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Bei vielen der Biografien, die in der frühen Neuzeit zu verorten sind, kann man mangels Quellen über einige Passagen davon nur spekulieren. Das kann man auch auf die Vita des hier dargestellten Jan von Werth übertragen. Er stammte aus einfachen Verhältnissen aber hat eine Karriere innerhalb des Militärs während des 30-jährigen Krieges gemacht.
Der Brunnen ist einer der wenigen, der zwar teilweise zerstört worden ist, dennoch seit 1884 auf dem Kölner Alter Markt zu finden ist. Die Tatsache,... weiterlesen dass kurz zuvor auf dem nahem Heumarkt ein Reiterdenkmal des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm III. aufgestellt worden war, wurde bei dieser Darstellung gänzlich auf ein Pferd völlig verzichtet. Es soll damit begründet worden sein, dass (von) Werth wegen seiner bäuerlichen Herkunft nicht über einen Herrscher eines alten Adelsgeschlechts, wie das der Hohenzollern war, gestellt werden darf! Das Brunnen gehört zu meinen Favoriten, den ich für sehr gelungen halte und ich mir diesem fast immer bei den Besuchen der Domstadt anschaue, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Diese besondere Sehenswürdigkeit habe ich mir heute ausgesucht um sie als meinen (offiziellen) 2700. Beitrag vorzustellen. Vielleicht haben sich einige gewundert, warum ich in den letzten Wochen einige weitere Darstellungen in Köln vorgestellt habe. Das hat eine weitere besondere Bewandtnis: es ist gleichzeitig der 150 in der besagten Stadt!
Im hiesigen Stadtarchiv gibt es mehrere zeitgenössische Stiche, auf denen dieser sehr ungewöhnliche Befehlshaber hoch zu Ross bzw. in einer kostspieligen Rüstung gezeigt wird. Es klingt irgendwie verwirrend, dass ein einfacher Bauernsohn sich je eine solche kostspielige Anschaffung je leisten könnte. Wenn man sich aber seinen beruflichen Werdegang anschaut, wird man feststellen, dass er innerhalb der Auseinandersetzungen des 30-jährigen Krieges eine beachtenswerte Karriere gemacht hatte. Was ihn von den anderen Söldnern dieser Zeit unterschied, war dass Jan prinzipientreuer und vor allem (über eine sehr lange Periode hinweg) loyaler Kämpfer auf der katholischen Seite der Konfliktparteien war. Seine Verdienste wurden so hochgeschätzt, dass er sogar am 4. April 1635 vom bayrischen Kurfürst Maximilian in den erblichen Reichfreiherrenstand erhoben worden war! Da greife ich aber ein wenig vor.
Es wird vermutet, dass Jan ca. 1591 in der Nähe vom heutigen Neuss geboren wurde. Laut eigenen Angaben hat er sich 1620 den spanischen Truppen anschlossen. Als einfacher Kämpfer zog er von einer Schlacht zu nächsten, ohne „Spuren“ zu hinterlassen, die historisch nachweisbar wären. So überspringe ich bis zur urkundlichen Erwähnung als hoher General in den Diensten des bayrischen Kurfürsten Maximilian (Regierungszeit 1597-1651) ab 1631/32. Der Regent als Befehlshaber der sog. „katholischen Liga“ hat Werth aufgrund seiner Verdienste immer mehr „Verantwortung“ zugesprochen, indem er ihn fast jedes Jahr höher Befördert hatte. Es ist schon erstaunlich, dass dazu eine eigene Kompanie gehörte, die ihm unterstellt war. Spätestens 1635 mit der Erhebung in den Adelsstand und zuvor in den Rang eines berittenen Generals (den es heute nicht mehr gibt -Feldmarschall-Leutnant) erhoben, wird deutlich, welches Vertrauen zu ihm gebracht wurde. In den Jahren danach sollte er darüber hinaus zusätzlich mit weiteren Gaben bedacht worden. Dazu gehörten Ländereien mit Gebäuden und weiterem was dazu gehört, damit von Werth seine Einkünfte daraus beziehen konnte.
Als ein Einschnitt in Jans Leben wird seine Gefangennahme durch die französischen Truppen angesehen. Das geschah 1638. Dort sollte er weitre 4 Jahre verbleiben. Bekanntlich ging der 30-jährige Krieg unterdessen weiter. Hinterher wurde er (letztmalig) in den Grad eins Generalleutnantbefördert. Eigentlich wollte sein Oberbefehlshaber mehr zugestehen. Das ist aber an der Tatsache gescheitert, dass es gleichzeitig zahlreiche Einwände von höhergestellten Adeligen gab, die dadurch unter von Werths Führung kommen würden. Sie wollte unter allen Umständen das verhindern, was ihnen auch gelungen ist. Solcher Standesdünkel war noch über weitere Jahrhunderte üblich, wenn man sich die spätere Geschichte anschaut! Da gab es gleichwohl vor allem Bedenken was seine Herkunft betraf, die selbst bei der Aufstellung des nach ihm benannten Brunnens (über 200 Jahre später) stärker bedacht wurde, als man es sich eigentlich vorstellen könnte! In den zeitgenössischen Quellen wird er zudem als ein brillanter Stratege bezeichnet. Trotz dessen wurden seine Verdienste jemand anderem zugeschrieben, der innerhalb der Hierarchie höhergestellt war, als er. Das scheint irgendwo die „Ironie der Geschichte“ zu stecken, wenn man sich das aus der Nähe betrachtet.
