2011 bin ich mit Withexpress von Deutschland in die Schweiz gezogen. Damals war die Spedition vom Preis her die einzige, welche in die Umzugspauschale meines neuen Arbeitgebers passte. Der Umzug war in Ordnung: Am Umzugstag erschien ein 7,5-Tonner mit einer wortkargen, aber starken 4-köpfigen polnischen Umzugscrew, am nächsten Tag wurde alles in der Schweiz von einer anderen Crew wieder entladen.
Nicht so beim Rück-Umzug nach Deutschland im Sommer 2020 - schlimmer ging's fast nimmer:
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Viel zu kleine "LKWs"
Als die beiden(!) Umszugshelfer in ihrem unbeschrifteten 3,5-Tonner mit rumänischen Kennzeichen mit 1h Verspätung vorfuhren, staunte ich nicht schlecht - die beiden Herren dann auch bei der Besichtigung des Umzugsguts. Ich hatte mit der von WithExpress bereitgestellten Liste ein Volumen von 45m³ berechnet und dieses auch per Vorkasse bezahlt - der Transporter bot (dank Kastenaufbau) ein Volumen von vielleicht 15m³. Leider konnte er jedoch nur zwei Umzugskisten hoch beladen werden aus Angst vor Überladung - so waren es dann vielleicht noch 7m³ nutzbarer Rauminhalt. Die Herren verwiesen auf einen "second truck", der gleich noch kommen würde. Er kam dann 3h später und war noch kleiner (3,5-Tonner ohne Kastenaufbau). Er war mit einem weiteren Umzugshelfer besetzt, welcher jedoch über meine Mithilfe sehr dankbar war - seine rechte Hand sei schon 10 Jahre kaputt, er könne kaum noch heben. Entsprechend dann auch das Einladetempo, was sich durch viele Zigaretten- und Handypausen aller drei Herren bis in die frühen Abendstunden zog - dann LKWs voll und die Wohnung noch immer.
Begründung Herr Oheim (WithExpress): Er habe auf Basis der ausgefüllten Zoll-Liste das Umzugsvolumen neu geringer eingeschätzt (natürlich ohne mit dem Kunden zu sprechen). Ich hatte die Zollliste auf Auskunft des netten Zöllners vom Autobahnzoll nur grob ausgefüllt. Wenn ich 45m³ bezahle, erwarte ich auf 45m³ Transportleistung.
Mit viel Druck meinerseits kam dann am Folgetag der 3,5t-Kastenwagen nochmals - erst sollte er um 10:00 kommen, dann 18:00, dann 19:00 und dann war er schliesslich 20:30 tatsächlich da. Gerade so schafften wir (auch dank meiner erneuten tatkräftigen Mithilfe) es noch vor der Nachtruhe um 23:00 die verbliebenen Möbel zu verladen und über einen unbesetzten Grenzübergang zu fahren (man mache das "öfter so").
Ich habe schlussendlich das komplette Kücheninventar, 4 Kisten Kleider, 5 Fahrräder, 4 Autoreifen, 1 Kinderbett, 1 Kinderwagen, 1 Kinderrad, 1 Leiter, 2 Staubsauger, 3 Lampen und noch vieles mehr selbst per Auto transportiert, sonst hätte auch die zweite Fuhre nicht ausgereicht um die beauftragten und bezahlten Umzugsgüter zu transportieren.
2. Zusatzkosten & Zusatzaufwand
WithExpress war diesmal gar nicht so viel günstiger als der lokale Umzugs-Platzhirsch, den ich seither allen Bekannten empfehle. Das auch, weil das Angebot unseriös erstellt war: Die Demontagekosten für ein Bett und einen Schrank wurden - obwohl auf der WithExpress-Liste angekreuzt - "vergessen" und sollten nochmals 180€ betragen (ich habe dann selbst demontiert). Die 60€ in bar am Tag des Umzugs für die Zollabfertigung wurden ebenfalls "vergessen" mitzuteilen (besonders witzig in der Schweiz, wo nicht so leicht Euro in bar aufzutreiben sind).
Wer auf "full service" hofft ist mit WithExpress verloren. Anstatt eines der leider stehen gebliebenen Fahrräder über die Grenze zu fahren wie gedacht befand ich mich plötzlich zu Corona-Zeiten in einem rumänischen Transporter: "You come with me" hatte der Umzugshelfer befunden. Die "hochqualifizierte[n] Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung aus vielen Jahrzenten" (Homepage WithExpress) hatten angeblich noch nie selbst eine Zollabwicklung durchgeführt. Ich auch nicht, aber man lernt ja gerne dazu.
3. Qualität
Der Unmut über die "hochqualifizierten Mitarbeiter" trifft vielleicht die Falschen, denn die Jungs sind arm dran: Sie übernachten in ihrem Transporter und werden quer durch's Land geschickt. Rund um meinen Umzug standen noch Berlin und Frankreich auf dem Programm. Wir haben sie gut behandelt (reichlich Trinkgeld, Übernachtungsmöglichkeit, Frühstück, tatkräftige Mithilfe von meiner Familie und mir).
