In unserem Land vor unserer Zeit, vor Erfindung von Navi und Routenplaner, wollten die Menschen auch schon gerne wissen, wie lange man von A nach B unterwegs ist. Zu diesem Zweck wurden überall Postmeilensäulen, auch Distanzsäulen genannt, errichtet, auf denen die Entfernung zu verschiedenen Orten in Meilen (denn der Kilometer war noch nicht erfunden) oder in Reisestunden angegeben war.
Eine solche Säule hat sich in Belzig (50 km südwestlich von Berlin und 30 km südlich von... weiterlesen
Brandenburg/Havel) erhalten. Sie steht an der Kreuzung alter Handelswege, die heute Bahnhofstraße und Wittenberger Straße heißen.
Warum nun aber kursächsische Postmeilensäule in Brandenburg? Bis 1815 gehörte Belzig zum Kurfürstentum/Königreich Sachsen. Darüber ärgerte sich bereits König Friedrich II. v. Preußen maßlos, denn preußische Männer, die sich dem preußischen Militärdienst entziehen wollten, flüchteten mit Vorliebe in das angrenzende Belziger Land. Erst durch den Wiener Kongreß als Folge der Napoleonischen Kriege kamen Belzig und dessen Umland an Preußen.
Im Auftrag von Kurfürst Friedrich August v. Sachsen wurde die siebenteilige Säule in Form eines Obelisken 1725 vor der Stadt in der Nähe der Burg Eisenhardt im damals noch selbstständigen Dorf Sandberg (1914 nach Belzig eingemeindet) errichtet.
Neben den Entfernungsangaben in Reisestunden (1 Reisestunde entspricht dabei eine halbe kursächsische Meile = 4,531 km) ist die Säule mit 4 farbigen Wappen geschmückt: das Wappen von Sachsen und das Wappen des Königreichs Polen der beiden Nationen, bildete Polen in dieser Zeit doch einen Staatenbund mit Litauen. Da Sachsen in dieser Zeit mit Polen durch die Wahl der sächsischen Kurfürsten zu Königen von Polen mit Polen in Personalunion verbunden war, ist auch dieses Wappen an der Säule angebracht..
Die Wappen gingen 1815 verloren und wurden erst bei der Restaurierung wieder ergänzt.
Die verschnörkelten Initialen FAR verweisen auf den damaligen sächsisch-polnischen Herrscher (Friedrich August Rex).
Mehrfach wurde die Säule Opfer des Verkehrs und wurde umgefahren, zuletzt 1933. Im Jahr 1967 erfolgte schließlich eine umfassende Restaurierung der Säule. Es wurde praktisch eine Nachbildung angefertigt. Erhaltene Originalteile befinden sich heute im Museum der Burg Eisenhardt. Man setzte die Säule danach wenige 100 m weiter an die Einfahrt zur Burg Eisenhardt um. Nach 1990 wurde die denkmalgeschützte Säule dann erneut restauriert und wieder an ihren ursprünglichen Standort zurückgebracht, wo sie sich in ihrer barocken Schönheit dem Besucher präsentiert und ihn staunen läßt, wie lange man damals unterwegs war:
Wiesenburg 2 Stunden (heute 15 Minuten)
Zerbst 9 ¾ Stunden (heute 45 Minuten)
Magdeburg 16 Stunden (heute 1 ¼ Stunde)
Dresden (damals Dreßden geschrieben) 36 Stunden (heute 2 ¼ Stunden)
Leipzig 21 Stunden (heute 1 ¼ Stunden)
Chemnitz 39 ¼ Stunden (heute 2 ¼ Stunden)
Am Haus Bahnhofstr. 16 befindet sich eine Informationstafel zur Postmeilensäule.
Fazit: Sehenswertes Beispiel früher Wegweiser und Distanzanzeiger.[verkleinern]
