28.03.2016
Kurzfassung: Für die an Frühgeschichte Interessierten ist dieses Museum ein absolutes Muss. Hier findet man das Original der Himmelsscheibe von Nebra.
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Und hier die Fassung für die Gerne - Viel - Leser/innen:
Warum nimmt man eine etwa 2- stündige Fahrt auf sich, um ein Museum anzuschauen? Es ist die Leidenschaft , sich mit Geschichte zu befassen und den dazu zu gehörenden archäologischen Befunden.
Anlässlich des Besuchs des... weiterlesen Völkerschlachtdenkmals in Leipzig wurden wir durch einen Prospekt, den wir von dort mitnahmen auf die vom 06.11.2015 bis 22.05.2016 stattfindende Sonderausstellung zur Schlachtfeldarchäologie "Krieg - eine archäologische Spurensuche" aufmerksam.
Diese wollten wir uns keinesfalls entgehen lassen und so planten wir einen Besuch im Frühjahr 2016 fest ein.
Außerdem hatten wir schon seit Langem vor, einmal die Himmelsscheibe von Nebra - den bedeutendsten Fund aus der frühen Bronzezeit - zu bewundern.
Zudem beherbergt das Museum eine der ältesten, umfangreichsten und bedeutendsten vor- und frühgeschichtlichen Sammlungen der Stein - und Bronzezeit in Deutschland.
Für die Betätigung als Hobbyarchäologen, die mit Genehmigung der Landesarchäologie gezielt Nachforschungen nach archäologischen Denkmälern frühgeschichtlicher bis - mittelalterlicher Epochen durchführen dürfen, ist es für uns wichtig sich fortzubilden.
Dazu gehört auch der Besuch von Museen, damit wir wissen, worauf wir unser Augenmerk bei der Suche nach Siedlungsspuren richten müssen. Dazu muss man sich insbesondere damit befassen, woran man Bodendenkmäler und dazu gehörende Artefakte erkennt.Nicht jeder Hügel ist ein Hügelgrab und nicht jede Scherbe, die man findet, ist ein archäologisches und damit wertvolles Artefakt.
Auch wenn wir selbst keine Grabungen durchführen, sondern uns auf das Erkennen von Bodendenkmälern und Oberflächenfunden beschränken, war ein Besuch auch dieses Museums für uns von besonderem Interesse.
Das Museum ist ein Teil des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen - Anhalts.
Bereits im Jahre 1819 gründete sich in Naumburg ein Verein für "Erforschung des vaterländischen Altertums und Erhaltung seiner Denkmale".
Bereits vier Jahre später gab es eine Sammlung, die nach Halle verlegt wurde. Jedoch erst im Jahre 1918 wurde nach mehrjähriger Bauzeit das heutige Museum als erstes Museum für Vorgeschichte errichtet.
Es überstand des 2. Weltkrieg glücklicher Weise unbeschadet - nicht auszudenken, welch unwiederbringlichen Verluste bei einer Zerstörung des Museums entstanden wären.
Nach dem Beitritt Sachsen - Anhalts wurde die Dauerausstellung in 1994 geschlossen und ab 2003 nach umfassenden Sanierungsarbeiten nach und nach wieder eröffnet. Seit 2008 steht die gesamte Ausstellung dem interessierten Publikum wieder zur Verfügung.
Im Erdgeschoss findet zur Zeit die oben bereits genannte Ausstellung zur Schlachtfeldarchäologie statt, beginnend mit der sehr anschaulichen und interessanten Darstellung der Forschungsergebnisse zur Schlacht von Lützen während des dreißigjährigen Krieges, welche am 6./ 16. November 1632 (julian. /gregorian. Zeit) statt fand.
Ein komplettes Massengrab mit 47 in der Schlacht umgekommenen Soldaten schwedischen und mitteleuropäischen bzw. deutschen Ursprungs wurde in das Museum verlagert und begrüßt als vertikal aufgestelltes Exponat den Besucher der Sonderausstellung.
Es sieht aus wie ein riesiges Kunstwerk bzw. Gemälde und wirkt eher interessant als schaurig.
So überwältigend wie dieses Exponat ist die Gestaltung der gesamten Ausstellung, angesichts der detailliert erforschten Daten und Fakten zu den Soldaten, den Waffen und Kampfhandlungen rund um Lützen, einem Ort etwa 35 km südlich von Halle gelegen.
Aber seit wann kennt die Menschheit kriegerische Auseinandersetzungen?
Man geht davon aus, dass kriegerische Ausseinandersetzungen in größerem Ausmaße seit dem Sesshaftwerden des Menschen - also seit der Jungsteinzeit - statt finden.
So führte die Ausstellung uns weiter in Nebenräume, in welchen Exponate aus archäologischen Grabungen z. B. auf einem frühgeschichtlichen Schlachtfeld im Tolensetal in Mecklenburg - Vorpommern ausgestellt wurden.
Gezeigt werden aber auch vor - und frühgeschichtliche Kampfwerkzeuge , wie z. B. Holzkeulen um 4.000 v. Chr.
Organisation, Taktik und Waffentechnologie haben sich über Jahrtausende weiterentwickelt, was anschaulich vermittelt wird.
Im zweiten Obergeschoss konnte man sich anschließend einen Film über die Schlacht in Lützen anschauen.
In der dritten Etage wurden wir durch die Steinzeit und frühe Bronzezeit und zwar durch einen etwa 600.000 Jahre umfassenden Zeitraum im Zeitraffer geleitet.
