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Abweichende Öffnungszeiten
Der Friedhof ist täglich geöffnet, der Ausstellungspavillon ist mittwochs geschlossen.
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„Euer Denkmal habt ihr euch selbst gesetzt.“
(Kranzinschrift von 1899 der sozialdemokratischen Stadtverordneten-Fraktion)
Der Friedhof befindet sich am südöstlichen Rand des Volksparks Friedrichshain an der Landsberger Allee. Haltestellen von Straßenbahn und Bussen befinden sich in der Nähe. Parkplätze gibt es auf der Landsberger... weiterlesen Allee und den angrenzenden Straßen. Am Friedhof bestehen keine Parkmöglichkeiten. Der Ernst-Zinna-Weg ist Halteverbotszone und Zufahrt zum Vivantes-Klinikum. Der Zugang zum Friedhof befindet im Ernst-Zinna-Weg, benannt nach dem 18jährigen Berliner Schlossergesellen Ernst Zinna, der auf der Barrikade Jägerstr./Friedrichstr. tödlich verwundet am 19.3.1848 in der Charité verstarb und auf dem Friedhof beigesetzt ist. Gelernten DDR-Bürgern und Ost-Berlinern ist sein Name und seine Vita sicher aus der Schulzeit ein Begriff.
Heute ist der Friedhof letzte Ruhestätte von etwa 300 Menschen und gleichzeitig nationale Gedenkstätte für die Toten der Märzrevolution von 1848 und die Novemberrevolution von 1918 in Berlin. Er ist auch die bedeutendste und größte Erinnerungsstätte an die 1848er Revolution im ehemaligen Preußen.
Im März 1848 kam es in den deutschen und mehreren europäischen Staaten zu frühbürgerlichen revolutionären Erhebungen, die von den Regierungen mit militärischer Gewalt niedergeschlagen wurden. Angelegt wurde der Friedhof für die Getöteten der Barrikadenkämpfe vom März 1848 in Berlin. Der ursprüngliche Plan, alle Märzgefallenen hier zu bestatten, scheiterte am preußischen Militär, das seine Toten auf dem Berliner Invalidenfriedhof beerdigte.
Nach den Kämpfen vom 18.3.1848, der öffentlichen Aufbahrung auf dem Gendarmenmarkt und der erzwungenen Huldigung der Gefallenen durch den preußischen König suchte man einen Ort für die gemeinsame Bestattung der Toten. Sehr kurzfristig genehmigte die Berliner Stadtverordnetenversammlung einen Friedhof auf dem Lindenberg des damals noch im Aufbau befindlichen Volksparks Friedrichshain, der zu dieser Zeit noch vor der Berliner Stadtgrenze lag. Über 20.000 Menschen nahmen am 22.3.1848 am Trauerzug für 183 getötete Zivilisten (Männer, Frauen und Jugendliche) von Berlin zum Friedhof teil. 71 an ihren Verwundungen gestorbene Personen wurden in folgenden Wochen und Monaten auch hier beigesetzt.
In folgenden Jahren und Jahrzehnten entwickelte sich der Friedhof, der kleiner ausfiel als ursprünglich geplant, zu einem symbolhaften Ort der Demokratiebewegung in den deutschen Staaten und nach 1871 im Deutschen Reich. Geplante Denk- und Ehrenmäler wurden weder in Berlin noch auf dem Friedhof verwirklicht. Es blieb bei Grabsteinen und Grabkreuzen.
Bereits 1849 kam es im Anschluß an die Gedenkfeier zum 1. Jahrestag der Revolution zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Daraufhin verbot der Berliner Magistrat ab 1850 das Betreten des Friedhofs, alle Kundgebungen und Kranzniederlegungen an den Jahrestagen der Revolution. Es gab in diesen Jahren auch mehrfach Pläne zur Verlegung, Einebnung oder Überbauung des Friedhofs, die aber nicht realisiert wurden. Allerdings wurden 1858 eine unbekannte Anzahl Gräber geöffnet und die Särge andernorts neu bestattet.
Ab Mai 1861gestattete der Berliner Magistrat dann wieder den ungehinderten Zugang zum Friedhof. Aber es kam auch in den folgenden Jahren immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen meist sozialdemokratischen, kommunistischen und anarchistischen Demonstranten und der Polizei. Friedhofsbesucher wurden überwacht und registriert, Kranzschleifen konfiziert. Ein 1898/1899 geplanter Umbau des Friedhofs scheiterte am Bauverbot durch die Polizei.
Während der Novemberrevolution wurden ab November 1918 bei Kämpfen in Berlin gefallene Revolutionäre auf dem Friedhof beigesetzt. Am 20.11.1918 fand eine erste Bestattung von 8 Toten, darunter Erich Habersaath, dem ersten Berliner Todesopfer, erschossen am 9.11.1918 von einem Offizier, im Beisein von Karl Liebknecht statt. Im Dezember 1918 wurden weitere 25 Gefallene beigesetzt, darunter Angehörige der das Berliner Stadtschloss verteidigenden Volksmarinedivision. Die Bestattung von 31 Toten, darunter der ermordete Karl Liebknecht, im Januar 1919 scheiterte an der Weigerung des Magistrats.
