Erneut eine „Reisegeschichte“ aber dieses mal ein wenig anders! Wenn man eine fremde Stadt besucht und sich nur rudimentär auf das einstellt, was einen dort erwartet, wird man mit Sicherheit das eine oder andere überraschende Detail entdecken! Es hat recht lange gedauert, bis ich die Hintergrundinfos zu diesem „Ding“ gefunden habe! Diese Skulptur kann man an einem der Seiteneingänge des Aschaffenburger Hauptbahnhof neben dem dortigen Parkhaus finden. Zu sehen ist ein „Männeken“ auf dessen Brust... weiterlesen
die Schrift „ nicht wegsehen“ in kräftigen roten Lettern zu lesen ist! Auf mich machte es den Eindruck eines „Angsthasen“, der lieber den Kopf ins Sand steckt, als sich – wie vorher erwähnt genau hinzuschauen! Vielleicht soll es ja als ein provokanter Fingerzeig gedeutet werden, wie man sich NICHT verhalten soll, wenn man mitbekommt, dass jemandem Unrecht geschieht?
Es gibt einen Hintergrund, der zum Auftrag zu diesem Werk geführt hatte. An der Stelle, wo es nun steht, wurde es bewusst 2015 geschaffen und an aufgestellt. Im Rahmen der Umgestaltung des Hauptbahnhofs hat die ausführende Immobilienfirma Fäth, vor allem Rosemarie und ihr Sohn Ferdinand dazu beigetragen, dass man sich solcher (für den angegriffenen unangenehme – gar bedrohliche Situation) bewusst wird und sich „einmischt“! Die ortsansässigen Auftraggeber möchten einen „Denkanstoß“ geben, der sich als ZIVILCOURAGE bezeichnet werden kann!
Der damals sehr junge (39 Jahre) Bildhauer Stefan Kempf wollte ebenfalls durch diese ca. 1,90 große Skulptur zum nachdenken bringen. Zu sehen ist eine Gestalt, deren Kopf „unsichtbar“ bleibt. Von der Kleidung wurde ein Oberteil und eine Hose angedeutet. Ob das eine Reaktion eines Gewaltopfers auf seine „Peiniger“ ist oder ein Zuschauer, der einfach so tut, als ob ihn / sie das gar nicht angehen soll, das ist jedem selbst überlassen. Geschaffen wurde das Objekt aus weißem Jurakalk.
An den 15.November 2014 können sich mit Sicherheit die wenigsten erinnern! Dennoch ist es ein Datum, den Familie A. Aus Offenbach nie vergessen wird. In jener Nacht wurden zwei Mädchen (13 Jahre) von einem Jugendlichen massiv belästigt. Tugce A., eine Deutsch- und Ethikstudentin wollte den beiden helfen. Die Situation eskalierte, die junge Frau wurde so massiv geschlagen, sodass sie mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Dieser Vorfall hat eine sehr kontrovers geführte Diskussion ausgelöst, in wie weit man sich in Gefahr bringen soll, wenn es um Zivilcourage geht. Vielen ist sicherlich der Vorfall aus den Medien bekannt. Leider die Hirnverletzungen waren so gravierend, dass an ihrem 23. Geburtstag am 28. November 2014 die Lebenserhaltenden Maschinen, auf den Wunsch der Familie abgeschaltet worden sind. Da dem jugendlichem Täter kein „Vorsatz“ nachgewiesen werden konnte, gab es eine (relativ milde) Strafe für ihn… den Rest kann man im Netz nachlesen. An die Studentin erinnert zum einen diese Figur, als auch eine Gedenktafel in Offenbach an der Stelle, wo es passiert ist.
In Verbindung mit einem Verweis ist man als „Unbeteiligter“ im Zwiespalt, welche „Schlüsse man für sich ziehen wird! Schade finde ich dennoch, dass auch wenn man sich vorstellen kann, dass es sich um ein Mahnmal für Zivilcourage handelt, dass der hier geschilderte Hintergrund gar nicht vor Ort ersichtlich ist! Zudem ist die Ecke, die ausgesucht wurde, um dieses Kunstwerk im öffentlichem Raum dauerhaft zu präsentieren, aus meiner Sicht eine, die (wie die Auftraggeber und der Künstler selbst urteilten) schnell „übersehen wird! Für mich ist es einer der ungewöhnlichsten, die ich persönlich kenne! Für ein Perfekt fehlt aber noch ein wenig… Hier finde ich ein sehr solides – fast Perfekt angemessen. Sorry für eine solche „schwere Kost“ am frühen morgen aber auch solche Darstellungen gehören aus meiner Sicht dazu![verkleinern]