Vor etwa 600.000 Jahren lebt der homo erectus als Sammler und Jäger. Er lernt bald das Feuer zu nutzen und einfache Werkzeuge aus Stein, wie Faustkeile herzustellen.
Dann - vor etwa 130. - 120.000 Jahren besiedelt der homo neandertaliensis Mitteleuropa. Er nutzt nun schon aus Holz und Stein zusammen gesetzte Waffen und Werkzeuge, um sich die lebensnotwendige Jagd und das tägliche Leben zu erleichtern. Er bestattet seine Toten.
Vor etwa 40.000 Jahren begann der homo sapiens sich auch künstlerisch zu betätigen, wovon Höhlenmalereien zeugen und etwa 12. - 20.000 Jahre später haben die Menschen nachweislich religiöse Vorstellungen - Fruchtbarkeitsgöttinen werden verehrt.
Mit dem Ende der letzten Eiszeit um ca. 11.000 v. Chr. beginnt in Mitteleuropa die Mittelsteinzeit und die Jungsteinzeit etwa 5600 v. Chr.
Der homo sapiens entwickelt sich weiter. Neben dem Sammeln und Jagen betreibt er als sesshaft Gewordener Viehzucht und Ackerbau. Er benutzt Gefäße aus Bandkeramik um z. B. auch Vorräte zu halten.
Er lebt in Hütten aus Stein, Holz und Lehm und es erfolgen die ersten Versuche der Metallbearbeitung. Vor allem Schmuck wird hergestellt, wie Hals- und Armreifen.
Solche Artefakte hatten wir erst kürzlich im Vonderaumuseum in Fulda gesehen.
Im Übergang zur Bronzezeit werden die ersten Waffen und Werkzeuge aus verschiedenen Metallen hergestellt und sogar grundlegende Techniken wie Metallguss entwickelt, um eine Vielzahl gleichartiger Gegenstände herzustellen.
Ötzi der prominenteste Mensch aus diesem Zeitalter trug bereits neben seinem jungsteinzeitlichen Gepäck ein Beil aus Kupfer bei sich.
Es entwickelte sich - um die Erze zu gewinnen - Bergbau in offenen Gruben.
Da gelangte der Mensch auch schon in der Bronzezeit an, welche in Mitteleuropa etwa zwischen 2200 v. Chr. und 800 v. Chr. datiert.
Den Namen hat diese Epoche dem Umstand zu verdanken, dass Waffen und Werkzeuge vor allem aus Bronze - einer Kupfer - Zinn - Legierung - hergestellt wurden.
Aus dieser Zeit datiert übrigens die Himmelsscheibe von Nebra, welche wir am Ende der Ausstellung in einem abgedunkelten Raum ausgiebig bestaunen konnten und die zweifellos einer der Höhepunkte der Ausstellung darstellt. Doch zuvor befassten wir uns mit der Bedeutung der Anordnung der auf ihr gezeigten Gestirne und Zeichen. Es ist erstaunlich, was Menschen zu jener Zeit schon über Astronomie wussten.
Auch die in der Landschaft hier und dort zu entdeckenden Hügelgräber sind in die Bronzezeit zu datieren.
Das Gemeinwesen und der Handel waren zu dieser Zeit schon erstaunlich gut entwickelt. So gab es bereits Handelswege zwischen Nordeuropa über die Alpen bis in die Ägäis führend.
Eines der begehrtesten und wertvollsten Handelsgüter war z. B. Bernstein.
Auch frühgeschichtliche Exponate aus diesem Material werden hier präsentiert.
Überhaupt ist die Gestaltung dieses Museums mit modernster Ausstellungskonzeption und die Präsentation besonders interessanter Funde sehr gelungen, wobei ich mich insgeheim fragte, welche Schätze da noch verborgen in den Archiven schlummern.
Vollkommen überwältigt benötigten wir nach unserem Rundgang eine Pause.
Erwähnenswert in diesem Zusammenhang sind noch der Museums - Shop nebst Cafeteria.
In der Cafeteria werden Kaffee und Kuchen, aber auch ein kleiner Imbiss, wie zum Beispiel Würstchen oder Suppen angeboten. Wir hatten Kaffee und Kuchen sowie eine Suppe. Die Preise sind nicht zu beanstanden für Kaffee und ein Stück Kuchen zahlten wir ca. 5 € und für die Schale Suppe 4 €.
Natürlich wanderte beim Stöbern im - vor allem in Sachen Literatur zur Archäologie - sehr gut sortierten Museums - Shop auch ein Andenken an den Besuch und Literatur in unser Reisegepäck. Gut, dass man hier mit EC - Karte zahlen kann. Einen Stoffbeutel gab es gratis dazu.
Die aktuell 8 € Eintritt pro erwachsener Person, welche wir eingangs an der Kasse entrichteten, halte ich für mehr als angemessen für das Gebotene.
Man sollte sich schon ein paar Stunden Zeit nehmen, um das Museum zu erkunden, es ist aber eine Zeitinvestition, die sich sehr lohnt.
Wer nach Halle kommt, sollte dieses Museum unbedingt besucht haben.
Wir werden, wenn die Zeit es zulässt, das Museum erneut besuchen, so sehr hat es uns gefesselt.
Das Fotografieren in den Ausstellungen war leider nicht gestattet und einige Museumswärter passten auch mit Argusaugen auf.
Dabei wäre eine Vorstellung des Landesmuseums nicht nur in Wort, sondern auch in Bild der beste Werbeträger dieser wertvollen Einrichtung.[verkleinern]