Der "lange Lulatsch" wird er in Chemnitz genannt und auch "Buntstift" oder liebevoll "Schorsch" - andere sagen nur dialektmäßig "Dä Ässä". Was gemeint ist? Das große Wahrzeichen von Chemnitz - eine knapp 302 Meter große Esse des heute stillgelegten Heizkraftwerkes Nord von eins energie in Sachsen. Und was ist an diesem Schornstein so besonders? Na die Farben! Und: er leuchtet sogar! Er ist ein Kunstwerk.
Fragt man Chemnitzer nach dem bekanntesten Bauwerk der Stadt, nennen viele den Roten... weiterlesen Turm, das Doppelrathaus oder den "Nischel" - das Karl-Marx-Denkmal. Nur wenige erwähnen den langen Lulatsch, diesen wunderschönen, bunten Schornstein. Im Jahr 1979 wurde mit dem Bau der Esse begonnen und 1984 war die Fertigstellung. Allerdings ohne Farbe. Nein, farblos war er nicht, sonst wäre er ja durchsichtig gewesen. Aber wie Industrieessen nun mal aussehen: schmucklos und langweilig Grau! Zu jener Zeit hätte niemand gedacht, dass dieser Riese einmal das Wahrzeichen von Chemnitz wird.
Aber nicht erst die Idee des PURPLE PATH's machte ihn so schön bunt, nein, dem Riesen ein freundliches und lebensfrohes Aussehen zu geben, darauf kam man schon eher. Im Jahr 2013 sollte das langweilige Grau einigen Farben weichen. Dazu wurde der französische Künstler Daniel Buren ausgewählt. Der Konzeptkünstler wurde 1938 in Boulogne-Billancourt bei Paris geboren und schreibt seit den 70er Jahren Kunstgeschichte. Sein Augenmerk liegt auf Plätze, Räume, Schornsteine und Treppenaufgänge. Sein bevorzugtes Design: Streifen. Wo also bunte Streifen einen begegnen, ist auch Daniel Buren.
In monochromen Ringen vertikal von unten nach oben angeordnet, leuchten in den Farben wie Aquamarin, Erdbeerrot, Gelbgrün, Himmelblau, Melonengelb, Signalviolett und Verkehrsgelb einem entgegen. Genau angeordnet nach dem Alphabet der Farben. Die bunte Esse fasziniert, nicht nur der Farben wegen, nein, auch die Größe macht's. Meine Lieblingsfarbe ist von diesen sieben Farben eindeutig das Signalviolett.
Wer die A4 in Chemnitz passiert, kennt die bunte Esse der Kulturhauptstadt 2025. Letztes Jahr drohte ihr fast der Abriss. Dieses Jahr wird "sein kleiner Bruder" nach und nach abgetragen. Eine Sprengung kommt nicht in Frage, wegen der umliegenden Gebäude und eben dem Wahrzeichen, dass nun doch erhalten bleiben soll. Schad' wär's drum schließlich!
Nun sollte er nachts auch noch leuchten. Eine fantastische Idee, wie ich finde. Doch Wasser setzte der LED-Lichterkette immer wieder zu. Aber das sächsische Handwerk ist für seine Präzision bekannt - Aufgeben kam nicht in Frage. Nach langer Tüfftelei erstrahlt er nun seit 2017 in sieben weithin leuchtenden Farben und bringt Lebendigkeit in der ohnehin quirligen Stadt. Damit ist "Dä Ässä" zum höchsten Gesamtkunstwerk Deutschlands geworden und wurde zu den vielen Kunstwerken der PURPLE PATH Ausstellung mit hinzu gefügt - 38 sollen es insgesamt sein bzw. werden. Noch habe ich nicht alle gesehen, aber den langen Lulatsch von Chemnitz schon viel eher, noch bevor PURPLE PATH geboren wurden war.
Für mich ein absoluter Hingucker, der die Tristesse einer Stadt durchbricht, die schwarze Nacht bunter macht und Licht in eine ohnehin dunkle Zeit bringt. Tolles Kunstwerk und auch sehenswert! Schornsteine sollten meiner Meinung nach immer bunt angemalt werden. ;-))[verkleinern]