Mitten im (Ost-)Berliner Zentrum, gar nicht weit vom Alexanderplatz, vermutet man sicher keinen Friedhof. Aber hier befindet sich, begrenzt von Kleiner Rosenthaler Straße, Linienstraße und Gormannstraße der Alte Garnisonfriedhof Berlin, oder besser der Offiziersfriedhof. Der ursprünglich zwischen Gormannstraße, Rückerstraße und Linienstraße angelegte Gemeinenfriedhof existiert nicht mehr.
Der Alte Garnisonfriedhof ist der älteste Militärfriedhof Berlins und wurde zwischen 1701 und 1706,... weiterlesen
damals noch den Toren der Stadt, auf Weisung von König Friedrich I. in Preußen für die in Schloßnähe einquartierten Regimenter angelegt. Auf dem westlichen Teil des von der damaligen Laufgasse (heute Gormannstr.) geteilten Geländes wurden Offiziere und ihre Angehörige, auf dem östlichen die einfachen Soldaten (Gemeine) beigesetzt. Standesdünkel über den Tod hinaus.
Während auf dem Gemeinenfriedhof die Beisetzungen in Reihengräbern stattfanden, gab es auf dem Offiziersfriedhof fast ausschließlich Erbbegräbnisse. Sonderlich beliebt war der Garnisonsfriedhof beim Militär scheinbar nicht. Die namhaften Vertreter des preußischen Militärs zogen eine Beisetzung in der Gruft der Alten Garnisonkirche (Littenstraße, ab 1701 erbaut, 1943 ausgebrannt, ab 1945 mehrmals geplündert, 1961 abgerissen, Grabstätte von über 800 Personen – davon 14 Generalfeldmarschälle und 54 Generäle, 199 Tote wurden 1949 auf den Friedhof Stahnsdorf umgebettet) bzw. auf dem Invalidenfriedhof vor. Hauptsächlich ärmere und bedeutungslosere Offiziersfamilien nutzten den Garnisonfriedhof für die Bestattung ihrer Angehörigen.
Zu den bekannteren und geschichtlich herausragenden hier beigesetzten Personen gehören Adolph v. Lützow (1782 – 1834 , preußischer Freicorpsführer der Schwarzen Schar, Regimentskommandeur und Generalmajor), Friedrich de la Motte Fouque (1777 – 1843, preußischer Major und einer der ersten romantischen deutschen Dichter), Peter v. Colomb (1775 – 1854, preußischer Freicorpsführer, Regimentskommandeur und General der Kavallerie). Lützows Grab trägt 2 Steine: die Sarkophaggrabplatte und einen Gedenkstein von seinen Kampfgefährten.
Mit dem Preußischen Landrecht von 1794, das festlegte, das Tote nicht mehr in Kirchen und bewohnten Gegenden beigesetzt werden sollen, drohte dem Garnisonfriedhof die Schließung. Da Gruftbestattungen in Kirchen nun nicht mehr zulässig waren, gewann der Garnisonfriedhof aber zunehmende Bedeutung. Zahlreiche Mausoleen wurden an den Friedhofsmauern angelegt, die Schließung wurde ausgesetzt. Seit 1804 wurden hier Militärangehörige aus ganz Berlin beigesetzt. Um 1850 zeichnete sich ab, daß der Friedhof zu klein wurde. 1860 wurden neue Garnisonfriedhöfe in der Hasenheide und im Wedding angelegt. Auf dem Gemeinenfriedhof fanden 1866 letzte Beisetzungen von Gefallenen des Deutschen Krieges statt. Ein Jahr später wurde der Gemeinenfriedhof geschlossen, später entwidmet, eingeebnet, 1877 in einen Park und Pachtland für Lauben umgewandelt. Ab 1900 wurde der berühmte Gemeinenfriedhof mit Wohn- und Geschäftshäusern überbaut. Noch 2008 fand man hier bei Erschließungsarbeiten für Hausbauten über 300 Tote, die nach Stahnsdorf ins Garnisongrab umgebettet wurden.
1900 wurden sämtliche Berliner Innenstadtfriedhöfe geschlossen. Nur der Offiziersfriedhof („Offizierskirchhof“) blieb dank der Bemühungen des Berliner Militärgouverneurs geöffnet. Bis 1945 fanden Beisetzungen der evangelischen Garnisongemeinde statt, meist als Erdbestattungen, vereinzelt auch in Grüften von Mausoleen. Bis in den 2. Weltkrieg hinein war der Friedhof in gutem Zustand. Von der Standortverwaltung der Wehrmacht wurden bis 1941 über 4500 Kriegstote in zum Teil vierfach belegten Gräbern bestattet. Bei Luftangriffen und den Kämpfen um Berlin nahm er keinen oder nur geringen Schaden.