Nach dem 1. Weltkrieg wurde der Friedhof Gedenkstätte von KPD, SPD, den Gewerkschaften und dem überparteilichen demokratischen Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. 1925 erfolgte ein Umbau des Friedhofseingangs und Neuanordnung der noch existierenden Grabsteine und Grabmale. Während der NS-Zeit geriet der Friedhof im nun in „Horst-Wessel-Stadt“ umbenannten Friedrichshain in Vergessenheit und überstand auch die Vernichtung des Volksparks, in dem die Nazis einen ihrer Flak-Hochbunker-Komplexe für die Berliner Luftverteidigung errichteten. Auch die Straßenkämpfe 1945 überstand der Friedhof, obwohl hier die Hauptkampflinie bei den Kämpfen um den Flakbunker verlief.
Nach 1945 bekam der Friedhof, nun im sowjetischen Sektor Berlins, später in der Hauptstadt der DDR gelegen, neue Bedeutung, paßte er doch durch seine 1848er und 1918er Tradition gut ins ideologische Weltbild der DDR-Führung. Zum 100. Jahrestag der Märzrevolution wurde der erneut umgestaltete Friedhof wiedereröffnet und ein Gedenkstein mit Widmung und den Namen der 249 ursprünglich bestatteten Märzgefallenen aufgestellt (+ 1 unbekannter Toter).
Zum 40. Jahrestag der Novemberrevolution, der sich die DDR mehr verpflichtet fühlte als der Märzrevolution, wurde der Friedhof erneut umgestaltet. Das Tor von 1925 wurde durch eine schlichtere Toranlage ersetzt und die Grabstellen der Novembertoten neu als Gedenkstätte gestaltet. 1960 wurde vor dem Eingang die überlebensgroße Bronzestatue „Roter Matrose“ von Hans Kies aufgestellt. Bis 1990 führte die DDR auf dem Friedhof Gedenkfeiern und Kranzniederlegungen durch. Ab 1979 wurden auch Kranzniederlegungen des West-Berliner Vereins „18. März“ von den DDR-Behörden geduldet.
Nach der Wiedervereinigung befindet sich der Friedhof in der Verantwortung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg. Den größeren Teil nimmt die Gedenkstätte für die Märzgefallenen ein. Im Zentrum steht der Gedenkstein von 1948. An der niedrigen Friedhofsmauer sind grabartige Beete angelegt, wo die heute noch existierenden 18 steinernen Grabplatten, 3 gußeiserne Grabkreuze und 2 Grabdenkmäler. Im Unterschied zu den einfachen Grabplatten sticht das Grabmal des jungen Adeligen Gustav v. Lenski (1814-1848) heraus, der als Kommandeur der Friedrichstraßenbarrikade im Kampf gefallen war.
Die heutige Aufstellung der Grabsteine entspricht nicht den Originalgräbern, da sich die Grabstellen heute unmarkiert sind.
Die Aufstellung der Informationstafeln zur Geschichte der 1848er Revolution und des Friedhofs, die den Gedenkstein kreisförmig fast umschließen, finde ich eigenermaßen mißlungen und unwürdig, zumal die Rasenfläche, unter der sich die Gräber befinden, zum lesen der Tafeln betreten muß.
Der kleinere westliche Teil ist den Toten von 1918/1919 gewidmet. Vor 3 symbolischen Grabreihen stehen 3 sarkophagähnliche Grabplatten. Diese Platten tragen, wegen der waagerechten Aufstellung und des Materials schwer lesbare Inschriften.
Die linke Platte trägt ein Zitat von Karl Liebknecht:
„Gründet fest die Herrschaft der Arbeiterklasse.
Seid entschlossen gegen Jeden der sich widersetzt.“
Die mittlere Platte trägt die Namen von hier bestatteten Toten der Revolutionskämpfe.
Die rechte Platte trägt ein Zitat von Walter Ulbricht:
„Die Vorhut der Arbeiterklasse hat in der Novemberrevolution heroisch gekämpft“
Am Weg zum Eingang/Ausgang ist seit 2003 ein Seecontainer als Ausstellungpavillon zur Geschichte der 1848er Revolution aufgestellt. Die Ausstellung kann man kostenfrei besuchen. Auch heute finden auf dem Friedhof Gedenkveranstaltungen und Kranzniederlegungen statt. So stammen die Kränze und Gebinde auf meinen Bildern (2016) von der 168-Jahr-Feier der Märzrevolution.
Fazit: ein Ort der Ruhe und des Gedenkens für 2 revolutionäre Ereignisse der deutschen Geschichte.[verkleinern]
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