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Ausgezeichnete Bewertung
Was haben die vor einigen tagen vorgestellten Brunnen in Hamburg und dieser im beschaulichem Detmold zusammen? Der „offensichtliche“ ist, dass sie alle als monumental zu bezeichnen sind. Nach einem langen suchen vielleicht auch, dass sie rund um 1900 entstanden sind. Wäre da noch was… auf ersten Blick nicht aber es gibt mehr Gemeinsamkeiten, die ich aber vorerst unerwähnt lassen möchte!
Mitten in der Altstadt zwischen dem Seiteneingang zum Schloss und Park, gegenüber der evangelischen... weiterlesen
Kirche, sowie des hiesigen Rathauses ist eine holde (nackte) Frau mit blumenbekrenztem, offenem Haar auf einem Felsen zu sehen ist. Ohne die zu ihren Füßen stehenden Rehkitze könnte man ggf. an eine andere Personifikation denken, die man eher mit dem Rhein in Verbindung gebracht wird. Sie steht stellvertretend für den (mir bis dato unbekanntes) Quellfluss der Berlebecke. Diese liegt ca. 10 km von diesem Brunnen entfernt. In der Verbindung mit der Fauna und Flora um sie herum ist zugleich ein weiterer Verweis, der auf das besagte Quellgebiet hindeutet: den Teutoburger Wald, der dadurch auch zusätzlich damit versinnbildlicht wird.
Menschen in einem Ort können lang verwurzelt sein oder nur eine kurze Zeitspanne des Lebens dort verweilen. Ein solcher „Zugezogener“ kann sich dabei als ein kritischer Beobachter herausstellen. Man könnte meinen, bei einer Residenzstadt (vor allem in deren Nähe) das in „geordneten Bahnen“ abläuft. Im frühen 19. Jahrhundert war die Regentin Fürstin Pauline von Lippe-Detmold eine sehr zupackende Frau gewesen. Leider kann man das kaum von ihren Nachfolgern nicht behaupten. Ihr Sohn Leopold II. war ein Mann, der zwar einige Neuerungen angestoßen aber privat hat er sich vor allem für die schönen Künste interessiert. Das erwähne ich, weil durch die Gründung des Residenztheaters hat er den jungen Albert Lortzing für diesen gewinnen konnte. Jener schrieb 1826 an seine Eltern in Berlin (unter Einbeziehung eines Zitats von Joseph Plaut, der zuerst zu lesen ist): „Detmold ist bis heute weiterhin als die schönste Stadt bekennt – die mehr Dreck hat als Häuser“. An dieser Aussage sollte sich bis Ende des besagten Jahrhunderts nicht ändern :-/. Nachhaltig wurde sie von der Präsenz der preußischen Garnison ab 1866 bestimmt. Dennoch blieb alles ziemlich überschaubar. Man ließ sich Zeit, sehr viel davon! Auch hier gab es „reichlich Klärungsbedarf“. Das kennen wir aber irgendwoher :-O! Um die Zeit gab es gerade mal 4.000 Einwohner und die Meisten haben ihren Unrat auf der Straße entsorgt! Hier ist ein weiterer Anknüpfungspunkt zu Hamburg zu finden: es führte zu (zeitlich nicht genauer datierbaren) Epidemien. Die Zustände müssen sehr gravierend gewesen sein, denn 1898 ein Militärarzt des „Infanterie-Regiment Graf Bülow von Dennewitz (6. Westf.) No. 55“ sich in einem Bericht sich sehr negativ über die dort herrschenden Zustände geäußert hatte. So drohte er mit einem kompletten Rückzug dieser Einheit, wenn sich die „Alltagssituation“ der Bekenntnisangehörigen bald nicht ändern würden. Anscheinend wurde dieser „Vorsatz“ nicht umgesetzt, denn noch während des 1. WK sind sie weiter nachweisbar. Diese Aussage wird (nach einem im hiesigem Archiv befindlichem Schriftstück) von einem Apotheker bestätigt dem (sog.) „Trinkwasser“ – hochgradige Verunreinigung bescheinigt!
Angesichts dessen war der Bau einer Wasserversorgung, die auch die vorher beschriebene Eigenschaft besitzt, unumgänglich! Hier kommt der äußerst beliebte Fürstregent Ernst (über den ich neulich geschrieben habe) ins Spiel: in seinem Waldgebiet (das sich bis heute in Privatbesitz befindet) auf einer Anhöhe oberhalb des Quellgebiets (an der „Gauseköte“) wurde ein Reservoire geschaffen, von dem aus diese Wasserleitungen gespeist werden sollten. Hierbei war es ein überaus großzügiges Geschenk gewesen: er sicherte der Detmolder Wasserversorgungsgesellschaft nach einem Vertrag vom 10. November 1898 eine „kostenlose Nutzung für ewige Zeiten“ zu! Für die Verlegung der Leitungen bis in die Stadt und deren Weiterverteilung innerhalb dieser sollte der andere Vertragspartner verantwortlich sein. Noch vor dem Beginn des neuen Jahrhunderts konnte die Stadt als eine „saubere“ bezeichnet werden. Die Voraussetzungen waren also geschaffen aber dann begann eine Kontroverse, die (mit Unterbrechungen) fast bis heute andauert.
