- bestätigt durch Community
-
Ausgezeichnete Bewertung
Es gibt kaum einen Ort, der nicht mindestens einen Brunnen im Erscheinungsbild besitzt. Von mal zu mal können diese sich sehr unterschiedlich darstellen. Trotz, dass ich unzählige male in Bonn unterwegs gewesen war, ist mir dieser ebenfalls am Tag des offenen Denkmals aufgefallen. Habe diese Gegend bewußt angesteuert, weil ich mir die gegenüber liegende (bereits bewertete) Stiftskirche von innen anschauen wollte. Sie gab auch diesem Brunnen seinen Namen. Es ist einer von mehreren, die ich in... weiterlesen
dem Zusammenhang gelesen habe: da sich ganz oben eine Christusfigur befindet, wird sie ebenfalls nach ihm benannt. Weitere sind auch Evangelisten-, Apostel- oder Jesusbrunnen. Wie so häufig musste auch dieses sein Aufstellungsort wechseln, weil dies aufgrund von Bauarbeiten in den 1970-ern im „Weg“ stand. Ursprünglich war er vor dem Haupteingang des städtischen (Alten) Friedhofs zu finden. Hier an der Stelle wirkt er recht „verloren“, auch wenn es auf einem recht großen Platz aufgestellt worden ist.
Als ich mir das ganze aus der Nähe angeschaut habe, war ich über deren Erscheinungszustand entsetzt. So habe ich befürchtet, dass es sich um Vandalismus neueren Datums handelt, doch es verhält sich ein wenig anders. Als es 1973 an diese Stelle versetzt wurde, gab es bereits Diskussionen, ob die fehlenden Gliedmaßen der Evangelisten ergänzt werden sollen. Im Gegensatz zu früheren Jahrhunderten herrschte zu diesem Zeitpunkt die Meinung, dass es besser ist, sie so zu belassen, wie sie ist, anstatt eine vermeintliche „Ergänzung“ im zeitgenössischem Sinne in Erwägung zu ziehen. Das ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr ein Anliegen der Denkmalbehörde.
So habe ich gelesen, dass im Gegensatz zu jenem Tag als ich mir das angeschaut habe, dass es inzwischen saniert worden ist. Da ich aber schon länger nicht mehr dort gewesen war, möchte ich (vorerst) es so bewerten, wie es sich einst dargestellt hatte. Dennoch bezog sich das ausschließlich auf die Heiligenfiguren aber nicht, wie ich auf einem Foto im Netz entdeckt habe, den gesamten Aufbau. Dieser stammte aus Kalkseiten, der extra aus dem Elsaß den weiten Weg im 19. Jahrhundert transportiert wurde, weil nur dort man es in der Elfenbeinfarbe bekommt! Das kam zusätzlich zu Gute, weil es zu der Zeit sehr beliebt bei den Bildhauern gewesen ist!
Erneut hat es eine weile gedauert, bis ich die Hintergrundgeschichte zu diesem Brunnen gefunden habe. Der Auftrag erfolgte auf einen besonderen Wunsch des damaligen Bürgermeisters Leopold Kaufmann. Durch die Tatsache bedingt, dass Rheinland ab dem frühen 19. Jahrhundert zu Preußen gehört hatte, wurde für die Ausführung ein Berliner Bildhauer beauftragt. Genau genommen, ohne Christian Daniel Rauch wäre es ggf. eine andere Wahl getroffen. Durch seine vorherigen Aufträge auf dem besagten Friedhof wurde um ein Model gebeten, der zu einem „Freithof“ – einer christlichen Ruhestätte, passen würde. Diesen lieferte sein Schüler Bernhard Afinger (* 6. Mai 1813 Nürnberg - 25. Dezember 1882 Berlin). Der Entwurf aus Gips sollte, den Wünschen der Stadtverwaltung ein Wasserspeicher oder ein „Fontane“ sein. Erneut sollte es sich lange hinziehen, bis das ganze realisiert werden konnte. Trotz, dass der besagte Entwurf bereits 1866 vorgelegen hatte, sollte es bis November 1874 dauern bis es geklärt werden konnte, wie die erforderlichen Barmittel beschafft werden sollten! Dennoch war es ein kleiner Schritt, bis es dann tatsächlich fertiggestellt wurde! Dank einer Stiftung, die gezielt für die Verschönerung des alten Friedhofs vorgesehen war, konnte die erforderliche Summe von 35.800 Goldmark gedeckt werden.
