In Bad Buchau bekam ich nach meiner Besichtigung der dortigen Stiftskirche die Empfehlung, mir in Steinhausen einmal die "schönste Dorfkirche der Welt" anzuschauen.
Leider fehlte mir zunächst die Zeit dafür.
Am Tag der Abreise sah ich jedoch auf dem Weg nach Hause an der Landstraße zufällig ein Ortsschild: "Steinhausen".
Sofort setzte ich den Blinker und bog in den Ort ab. Leider war es sehr neblig, so dass ich die Kirche, welche die Häuser der Ortschaft hoch überragt und in der Ebene... weiterlesen ein weithin sichtbares Wahrzeichen darstellt, erst erkennen konnte, als ich einige hundert Meter auf der Ortsdurchgangsstraße gefahren war.
Plötzlich tauchte die barocke Kirche mit der Zwiebelturm - Haube groß und majestätisch vor mir aus dem Morgennebel auf: dies musste die Wallfahrtskirche sein, die mir als unbedingt sehenswert anempfohlen worden war.
Neben ihr wirkten die umstehenden Bauernhäuser überproportional klein.
Sie gilt übrigens als eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Oberschwäbischen Barockstraße und des Oberschwäbischen Jakobsweges. Also wollte ich mir einen Blick hinein keinesfalls entgehen lassen.
Schnell war eine Parkmöglichkeit gefunden. Ich hatte Glück - die Kirche war nicht verschlossen.
An einem Samstag Vormittag war ich zunächst die einzige Besucherin und staunte nicht schlecht über die Schönheit der detailreichen Inneneinrichtung im verspielten Stil des Rokoko. Selten habe ich mich so andächtig in einem Sakralbau bewegt und gestaunt, wie in dieser in der Tat "schönsten Dorfkirche der Welt".
Was hatte die Bauherren veranlasst eine solch große und prächtig ausgestattete Kirche in einem so kleinen Ort Oberschwabens zu errichten?
Die seit dem 15. Jahrhundert durchgeführten Wallfahrten nahmen bis Anfang des 18. Jahrhunderts erheblich zu, so dass der Vorgängerbau - eine kleine Marienkirche - für die Zahl der Pilger zu klein wurde.
Also errichtete man nach Abbruch der Vorgängerkirche diese Kirche in den Jahren 1728 - 1733 für die Reichsabtei Schussenried.
Obwohl die Stuckarbeiten und Fresken noch nicht fertig gestellt waren, wurde die Kirche schon genutzt, die Kirchweihe erfolgte jedoch erst 1733 durch den Weihbischof zu Konstanz von Syrgenstein.
Erst mit der Aufklärung nahm das Wallfahrtswesen seine Wende . 1803 wurde das Kloster Schussenried geschlossen. 1865 wurde die Kirche in eine Pfarrkirche umgewandelt und heute noch als solche, wie auch für Kirchenkonzerte genutzt.
Schon architektonisch handelt es sich um einen ungewöhnlichen Bau, der zwar einerseits durch Scheingiebel den Eindruck vermittelt, dass es sich um einen kreuzförmigen Bau handele, von innen wird jedoch der Eindruck vermittelt, als handele es sich um einen Zentralbau.
Das von außen rechteckige Kirchenschiff besitzt im Inneren einen ovalen Grundriss.
Es ließe sich sicherlich noch einiges Interessantes zur Architektur darlegen, würde jedoch hier den Rahmen sprengen. Man muss diesen außergewöhnlichen Kirchenraum einfach auf sich wirken lassen.
Über dem Westportal thront der Glockenturm mit der typischen Zwiebelhaube. Hier befindet sich auch auf einer Empore die Orgel.
Dem Turm gegenüber in der ovalen Apsis steht der monumentale Hochaltar.
Seitenaltäre, eine Kanzel, ein Taufbecken sowie die Kirchenbänke und Beichtstühle schmücken den Kirchenraum ebenso wie die verspielten Stuckarbeiten im Stil des Rokoko.
Am meisten beeindruckt hat mich wohl das Deckengemälde des Hauptschiffes, welches mich an Tiepolos Deckengemälde im Treppenhaus der Würzburger Residenz erinnert. Ich konnte meinen Blick kaum von dem in warmem Licht beleuchteten Fresko abwenden.
Es war jedoch nicht Tiepolo, der hierfür verdingt wurde, sondern Johann Baptist Zimmermann, dessen jüngerer Bruder
Domenikus Zimmermann die filigranen Stuckarbeiten ausführte, welche der Kirche ihre unnachahmliche Handschrift verleihen.
Sehr beeindruckt verließ ich nach geraumer Zeit den Kirchenbau und hatte noch lange Zeit auf der Heimfahrt die Eindrücke vor dem inneren Auge.
Natürlich habe ich den Fotoapparat wieder dabei gehabt und so kann ich Euch die wunderschöne Kirche auch von innen zeigen.[verkleinern]