Zu den Wirren eines Krieges gehört es irgendwie dazu, dass die jeweiligen Bündnisse unterschiedlich lange bestand haben können. Bei personellen Entscheidungen „Übergangen“ zu werden, kann dazu führen, dass solche Gegebenheiten sich ändern können. Eine solche traf ein, als ihm als Generalleutnantkeine entsprechende Führungsposition zugebilligt wurde Er nahm es zwar als eine persönliche Kränkung, dennoch führte er ab 1643 sowohl die bayrischen, rheinischen und kaiserlichen Truppen zu den Schlachten gegen die Franzosen. Es scheint, dass es bis zum Kriegsende dabeibleiben würde. Zum Zerwürfnis kam es deutlich später!
Das Ende des 30-jährige Krieges war schon sehr nah, als der bayrische Kurfürst Maximilian einen eigenen Friedensvertrag mit der Gegenseite unterzeichnet hatte. Durch dieses Ereignis ergab sich für Jan von Werth die Gelegenheit wahr, um sich in den „Dienst“ des Kaisers Ferdinands III. (Regierungszeit 1637-1657) zu wechseln. Das an sich wäre nichts Ungewöhnliches. Der Versuch gleichzeitig seine kurbayerischen Truppen zum gleichen Schritt zu bewegen, ist weitgehend gescheitert. Der Regent empfand es als einen Treuebruch, den er eigentlich auch (als sein einstiger Oberbefehlshaber) streng militärisch ahnden wollte! Habe jedoch keinen Verweis gefunden, wie das ganze ablaufen sollte und wie das überhaupt möglich wäre! In einer Zeit, in der unterschiedliche Sichtweisen auf bestimmte „Gegebenheiten“ gibt und der daraus resultierenden Verständnislosigkeit für die andere Seite, werden solche Entscheidungen gleichwohl als „Verrat“ angesehen!
Durch die Kriegsgefangenschaft bedingt, konnte von Werth es nicht akzeptieren, dass ausgerechnet jener „Dienstherr“, dem er über so lange Zeit die Treue gehalten hatte, mit den Franzosen „paktiert“ hatte. Die Mischung aus Wut, Frustration und (gefühlter) persönlicher Kränkung war die „Basis“ sich von Kurfürst Maximilian zu distanzieren! Die „Revanche“ kam prompt – alle Titel, Ränge und Schenkungen waren dadurch (vorerst) „hinfällig“ gewesen. Auf der anderen Seite aber hat ihn der Kaiser „entschädigt“, sodass er ihm weiterhin als Generalleutnantbis zu seinem Tod 1652 verbunden blieb. Darüber hinaus sollte fortan sein Lebensmittelpunkt im böhmischen Benatak (ca. 50 km von Prag entfernt) verbringen. Seine rheinische Heimat soll er aus diesem Grund nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Jan von Werths soziale Stellung lässt sich schon dadurch ablesen, dass mindestens zwei seiner (3) Eheschließungen mit höhergestellten Adelstöchtern eingegangen ist. Beide stammen aus sehr alten (heute österreichischen) Grafenfamilien. Es ist nicht überliefert, ob aus diesem Verbindungen Kinder hervorgegangen sind. Seine Tochter Lambertina Irmgardis (nach 1629-1701) hat nachweislich 10 Kinder zur Welt gebracht. Auch sie hat „standesgemäß“ einen Freiherrn Raitz von Frentz zu Schlenderhan. Es hätte aber auch ganz anders gehen können, wenn man erneut zum Brunnen zurückkehrt und sich diesen aus der Nähe betrachtet!