Erneut musste ich feststellen, dass eine Wendung bezüglich der Ausführung gegeben hatte. Auch, wenn der besagte Entwurf übernommen wurde, wurde der Brunnen 1879 von Ferdinand Joseph Friedrich Custodis (9. April 1842 Köln – 1911 ebenda) und Coch? (keine weiteren Hinweise gefunden) gestaltet. Seitdem stand sie an jenem Ende das als „Westanlage des Alten Friedhofs“ bezeichnet wird. Dieser Zugang wurde aber vor einigen Jahren (dauerhaft – was ich letztes Jahr feststellen konnte) verschlossen. Es liegt gegenüber der Gleisanlage, die zum Bonner HBF und in die entgegengesetzte Richtung führt. Bei deren Nutzung konnte nicht verhindert werden, dass die Abgase der Züge, als auch die des allgemeinen Verkehrs später, die Struktur des für solche Umwelteinflüsse zur Erosion neigenden Kalksteins, stark beschädigt hatten. Das führte bereits 1927 dazu, dass die Figuren erstmals abmontiert werden mussten, um weiteren „Materialverlust“ zu verhindern! Ob die fehlenden Gliedmaßen eine Folge dessen gewesen ist oder ob sie, wie mehrmals in der Lokalpresse gelesen, auf mutwillige Zerstörung zurück gehen, konnte ich leider nicht herausfinden.
Eine weitere Untersuchung erfolgte, wie bereits erwähnt 1973, als beschlossen wurde, dass eine U-Bahn unter dem Aufstellungsort verlaufen soll. 2018 hat das Tiefbauamt, der Eigentümer dieser Skulpturengruppe, auch eine Stiftung über sie übernommen. Das war auch der „Ausgangspunkt“ für die neuerliche Erforschung und Konservierung des ganzen. Anscheinend, habe ich den Zeitpunkt „verpasst“, an dem es geschehen ist, denn zuletzt sah es nicht wirklich „vorzeigbar“ aus, wie man es auf den Fotos erkennen kann. Laut den Angaben, die ich im Netz gefunden habe, wird dieser Brunnen in den Monaten Mai bis September sich im Betrieb befinden. Da bin ich auf das ganze sehr gespannt!
Nun wenden wir uns den Figuren zu, die hier zu sehen sind: bei den Aposteln ist es eher schwer herauszubekommen, um welchen es sich im einzelnen handelt. Da sie dazugehörigen Attribute fehlen, kann ich persönlich nicht sagen, welcher von ihnen Markus, Lukas, Johannes oder Matthäus ist. Alle sind in sitzender Position dargestellt. Wie es der „Tradition“ entspricht, wurde der zu obersten stehende Jesus mit dem Blick nach Osten ausgerichtet. Gleichzeitig ist er der Mittelpunkt des ganzen. Er gilt als der „Verkünder“ einer besseren Welt nach dem „verlassen des irdischen Daseins“. Diese Figur wurde auf einer Säule als Herrscher überhöht, wie es der christlichen Überlieferung zu Folge in der Kunstgeschichte seit Jahrhunderten tradiert wurde. Alle dargestelltem Personen zeichnen sich durch reichen Faltenwurf aus, der dem ganzen eine „Patina“ verleiht, die an die mittelalterlichen Vorbilder erinnert.
Die moderne Denkmalpflege kann dazu beitragen, dass man Objekte in einem anderen Licht sehen kann. Hier habe ich die Infos, die ich hier zusammen getragen habe, dort vor Ort wirklich vermisst. Andererseits auch, wenn man weiß, dass es unerwünscht ist, die nicht vorhandenen Sachen zu ergänzen, macht es einen großen Unterschied, wenn man auf solche Details verzichten muss. Wenn ich ehrlich sein soll, mir fällt es schon schwer. Vielleicht ist es auch im Sinne des Künstlers, denn alles ist vergänglich und im Verbindung mit einem (historischen) Friedhof, wo es sich einst befunden hatte, hätte man eher es hingenommen… Doch das ist meine Spekulation.
Der Christusbrunnen ist so ein Objekt, der sicherlich seine Daseinsberechtigung besitzt. Hab sehr lange vermieden mich damit zu befassen. Geschichtlich könnte es sicherlich einiges „erzählen“ können, wenn es belebt sein würde… das ist reines Wunschdenken. Vorerst, da ich es nach der Restaurierung gar nicht gesehen habe, möchte ich sehr solide 3 Sterne an der Stelle vergeben, auch wenn nicht jeder meine Ansicht teilen muss.[verkleinern]