbeiterinnen eingewiesen wurden zwecks Abtreibung und - falls schon zu weit fortgeschritten - zwecks Entbindung.
Die Eintragungen seinerzeit in die Personenstandsbücher von Kerspenhausen und später Hersfeld weisen zahlreiche Geburten, aber auch Todesfälle , auch von jungen Frauen und Säuglingen im Lager Pfaffenwald aus.
Besonders berührt hat mich die ungeklärte Frage des Schicksals der Neugeborenen. Wurden diese den Müttern, die Ihre Arbeit nach dem Wochenbett wieder aufnehmen mussten, mitgegeben oder wurden diese von ihnen getrennt ?
Der Begriff "Lebensborn" taucht vor meinem inneren Auge auf ....
Aus anderen Lagern mit gleicher Funktion ist bekannt, dass man die Säuglinge systematisch verhungern ließ bzw. medizinische Experimente an ihnen durchführte.
Welchen Sinn sollte es aber haben, die Geburt im Personenstandsregister einzutragen, wenn man vorhatte, das gerade geborene Leben zu vernichten? War es nur die banale "deutsche Gründlichkeit" ? Fragen über Fragen tauchen in meinem Kopf auf und spuken darin wie ein Gespenst ...
Wie gesagt - das Schicksal der hier Geborenen ist ungeklärt.
Zeitzeugen erinnern sich zwar an die am Bahnhof Asbach ankommenden werdenden Mütter und jungen Frauen, nicht jedoch an Säuglinge abtransportierter Frauen.
Auch erinnern sich Einheimische, die Wald Holz "machten" an teilweise mehrere Transporte von Toten täglich vom Lager zum Friedhof im Wald.
Aktenkundig sind 400 Todesfälle in den drei Jahren der Nutzung.
Das Lager ist heute ein lost place von dem nur wenige Betonfundamente übrig sind.
Der Friedhof - etwa 2 km Fußweg entfernt - ist die eigentliche Gedenkstätte. Hierbei handelt es sich um ein von auf zwei Seiten mit einer Mauer umfriedetes fast quadrTisches Areal von ca. 50 x50 m. An den beiden anderen Seiten ist der Friedhof von Erdwällen eingefriedet. Zum Schutz vor grabenden Wildschweinen hat man einen Zaun aufgestellt.
Es befinden sich einige symbolische Grabkreuze ohne Namen verstreut auf dem Gelände sowie in der nordwestlichen Ecke ein etwa drei Meter hohes Steinkreuz sowie Tafeln mit den Namen der über 400 im Lager Verstorbenen.
In der Mitte des Friedhofes steht eine riesige Buche mit prächtiger Krone.
Die Gedenkstätte wurde im Jahre 1960 von der Kriegsgräberfürsorge hergerichtet.
Was genau mit dem Lager nach Ende des Krieges geschah bleibt ebenso im Dunklen, wie das Schicksal der Insassen.
Einheimische erzählen von Rauchwolken, die sie über dem Wald gesehen haben wollen, andere berichten von Baumaterialien, die von den Baracken herrührten.
Auch die amerikanischen Alliierten, die das Lager auflösten, haben keine Aufzeichnungen gefertigt, wohin die befreiten Insassen des Lagers gebracht wurden.
Heute erinnern nur noch Betonfundamente auf einem Plateau im Wald über dem Asbachgrund an das ehemalige Lager Pfaffenwald sowie ein etwa zwei Kiliometer vom Nachbarsort Beiershausen im Wald gelegener, als Gedenkstätte ausgewiesener Friedhof an das Lager.
Die Not hat Grenzen, der Wahn ist grenzenlos![verkleinern]