"Wir haben gern Zeit für Sie!" - So lautet der neue Slogan der renovierten Steintherme Belzig. Ich dachte: "Ich habe gern Zeit für mich!" und reiste mit sauna- und badewütiger Freundin ins schöne Belzig, wo man sehr stolz darauf ist, dass man sich endlich mit dem Titel "Bad" schmücken darf.
Ein Samstag ist normalerweise nicht der ideale Termin für einen Ausflug in diese gut besuchte Wellness-Oase. Das wusste ich von vorherigen Besuchen, wo ich teilweise unangenehme Erfahrungen machen musste:... weiterlesen
von aufgesexten Pärchen in der Sauna über sozial herausgeforderte Tussis, die im Ruheraum endlos quasselten, bis zu besoffenen Kerlen, die sich nicht entblödeten, junge Mädchen zu belästigen. Wo viel Licht ist, ist eben auch manchmal viel Schatten ... aber bis auf kleine Abstriche in der B-Note war ich diesmal hoch zufrieden.
Vom Umkleidebereich und den Duschen (alles picobello sauber!) starteten wir in die "BadeWelt". Hier die gleiche Albernheit wie uff Malle: Liegen werden mit Handtüchern reserviert. Und das sogar trotz entsprechender Verbotsschilder - einfach lästig!
Ein Hochgenuss bot das Bad in der Sole. Im großen Becken war es wunderbar, im Außenbecken herrlich, im LichtKlangRaum unvergleichlich schön. Trotz der vielen Badegäste war der Lärmpegel unter der großen Kuppel erstaunlich niedrig, draußen - bei strahlender Spätwintersonne - hörte man nur das Wasser rauschen, und der LichtKlangRaum bot ein beinahe ungestörtes LichtKlang-Erlebnis. Allerdings gibt es Leute, die ihre Klappe nicht halten können bzw. ein eigenartiges Verständnis von dem Hinweis "Bitte absolute Ruhe!" haben. Da hilft nur eins: Auf den Rücken legen, Ohren unter Wasser, oben Licht ankieken und unten Klänge hören. Dann erspart man sich Hausfrauengelaber, Liebesgesäusel und elterliche Ermahnungen an Schackeline, Törben, Mischelle oder Zettrick.
Nach ca. anderthalb Stunden Baderei und Gepaddel im wunderbar angewärmten Solewasser war ich meine Rücken- und Nackenverspannungen los (echt wahr!) und verspürte bärigen Hunger. Der Freundin gings genauso und so schritten wir ins SB-Restaurant. Es war Mittagszeit, es war voll, doch was mussten wir sehen? Ganz alleine besorgte eine dennoch freundliche Dame den Tresen: Essensausgabe und Kasse gleichzeitig. Trotzdem nahm sie sich - gern - die Zeit, um uns die gerade nicht vorrätigen Joghurtbecher an den Tisch zu bringen, sobald sie denn fertig wären. Das fanden wir ganz goldig von der Dame, die ja eigentlich genug zu tun hatte. Und in einem SB-Restaurant war das für uns ein ganz unverhoffter Service.
Den Salat durfte man sich selbst zusammenstellen, eines der beiden Dressings war ausgegangen, die Zutaten waren üblich. Gute Idee: Sonnenblumenkerne, Croutons und Brot gab es kostenlos dazu. Dazu öffnete die freundliche Dame vor unseren Augen eine kleine Dose Tunfisch und schon war der große Salat für 6,50 fertig. Preis inklusive Modegetränk ("Carpe diem" - Sorte: beruhigend, schmeckte nach Zahnarzt) und Fruchtjoghurt (siehe oben, war dann Joghurt ohne was mit sehr süßem Kirschschleim): ca. 11 Euro.
Gut gesättigt ging es in die Saunawelt. Auch hier waren wieder alle Liegen reserviert - trotz der Beschilderung, dass genau dies untersagt war. Der Bad Belziger Thermenstammgast scheint prinzipiell sowohl in der Badewelt als auch in der Saunawelt jeweils mindestens eine Liege gleichzeitig und ständig zu reservieren. Das Personal kümmert sich nicht drum.
Da alle Saunabereiche, die für uns in Frage kamen, überfüllt waren, wählten wir die Dampfsauna, wo wir bei angenehmen 55° Lufttemperatur ein Weilchen schwitzten. Nach der Abkühlung - vielfältige Möglichkeiten, sauber und gepflegt! - eroberten wir das SaunaWelt-Restaurant wg. Kaffeepause. Alle Tische waren besetzt, eine einzige Dame war auch hier mit Tischservice und Bar beschäftigt. Milchkaffee und Cappuccino waren keine Offenbarung, allerdings machte die Speisekarte mit ayurvedischen Gerichten neugierig. So waren wir uns einig: Hier werden wir beim nächsten Besuch speisen!
Fazit: Die Anlage ist geschmackvoll renoviert, gut durchdacht (bis auf die Personalbesetzung), und man findet sich prima zurecht, auch wenn man sich noch nicht auskennt. Was Liegen betrifft, muss man sich mit dem begnügen, was die Stammgäste übrig lassen. Der Spaßbadcharakter ist fast verschwunden, was für mich und noch mehr für meine schon ältere und etwas gehbehinderte Freundin sehr angenehm ist. Die anwesenden Kinder verhielten sich überwiegend außergewöhnlich brav. Das altersgemischte Publikum erschien mir eher erholungsbedürftig als amüsierwillig. Es könnten sogar einige echte Kurgäste unter den Besuchern gewesen sein ... eine Spezies, die in Bad Belzig besonders gern gesehen wird.
Allerdings ist Bad Belzig selbst noch lange nicht auf dem Weg zu einer Kurstadt. Der direkte (kostenlose) Busshuttle vom Bahnhof wurde nicht reaktiviert. Der reguläre Stadtbus fährt am Wochenende nur alle zwei Stunden. Das wussten wir natürlich, aber was wir nicht ahnten: Es gibt keinen Taxistand am Bahnhof, nicht mal eine Taxi-Telefonnummer - also eine echte Herausforderung für Thermengäste, die dann zweieinhalb Kilometer Fußweg vor sich haben oder eine Stunde auf den Bus warten dürfen. Uns gelang es, per Handy über das Tourismusbüro nach immerhin vier vergeblichen Anrufen ein freies Taxi zu erwischen. Die Fahrerin entpuppte sich als gut gelaunter Engel, und so ließen wir uns von ihr am Spätnachmittag wieder abholen und traten glücklich, entspannt und rundum erholt unseren Heimweg an.
Tipp: Mit dem Brandenburg-Bahnticket gibt's 10 % Rabatt auf den Eintritt in die Steintherme![verkleinern]