Dennoch würde man dann auch etwas Erfahrung erwarten, aber selbst Basics wie das "Austragen" von Treppen auf jedem Stockwerk waren nicht vorhanden: Die Möbel wurden mit Gewalt um's Eck gewickelt. Der Einsatz von Rollbrettern, Tragegurten und Decken zum Bewegen schwerer Möbel war völlig unbekannt. Dasselbe 2er-Sofa, das die Kollegen 2011 problemlos transportieren konnten, wurde so zum riesigen Problem, das erst per WhatsApp ausführlich mit dem Chef diskutiert werden musste. Witzig war auch der (leere) Rollcontainer, der angeblich unmöglich die Wendeltreppe ins Dach hoch getragen werden konnte - habe ich dann am Folgetag innerhalb einer Minute mit einem Freund erledigt.
Während des Beladens waren über mehrere Stunden zwei Wohnungseingänge im Dachgeschoss komplett zugestellt, weil die Herren felsenfest überzeugt waren schon sämtliche Packstücke aus dem Speicher nach unten gebracht zu haben. Zum Glück wollte in dieser Zeit keiner der Bewohner in seine Wohnung oder hatte einen medizinischen Notfall. Aber wie will man auch den Überblick behalten, wenn man simultan und ohne erkennbares System Dach, Keller und Wohnung räumt, unterbrochen von zahlreichen Rauch- und Handypausen...
4. Schäden und Schadensabwicklung
Obwohl WithExpress laut Vertrag für die "Verpackung der Möbel in Decken, Stretch- und Luftpolsterfolie" zuständig war, waren die Helfer lediglich mit Stretchfolie ausgestattet. Dass dies nicht immer ausreicht, zeigte sich beim Auspacken: Ausgerechnet der Massivholz-Wohnzimmertisch hatte zahlreiche Kratzer und Macken, am Sofa war der Stoff abgerieben und ein Kinderzimmerschrank rutschte gar vor aller Augen auf die Treppenkante (blöd, wenn man keine Handschuhe trägt - das machen dann die Adiletten an den Füßen auch nicht mehr wett). Die einzigen im Umzug verwendeten Decken (für die Glas-Schranktüren) stammten aus meinem Fundus, für den Schlafzimmerspiegel stellte der eine Umzugshelfer seine persönliche Zudecke zur Verfügung. Sehr nett!
Nach der Schadensmeldung wurde ich wochenlang hingehalten, die Helvetia-Versicherung sei überlastet ("Corona") und es könne bis zu einem Jahr dauern. Erst nach vielen wöchentlichen Anrufen gab Herr Oheim dann an, den Schaden selbst regulieren zu wollen - d.h. er war nie bei der Versicherung eingereicht- und ich wochenlang belogen worden! Auf Basis eines selbst erstellten "Gutachtens" berechnete er einen Schadenersatz von 220€ bei nachgewiesenen Schäden von über 700€.
Lange war ich dumm genug noch mit ihm weiter zu verhandeln um ein Gerichtsverfahren zu vermeiden, schliesslich sagte er sein "Kompagnon [habe] noch 100€ draufgelegt". Zirka 30 Anrufe und Anrufversuche und ein Einschreiben später wurden mir dann doch nur 220€ auf mein Konto überwiesen, seither herrscht Funkstille: Eine meiner Rufnummern hat Herr Oheim blockiert, eine andere einmal versehentlich zurückgerufen. Als ich mich mit Namen meldete, legte er sofort wieder auf. Sehr professionell für ein Unternehmen, bei dem die "Zufriedenheit an erster Stelle" steht (Homepage WithExpress).
Das Wort "Entschuldigung" habe ich bei dem ganzen Schlamassel kein einziges Mal gehört.
5. FAZIT
Nie wieder WithExpress, das ist ganz klar. Ich kann nur jedem nachdrücklich von diesem Betrieb abraten! Ohne die positiven Erfahrungen von 2011 wäre ich vermutlich nie auf die Idee gekommen diese Firma zu beauftragen, die übrigen Rezensionen hier sprechen ja Bände.
Seit einigen Wochen ist WithExpress gar nicht mehr telefonisch erreichbar (Wer surreale Telefonate erleben will, wähle einmal die auf der Homepage angegebene Hamburger Rufnummer), ich hoffe das bleibt so zum Wohle aller zukünftigen Kunden. Ansonsten soll meine Rezension dazu beitragen, dass niemand mehr ungewarnt einen solchen Chaos-Umzug erleben muss.
Zu den Umzugsschäden werden wir sehen, was das Amtsgericht Baden-Baden meint. Gemäß §430 HGB hat WithExpress die Kosten eines Schadensgutachtens zu tragen - ein selbsterstelltes Gutachten dürfte da nicht ausreichen, meinen Vorschlag von zwei zertifizierte Gutachtern hat Herr Oheim nicht kommentiert. Gemäß §435 HGB entfällt die Schadensbegrenzung durch den Zeitwert, wenn der Frachtführer leichtfertig Schäden in Kauf genommen hat - auch dies dürfte hier erfüllt sein. Ich bin schon gespannt darauf zu sehen, ob WithExpress vor Gericht schon ähnlich "bekannt und beliebt" ist wie bei den Zollagenten am Autobahnzoll.[verkleinern]