Das Museum ist vom 6.11.2023 bis 22.5.2024 wegen Umzugs vorübergehend geschlossen.
############
Im Berliner Multi-Kulti-Stadtteil Kreuzberg vermutet man so einiges, aber einen Museumsstandort wohl eher weniger.
Und doch hat sich in einer Etage eines alten Fabrikgebäudes in der Oranienstraße eine bemerkenswerte Sammlung etabliert: Das „Museum der Dinge“ des Werkbundarchivs.
Erreichbar ist das Museum ua. mit der U-Bahn vom U-Bahnhof Kottbuser Tor und einem etwa 400 m weiten Fußmarsch über... weiterlesen die Adalbertstraße zur Oranienstraße. Die Gegend ist allerdings ziemlich abschreckend – ich möchte da nicht mal tot an der Laterne hängen …
Wegen der in der Innenstadt grundsätzlich angespannten Parkplatzsituation würde ich von einer Anreise mit dem PKW eher abraten.
Das Museum selbst befindet sich in der 3. Etage des Seitenflügels einer ehemaligen Fabrik und ist übers Treppenhaus bzw. barrierefrei mit dem Fahrstuhl im Vorderhaus erreichbar. Der Hinweis zum Museum an der Tordurchfahrt ist eher unauffällig.
Der Eintritt beträgt 6 €uro (Stand 2019 / Ermäßigung möglich). Am Eingang befindet sich der Kassenbereich mit Museumsshop, der viele, meist nicht ganz billige Souvenirs und Infomaterialen (z.B. Bücher) anbietet.
Es schließen sich die Ausstellungsräume mit zahlreichen Vitrinen an. Hier werden Exponate gezeigt, die aus dem Fundus des 1973 gegründeten Werkbundarchivs stammen. Das von einem Verein getragene Archiv ist sozusagen das Schaufenster des 1907 gegründeten „Deutschen Werkbunds“.
Gezeigt werden keine großen Kunstwerke mit Weltruhm sondern eher banale Dinge aus dem täglichen Leben, wie wir sie mehr oder weniger alle kennen, schon mal in der Hand hatten und benutzt haben oder immer noch benutzen.
Die Ausstellung ist grob gegliedert in die Zeit vor 1914, den 1. Weltkrieg, die Zeit nach dem 1. großen Weltenbrand bis 1933, die NS-Zeit und dem nächsten großen Weltenbrand, die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, die Zeit der beiden deutschen Staaten ab 1949 sowie die Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung.
Gezeigt werden Gegenstände des täglichen Lebens aus der allgemeinen Industrieproduktion, wie z.B. Haushaltsgegenstände, Geschirr, Möbel, Haushaltstechnik, Heimelektronik, Spielzeug, Deko und und und ….
Vieles hat man selbst genutzt, kennt es aus den Haushalten von Eltern und Großeltern und wundert sich mitunter, wie alt manche Formen bereits sind und die sich auf Grund ihrer Zweckmäßigkeit jahrzehntelang am Markt halten bzw. gehalten haben.
Interessant ist auch zu sehen, wie die jeweiligen ideologischen Zustände in Deutschland sich in den Exponaten widerspiegeln. Besonders offensichtlich ist dies wegen der verwendeten Symbole in der NS- und der DDR-Zeit.
Interessant ist auch der Einfallsreichtum in der Mangelzeit nach 1945. Zwar wurden keine Schwerter zu Pflugscharen gemacht, aber ua. Stahlhelme zu Nachtöpfen, Kochtöpfen und Sieben ….
Man findet hochwertige Radios und Fernseher genauso wie banale Plastelöffel oder das sich ewig verbiegende DDR-Aluminium-Besteck. Auch heute kurios anmutendes ist zu finden, wie z.B. einen Scheidenspüler als frühe Form der „Pille danach“ oder polizeilich zugelassene Milchprüfer, denn bei der damals noch lose verkauften Milch musste geprüft werden, ob Milchpanscher am Werk waren oder die allseits beliebten Köpfe kommunistischer Führer – Raumschmuck vieler DDR-Amtsstuben und –dienstzimmer.
Es gibt zwar einige Infotafeln in der Ausstellung, aber da es sich um eine Depotausstellung handelt sind nicht alle Exponate benannt und beschrieben. Aber vieles erklärt sich ohnehin von selbst.
Fazit: sehr interessantes und sehenswertes Museum.[verkleinern]