Im Gegensatz zu Bayern ist die Figur des Jan von Werth im Rheinland bis heute sehr positiv besetzt. Davon zeugen zahlreiche Namen von Vereinen, Straßen etc. eine weitere Figur wurde auf dem gegenüberliegendem Rathaus 1990 vom Bildhauer Hans-Joachim Bergmann stammte. Bei einem Leben, wie die des Dargestellten, das erst wie beschrieben, ab einem bestimmten Zeitpunkt nachweisbar ist, ist es nicht selten passiert, dass sich um ihn einige „mündlich tradierte“ Überlieferungen gibt. Die bekannteste ist die über seine Jugendliebe Griet. Als armer Bauernsohn soll er sich in sie „verguckt“ haben. Als Weisenknabe musste er sich als Knecht auf einem anderen Hof verdingen. Ihm blieb nichts anders übrig, damit er (mehr schlecht als recht), seine Verwitwete Mutter und die Geschwister am Leben halten zu können. Der Junge soll so schüchtern gewesen sein, dass er kein Wort herausbringen konnte, wenn er seiner Angebeteten begegnet war. Es soll sehr lange gedauert haben, bis Jan seinen ganzen Mut zusammennahm und sie zu fragen, ob sie seine Frau werden möchte. Griet wies ihn brüsk ab, weil sie sich als Magd für was „besseres“ gehalten hatte und weil sie sich vom Leben mehr erhoffte, als einen „Hungerleider“. Diese Abweisung ist auf der einen Seite des Brunnens zu sehen. Aus lauter Liebeskummer soll es überhaupt zu dem Entschluss gekommen sein, dass er sich den Söldnern angeschlossen hatte.
Wer träumt nicht von besserem Leben?! Als Bedienstete vom Reichtum gar, vielleicht einem edlen „Ritter“ auf einem prachtvollen Ross, der das alles möglich macht! Griet träumte von all dem aber konnte sich nicht vorstellen, dass das je in Erfüllung gehen würde mit Jan. Es kam und gingen viele andere, weil sie stets einen „Vorwand“ hatte, um sie alle abzuweisen! Die Jahre vergingen und mit ihnen auch ihre Jugend und Schönheit. Von der schweren Arbeit auf dem Hof kann sie nur noch gebeugt laufen und weil sich ihre Träume nicht erfüllt haben, ist sie zudem sehr verbittert darüber. Die Realität im Krieg ist sehr hart und kein „Abenteuer“, wie die Werber es versprochen haben. Die Welt gehört bekanntlich den Tüchtigen und Jan ist einer von ihnen! Nach sehr vielen erfolgreichen Schlachten und als hochangesehener General kehrt er nach Köln zurück. Dort am Severinstor (den es bis heute gibt) kommt es zu einer erneuten Begegnung zwischen den beiden, das man auch hier auf einer Plakette sehen kann.
Auf dem Severinsplatz wird Markt abgehalten und Griet bietet ebenfalls ihre Waren dort feil. Aus der Ferne hört man plötzlich Pferdehufegeklapper. Es ist kein geringerer als Jan hochdekorierter Militär, der sich gerade in der Stadt aufhält. Die Menschen schauen zu ihm auf mit seiner Uniform. So einen edlen Mann begegnet man schließlich nicht alle Tage. Auch Griet möchte wissen, um wen es sich handelt. Er hat sie zuerst unter den Marktweibern entdeckt und steuert direkt auf sie zu. Als sie merkt, um wen es sich handelt, schaut sie erschrocken zu ihm hoch. Hinter ihr kann man Körbe mit Äpfeln, Kirschen und Pflaumen sehen. Ihre Hände hält Griet vor der Brust zusammengefaltet. In der Szene ist es nicht abgebildet aber als General zieht van Werth seinen Hut und sagt ihr nur: „Na Griet, hättest mich wohl doch besser genommen“, ruft er ihr zu. „Ach Jan, ich konnte ja nicht ahnen...“, seufzt sie leise. Doch da ist Jan schon längst davongeritten…
Der von Wilhelm Albermann (28. Mai 1835 in Werden an der Ruhr - 9. August 1913 in Köln) gestaltete Brunnen entstand 1884 im Auftrag des Verschönerungsvereins. Dafür wurde die stolze Summe von 20.000 Mark aufgewendet! Zuletzt wurde eine Sanierung im Jahr 2019 durchgeführt. Das gleiche war ebenfalls nach dem 2. WK notwendig gewesen, weil es weitgehend zerstört wurde. Wie durch einen großen Zufall, dass die bekrönende Figur Jan von Werths weitgehend unbeschadet blieb! Wie der Alter Markt ist es ein beliebter Treffpunkt, sodass ich gezielt an einem frühen Morgen diese Fotos gemacht habe. Sonst ist das kaum möglich, ohne gleichzeitig Dritte mitabzulichten.
Es hat sehr lange gedauert, bis ich die anderen Figuren, die oberhalb der Wasserhähne angebracht worden sind, zu benennen. Es handelt sich um die Karnevalsfiguren der „Jungfrau“, und den „Bauer“. Ganz oben braucht keine weitere Erklärung ;). Ein weiterer „Roman“ an dieser Stelle… Eine solche besondere Sehenswürdigkeit benötigt einen gewissen „Rahmen“ und wenn es mir so toll gefällt wie dieses und bei einem doppelten Anlass war es mir ein Bedürfnis in der Ausführlichkeit zu tun! Sonst am besten selbst sich das anschauen und dementsprechend sich die eigene Meinung bilden .[verkleinern]