ja.
„Hier muß gleich das Yaam kommen. Da gehen wir jetzt hin.“
„Yaam? Was'n das schon wieder?“
„Weiß ich auch nicht so ganz genau. Aber T. hat mir das last-minute noch empfohlen. Soll gut sein.“
Und da besagte Empfehlungen mittlerweile auch vom Bewertungsportal-Ablästerer ohne Murren gern genommen werden (aus Erfahrung gut..), muß ich keine weitere Überzeugungsarbeit leisten. Am Ende der East Side Gallery sehen wir schon das Graffiti: „Yaam must survive in Berlin City!“ Ich ahne Böses, da scheint ja was im Busch zu sein. Man befindet sich schließlich in unmittelbarer Spreenähe. Investorenalarm?
Wir durchschreiten bzw. durchkrücken den Eingangs-Mauerbogen und sehen - Strand. Palmen (zwar nur aus Pappe, aber immerhin). Tische, Bänke, bunt besprayte Stehtische. Exotische Grilldüfte und Musik liegen in der Luft.
Aber erst müssen wir an der „Tür“ vorbei. Taschenkontrolle. Aha, selbst mitgebrachte Getränke sind wohl nicht angesagt; verständlich. Da könnte ja jeder kommen. Der Typ wirft einen Blick auf meine Plastiktüte, die den „Ich-hab-zwar-schon-150-Handtaschen-aber-nicht-diese“-Kauf des Tages enthält, und winkt uns durch. Wir stapfen durch den Sand. Ich vergesse meine Füße.
Sind wir noch in einer Großstadt? Hier kann man das ohne weiteres vergessen. Hektik? Nicht im Yaam.
Die Besucher hängen auf Liegen oder Bänken ab, Kinder spielen im Sand; für Leute, die ohne Bewegung nicht auskommen, gibt es ein Beachvolleyball-Areal. Neben der süseemäßig anmutenden Strandbar befindet sich eine Art „Tanzboden“, der gut frequentiert ist.
Wir organisieren uns an der Bar was zu trinken. Ein stilechter Rastaman mixt fachmännisch Cocktails, aber Bierchen, alkfreie und koffeinlastige Getränke sind natürlich auch erhältlich. Nicht zum absoluten Schnäppchenpreis, aber der originellen Location mehr als angemessen. Kein Vergleich zur ehemaligen Medienhafen-Strandbar in der Heimat, wo die Pommerykelche mit den Brillen der Consultants in der Sonne um die Wette blitzten.
Wir hauen uns auf die nächstbeste Bank. Schuhe aus, Hosenbeine hoch, Sonnenbrille runter. Genial, hier könnte ich Wurzeln schlagen. Obwohl Reggae eigentlich nicht meine Musik ist. Im Yaam gehört das so. Es paßt. Karibik; Außenstelle Berlin. Die Musik ist nicht zu laut zum Eindösen, auch die Gäste heben den Geräuschpegel nicht so, daß es stört. Jetzt noch Meeresrauschen..Aber man kann nicht alles haben.
Der Aufruf „Yaam must survive“ kommt natürlich nicht von ungefähr. Ein Schild auf dem Toilettenwagen bestätigt meine spontane Vermutung, Investorenalarm betreffend. Die Initiative „Spreeufer für alle“ stemmt sich gegen den geplanten Bau von Luxuseigentumswohnungen, der neben Teilen der East Side Gallery auch das Yaam zum Opfer fallen soll. Es war ja wohl auch nur eine Frage der Zeit, daß das Potential dieser spitzenmäßigen Lage endlich ausgeschöpft und einer exklusiven Klientel zugänglich gemacht wird. Da tickt die Uhr auch nicht anders als bei uns. Vor meinem inneren Auge formt sich das Horrorbild eines durch gräßliche Wohn- und Büroklötze verschandelten Spreeufers. Was ich davon halte, will mir nicht über die Lippen.
Es dunkelt bereits, als wir uns zwangsläufig aufrappeln. Ausgesprochen ungern, aber wir sind verabredet und müssen ja noch irgendwie nach Prenzlauer Berg kommen. Ein weiterer Gewaltmarsch ist definitiv keine Option. Also schlappen wir zum nahen Ostbahnhof und beschließen, auf jeden Fall wiederzukommen.
Wenn es das Yaam dann noch gibt und man es nicht in eine weitere Berliner Baustelle verwandelt hat. Meine Internetrecherche zu dem Thema ergab nichts wirklich Konkretes, aber die Gefahr scheint noch nicht gebannt zu sein. Wer diese außergewöhnliche Stätte noch erleben will, sollte sich also sputen. Aber vielleicht-so hoffe ich zumindest-geschieht ja noch ein Wunder..
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