Parkraumbewirtschaftung ist seit ein paar Jahren das Dienstleistungsei des Kolumbus. Der Mißbrauch der privaten Kundenparkplätze von Aldi, Lidl & Co für Dauerparker, Nebenaneinkäufer und sonstige Sparmobilisten hat ein ganz neues Geschäftsfeld kreiert - Angebot und Nachfrage in Reinkultur.
Die bislang zum Ladenlokal gehörige Stellplatzfläche wird verpachtet, Der PArkraumbewirtschafter hängt je nach lokaler Rechtsprechung immer größere Hinweistafeln auf und ab dann beginnt das private... weiterlesen Knöllchenschreiben.
Bislang allgemein zugängliche Flächen werden beschildert, überwacht und abkassiert - "Vertragstrafe" nennt sich das Pendant zum behördlichen Ordnungsgeld.
Und hier wirds interessant: Eine Vertragsstrafe setzt bereits begrifflich einen Vertrag zwischen dem Betreiber und dem Nutzer der Anlage voraus. Ein solcher kann natürlich konkludent durch Inanspruchnahme eines Parkplatzes entstehen - wenn, ja wenn hinreichend deutlich darauf hingewiesen wird. Daher die analog zur ergehenden Rechtsprechung immer größer werdenden Hinweisschilder an der jeweiligen Einfahrt. Aber auch die eigentliche Vertragsstrafe muß vertraglich explizit vereinbart sein. Dies löst der Jurist elegant über sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die irgendwo gut sicht- und erkennbar auf der Parkfläche einsehbar sein müssen.
Lieschen Müller und neulich auch Tochter ubier sucht natürlich auf dem sattsam bekannten Parkplatz nicht akribisch die Werbeflächen nach Kleingedrucktem ab. Brav wird immerhin die geforderte Parkscheibe im Auto ausgelegt, bevor der eigentliche Zweck des Besuchs in Angriff genommen wird.
Trotzdem bei Rückkehr (innerhalb der zugestandenen Parkzeit) ein Vertragsstrafzettel am ubiermobil - was war passiert? Nach kurzem Mailverkehr wird klar, dass unsere Vertragsstrafeneintreiber amtliche Sheriffallüren haben. Es lag nämlich noch eine zweite Parkscheibe sowie ein (ungültiger) Anwohnerparkausweis im Auto - "nach ständiger Rechtsprechung sei den Ordnungshütern eine Differenzierung zwischen gültigen und ungültigen Parkberechtigungen nicht zumutbar".
Aha...
Über den Sinn von privaten "Ordnungshütern" hat man ja schon zum Thema Bürgerwehr viel gehört, aber die qualifizierten Mitarbeiter der Parkraumwelt sind jedenfalls keine, die für sich die Rechtsprechung zu Amtsträgern in Anspruch nehmen können. Der Begriff der Vertragsstrafe impliziert nämlich auch, dass auch die Art der Auslegung von Parkscheiben für eine Ahndung von vermeintlichen Verstößen vertraglich geregelt ist. Mit Lupe am Parklplatz geforscht - nüscht.
Zahlung abgelehnt, Tochter ubier erleichtert.
Bis letzte Woche erneut Post von den Parkraumwelten eintrudelte - an Papa ubier. Als ermittelter Halter sei ich verpflichtet, die Vertragsstrafe für mein Auto zu zahlen - natürlich inkl. der Ermittlungskosten, da man den Fahrer nicht habe ermitteln können.
Damit beginnt nun der spaßige Teil der Geschichte.
Abgesehen, davon, dass sich die Fahrerin bereits eigeninitiativ gemeldet und den Parkvorgang eingeräumt hatte, soll nun also der Halter haften.
Den Begriff der Halterhaftung kennt man von Hunden, Schiffen und - richtig - Autos. Ich hafte also für Kosten, die mein Hund, mein Schiff, mein Auto im störenden Zustand auslösen. Jedenfalls gegenüber der öffentlichen Hand aufgrund gesetzlicher Regelung.
Aber Vertragsstrafe?? Scrollen wir nochmal hoch zum Beginn dieser Odyssee: Konkludenter Vertagsschluß beim Betreten des Privatgrundstücks. Kann mein Auto selbständig für mich Halter einen Vertrag abschließen? Oder Tochter ubier mit ihrem Stirntattoo "Papa zahlt!"??
Auch hier werden wieder öffentlich-rechtliche Regeln für private Interessen in Anspruch genommen, die bei genauem Hinsehen dafür nicht gemacht sind.
Liebe Parkraumweltenbummler: Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschlossen, keinen Vertrag mit Euch haben zu wollen. Jedenfalls jetzt nicht...
Update Dezember 21:
Ratet mal, was hier rausgekommen ist?
Richtig: Nix, nada, niente, nothing. Free Parkraum in ubiers Welt.[verkleinern]