Schon kurz nach unserem Einzug in den Dürerkiez - es war Winter - kamen wir hier zum ersten Mal vorbei, doch bis wir endlich zum ersten Mal einkehrten, dauerte es eine Weile.
Dann war es so weit: Wir hörten, dass an Himmelfahrt im LUCAS gegrillt werden sollte, und wir dachten uns: Hier gehts bestimmt eher ruhig zu, und es gibt bestimmt keine grölenden, besoffenen Kerle mit Fahrradklingeln, sondern fröhliche Friedenauer, die den schönen Tag mit ihren Familien genießen. Das LUCAS sieht nämlich... weiterlesen
aus wie ein total seriöser, netter und lustiger Laden. Und so war es, und nicht nur das: Es gab feine Lammbouletten und Merguez, beides vom Biobauern im Umland, dazu selbstgemachte leckere Salate, alles ganz prima! Als besondere Spezialität wurde eine Berliner Weiße serviert, die ich noch nicht kannte: die Zille-Weiße - angenehm herb und sehr feinperlig frisch. Und die trinke ich jetzt immer, wenn wir hier sind, denn seitdem kommen wir öfter her.
Bei schönem Wetter sitzen wir am liebsten im schattigen Gastgarten und läuten mit grüner Weiße für mich oder mit leichtem Weißwein für Herrn Schlorrndorf, den aufmerksamsten Ehemann der Welt, den Feierabend ein. Dann bleiben wir ein Stündchen oder so, lesen, reden, genießen die Ruhe und die gepflegte Dorfatmosphäre. Und mehr und mehr habe ich das Gefühl, dass wir nicht die einzigen sind, die hier ihren Dämmerschoppen nehmen. Der LUCAS ist beliebt in der Umgebung. Kein Wunder: Der Service ist immer freundlich, ein Lächeln zur Begrüßung gehört ebenso dazu wie die Frage nach dem Getränkewunsch und die schnelle Übergabe der hübsch und schlicht gestalteten Speisekarte, wo neben den Standardgerichten auch unterschiedliche Weinentdeckungen aus dem Spätzleland angeboten werden (genau richtig für Herrn Schlorrndorf!) sowie wechselnde saisonale Köstlichkeiten. Zurzeit lockt der Pfifferling ... da werden wir wohl bald wiederkommen! Die Preise sind zivil: Hauptgerichte ab ca. 10 Euro.
Auch drinnen sitzt man ganz gut. Die Räume wirken recht frisch renoviert und vielleicht aus diesem Grunde eher restaurant- als kneipenmäßig. Ein bisschen sehr edel und gehoben, dabei irgendwie kühl, und das passt für mich nicht so hundertprozentig zum rustikalschwäbischen Speiseplan und zur Außenwirkung dieses typischen Dorfgasthofs, wobei das durchaus liebevoll gemeint ist. Vielleicht fehlt einfach die Patina, die durch Jahre und Jahrzehnte in einem Lokal erst wachsen und gedeihen muss ... Denn eigentlich ist auch hier drinnen alles hier in Ordnung. Es gibt ein paar unauffällig hübsche Dekorationselemente, regionale Kunstobjekte, alte Fotos und Ähnliches, bequeme Stühle, einfache Tische und einen geräumigen Nebenraum, der wohl für größere Gruppen gedacht ist.
Touristen verirren sich nur selten hierher in den Dürerkiez, also auch kaum in dieses Lokal. Schade eigentlich! Denn hier ist es auf ganz relaxte Weise berlinerisch mit einem Hauch süddeutschen Charmes und insgesamt ein bisschen wie früher: eine sehr tolerante, freundliche Atmosphäre, wo auch Prominente aus Kultur und Politik in Ruhe mal was essen können, ohne dass fotografierende Fans und/oder kreischende Horden über sie herfallen. Niemand kümmert sich hier um sie. Es dreht sich nicht mal jemand um. Allerhöchstens kann es mal passieren, dass jemand leise sagt: "War das nicht ...?" und ein anderer antwortet: "Ja, könnte sein ... hab nicht drauf geachtet." - So geht's zu bei uns im Dorf ...
Heute haben wir hier am frühen Abend ganz gemütlich gesessen, Wein und grüne Weiße getrunken, und die Vögleins in der Hecke tschilpten und tirilierten dazu, dass es nur so seine Bewandtnis hatte. Es war schön.[verkleinern]