Lang ist es her, dass hochherrschaftlichen Jägern Denkmäler gewidmet wurden, wenn sie erfolgreich in ihren Jagdgründen gewütet hatten.
Seltener wird der von ihnen gemeuchelten Kreatur gedacht. Ein solches Denkmal für ein erlegtes Tier findet sich im einst wildreichen Waldgebiet bei Briesen/Mark (Land Brandenburg / ca. 40 km östlich von Berlin / Landkreis Oder-Spree) im Wald an der Straße K6734 zwischen Briesen und der Kersdorfer Schleuse, ca. 1,6 km südlich der Autobahnanschlussstelle Briesen... weiterlesen
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Wenn er nicht gerade regierte, verbrachte Kurfürst Friedrich III. v. Brandenburg (Haus Hohenzollern / 1657-1713 / Kurfürst ab 1688 / König in Preußen ab 1701) seine Zeit unter anderem mit der aristokratischen Lieblingsbeschäftigung – der Jagd.
So auch am 18.9.1696 mit einer Hofjagd im Jagdgebiet Jacobsdorfer Heide (damals auch „Karthäuser Heide“ genannt), das damals ganz anders aussah als der heutige Industriewald.
An der Stelle, wo heute das Denkmal steht, soll dem Kurfürsten dann ein kapitaler Rothirsch vor die Flinte gelaufen sein.
Das besondere an dem sicher eindrucksvollen Tier war sein Geweih mit 66 Enden – wie später gezählt wurde. 66 Enden sind nicht die Norm sondern vielmehr eine Anomalie.
Wie andere Fürsten seiner Zeit sammelte Friedrich nicht nur Jagdtrophäen sondern auch Kuriositäten. Mit dem Briesener Hirsch hatte er beides!
Das Geweih (mit Kopf und Haut und Fell fast 16 kg schwer) wanderte ins Jagdschloss Königs Wusterhausen und der Rest in den Kochtopf.
Friedrichs Sohn, der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. in Preußen (Haus Hohenzollern / 1688-1740 / König seit 1713) war eher pragmatisch veranlagt und teilte nicht die barocken Vorlieben seines Vaters. Zwar frönte auch Friedrich Wilhelm der Jagd und der Jagdtrophäensammelei, aber er konnte sich auch trennen.
Friedrich August I. v. Sachsen (genannt August der Starke / Haus Wettin albertinische Linie / 1670-1733 / seit 1694 Kurfürst v. Sachsen sowie als August II. König v. Polen), ebenfalls passionierter Jäger und Sammler, war von der Trophäe seines preußischen Nachbarn so begeistert, dass er sie unbedingt für sein Jagdschloss Moritzburg (bei Dresden) haben wollte. Er schrieb dem Preußen … in der Kurzform „Ich will haben!“.
Die beiden Monarchen vereinbarten einen Tauschhandel: Das preußische 66-Ender-Geweih gegen eine Kompanie sächsische „Lange Kerls“ für des preußischen Königs Lieblingsspielzeug, die „Potsdamer Riesengarde“.
Und so kann man das Geweih bis heute im Monströsensaal von Schloss Moritzburg bewundern.
Brandenburg-Preußen blieb nur das Denkmal bei Briesen. Begeistert vom eigenen Jagderfolg befahl Friedrich III. noch am selben Tag im Jagdlager die Aufstellung einer Gedenktafel und diktierte nach der Überlieferung auch gleich den passenden Text:
„Diesen Hirsch hat in der Brunftzeit mit eigener Hand geschossen der Durchlauchtigste, Großmächtigste Fürst und Herr, Herr Friedrich der Dritte, Markgraf und Kurfürst zu Brandenburg, im Amte Biegen auf der Jacobsdorfer Heide, am 18. September anno 1696, hat gewogen fünf Zentner und 35 Pfund, nachdem er 3 Wochen geschrien.“
Mit „geschrien“ meinte der Großmächtigste allerdings nicht, das es 3 Wochen gedauert hatte, bis der Hirsch tot war, sondern dessen Geröhre in der Brunftzeit.
Zwar wurde der Kurfürst auf die falsche Ortsangabe „Biegen“ (ein Dorf südöstlich von Briesen) aufmerksam gemacht, er gab aber seinen Fehler nicht zu und beharrte auf der falschen Ortsangabe. Fake‘s und uneinsichtige Staatschef gabs also auch schon vor über 300 Jahren!
Für die Errichtung der Gedenktafel und damit man dieses auch erreichen konnte, befahl Friedrich außerdem den Bau eines befestigter Weg von Briesen her, die heutige K6734.
10 Jahre später, Friedrich war als Friedrich I. mittlerweile König in Preußen, fand ebenjener Friedrich die Gedenktafel zu wenig königlich. Ein richtiges Denkmal musste her. Kein geringerer als der Bildhauer und königliche Baumeister Andreas Schlüter (1634-1714) wurde mit dem Entwurf beauftragt.
Das etwa 4 m hohe rechtwinklige Denkmal ist aus Ziegeln gemauert und verputzt.
Die farbige Kartusche auf der Nordseite zeigt den steinernen Kopf des erlegten Hirschs samt Geweih. Auf der südlichen Kartusche ist der schon erwähnte Spruch in einer furchtbar verschnörkelten Schrift zu lesen.
Was wir heute sehen, ist bereits die Replik der Replik des Denkmals. 1925 wurde das Denkmal so stark beschädigt, das es neu aufgebaut werden musste.
Während der Kämpfe in der Schlacht um Berlin am Ende des 2. Weltkriegs wurde es zerschossen. Was blieb war ein Steinhaufen
Erst in den 1970er Jahren entschloss sich die DDR zum Wiederaufbau des Denkmals nach vorhandenen Originalunterlagen, trotz seiner feudalen Vergangenheit.
1996 und 2009 waren erneut umfangreiche Sanierungen nötig.
Das Denkmal auf der östlichen Straßenseite in einem lichten Waldstück ist von einer Hecke eingefasst. Auf der anderen Straßen gibt es einen Rastplatz mit Schutzhütte und eine Infotafel zum Denkmal.
Fazit: Es müssen nicht immer Fürsten, Militärs und Politiker sein ….
Und heute ist der Hirsch Bestandteil des Wappens von Briesen (Mark).[verkleinern]