Zum Kriegsende 1945 fanden über 1043 Tote der Straßenkämpfe in Berlin hier ihre letzte Ruhestätte in einem Massengrab. Einige wenige gefallene Offiziere und Soldaten des 2. Weltkrieges wurden in Einzelgräbern beigesetzt, wie z.B. der 18jährige Volkssturmmann Toni Feller (1927 – 1.5.1945 gefallen). Nach Kriegsende wurde durch Alliierten Kontrollratsbeschluß der Garnisonfriedhof als deutscher Militärfriedhof zunächst beschlagnahmt.
Nach 1945 setzte ein steter Verfall des Friedhofs ein. 1951 wurde der Friedhof geschlossen, jedoch konnte in bestehenden Familiengrabstellen weiter bestattet werden. Die DDR hatte kein Interesse an der Erhaltung der Anlage. Die Kapelle wurde abgerissen, ebenso die Mausoleen, soweit diese nicht schon vorher eingestürzt waren. Anfang der 1950iger Jahre wurden Grabsteine, Grabmale und die Eisenkunstgitter um die Gräber gestohlen oder von staatlicher Seite abgeräumt
Nach der letzten Beisetzung 1961 verfügte der Stadtbezirk Mitte die Schließung des Friedhofs und die Umwandlung in einen Park für die angrenzenden neuen Wohngebiete. Wie der Invalidenfriedhof wurde der Garnisonfriedhof ein Opfer der Bilderstürmerei der DDR-Verantwortlichen. Von den damals noch erhaltenen 498 Grabmälern wurden 300 entfernt (und vermutlich zerstört), die bisherige Feldeinteilung und das Wegesystem wurden beseitigt, die Gräber planiert und der Friedhof als parkähnliche Rasenfläche angelegt. Nur einige Gräber, die die DDR für sich als geschichtlich wertvoll deklarierte, blieben erhalten und wurden gepflegt (Lützow, Brauchitsch, de la Motte Fouque).
Mitgliedern des Kulturbundes der DDR ist es zu verdanken, daß die Reste des Garnisonfriedhofs dokumentiert und Erhaltungsarbeiten durchgeführt wurden. Nach der Wende unterstand er dem Berliner Senat, seit 1995 dem Naturschutz- und Grünflächenamt Berlin-Mitte. Seit 1993 existiert auch ein Förderverein zum Erhalt des Friedhofs.
Heute betritt man den parkartigen Garnisonfriedhof durch das Portal in der Kleinen Rosenthaler Straße, das mit der Jahreszahl 1722 auf den Wiederaufbau der Garnisonkirche verweist. In dem alten Verwaltungsgebäude aus dem 19. Jahrhundert finden Ausstellungen zur Geschichte des Friedhofs statt. Gegenüber ist eine Tafel mit ausführlichen Informationen zum Friedhof sowie einem Lageplan der Grabstellen aufgestellt. Von vielen Besuchern wird der Friedhof heute mehr als Park, als grüne Oase inmitten des Stadtzentrums wahrgenommen denn als Friedhof. Eine Familie picknickte sogar auf einem Grab, obwohl am Eingang ausdrücklich auf die Würde des Ortes hingewiesen wird. Diese Szenerie fand ich doch ziemlich skurril und pietätlos.
Obwohl von dem einstigen Friedhof soviel nicht mehr erhalten ist, lohnt er für Interessierte auf jeden Fall einen Besuch. Vor allem die noch erhaltenen Grabmäler aus 3 Jahrhunderten (Barock, Klassizismus, Neogotik), teils aus Stein, teils die für den Garnisonfriedhof typischen großen gußeisernen Kreuze, teils unleserlich, teils restauriert, vermitteln einen kleinen Eindruck von der Berliner Friedhofskultur der letzten 300 Jahre. Das älteste erhaltene Grabmal ist ein von einer Schmuckurne gekrönter Kalksteinhügel von 1787 für 4 unbekannte Offiziere, das älteste Einzelgrab stammt aus dem Jahr 1796 (Major Franz v. Barfuss).
Außerdem fanden hier Einzelpersonen oder Mitglieder der Familien v. Buddenbrock, v. Borstell, v. Boguslawski, v. Boyen, v. Stülpnagel, v. Tippelskirch, v. Brauchitsch, v. Winterfeldt, v. Knobelsdorff ihre letzte Ruhe, um nur einige zu nennen.
Parken am Friedhof ist problematisch, da die Parkplätze für Anwohner reserviert sind. Beim „Schwarzparken“ bleibt der Nervenkitzel, ob man vom Ordnungsamt erwischt wird.[verkleinern]