Wie bei Hygieabrunnen ist auch dieses eine Reminiszenz an eine Leistung, die erbracht wurde: bereits in dem Jahr, als das Wasserwerk installiert worden ist, ging ein Auftrag an den Bildhauer Heinrich Rudolph Hölbe (* 6. Oktober 1848 in Lemgo - 6. August 1926 in Dresden). Deren Enthüllung sollte aber erst am 28. Juni 1902 geben. Nach einem Entwurf des zu diesem Zeitpunkt in Dresden lebenden Künstlers schuf die eben dort ansässige Gießerei Pirner u. Franz diese Bronze. Noch bis heute kann man in Detmold Häuser aus verschiedenen Kunstepochen bewundern. Das wurde aber als ein Vorwand genommen, dass der Donopbrunnen gar nicht dazu passt!
Auch hier wird eine weitere Parallele zu dem in Altona deutlich: wenn bei der Dargestellten sich um die Nymphe handelt, die stellvertretend als die Personifikation des Flüsschens Berlebecke angesehen wird, wer ist denn „Donop“?! Das ist die Auftraggeberin, die bereits 1875 testamentarisch verfügt hatte, dass ein Teil des Vermögens (zweckgebunden) für den Bau eines Brunnens dienen soll. Auguste von Donop, um die es hier genau geht, war die Witwe des Hofjägermeisters Franz gewesen. Indirekt hatte sie auch seine Tätigkeit im Sinn, der die Natur sehr geliebt haben soll. Der Dame schwebte vor, dass jene Stelle, wo es sich befindet, mitten in der Altstadt dafür ideal wäre. Die „noble“ Spende, die sie vermacht hatte, betrug die damals (die horrende) Summe von 6.000 Talern! (dafür müsste ein Textilarbeiter ca. 35 Jahre „schuften“!!!!)
Kaum war diese Arbeit vollbracht gab es vor allem sehr kritische Stimmen aus dem „gebildetem Bürgertum“. Sie fanden es „unpassend“, weil es (ihrer Ansicht nach) sowohl zu sehr das „Erscheinungsbild „unvorteilhaft“ beeinflusst“ aber auch, dass es ihnen zu „kitschig“ ist! Aus ihrer Sicht war es „kein schönes Beispiel für eine ästhetische Gestaltungsform“. Vor allem aber (was mich ehrlich sehr verwundert) jene, die mit der Umgestaltung selbst sich befasst haben! Damals war die Neogotik sehr populär aber nicht bei allen. Heute würde man es als ein „Shitstorm“ bezeichnen! Dennoch bei der Mehrheit der (einfachen) Bevölkerung war es dennoch von Anfang an, sehr beliebt gewesen und ein ebensolcher Treffpunkt.
Wenn ein Objekt von Anfang an, so negativ von der Verwaltung angesehen wird, so verwundert es nicht, dass per Abstimmung einer solchen ein „aus“ auf bürokratischem Weg beschlossen wird. Das ist auch tatsächlich erfolgt, dennoch weiß man bis heute nicht, warum der 1934 genehmigte Abriss nie in die Tat umgesetzt worden ist?! Kann mir vorstellen, dass es ggf. etwas mit der Kunstauffassung der hier im Lippischen Landtag vertretenen nationalsozialistischen Mehrheit etwas zu tun haben könnte. Das ist aber nur eine Vermutung, die nahelegen könnte, die dennoch nicht zu beweisen ist…
Wenige Jahre später, als der 2. WK sah es erneut „düster“ um die schöne Bronzestatue bestellt! 1943 wurde sie für eine Metallspende vorgesehen. Sie wurde, wie die Anordnung gefordert hatte, abmontiert. Sie wurde abtransportiert und sollte eigentlich eingeschmolzen werden! Für die Nachfolgenden Generationen ist es spannend zu beobachten, welche Wege sie hinterher genommen haben könnte, denn es kam anders.
Bevor das geschehen sollte, wurde (aus welchen Gründen auch immer) ein Gipsmodell angefertigt. Das ist bei der Firma Lauermann (Standort unbekannt) erfolgt. Zur „Veredlung“ nahm weite Wege in Kauf! Nun komme ich zu den letzten „Puzzlestücken“, die erneut nach Hamburg führen (dieses mal aber nicht nur als Vergleich!)! In einer Aufbereitungsanlage dort war eigentlich vorgesehen, dass sie in ihre „Einzelkomponenten“ verflüssigt werden sollte, um es der Rüstungsindustrie zukommen zu lassen. Indes haben sich die (ewigen) Gegner eher darüber gefreut, dass es so und nicht anders geschehen ist! Vor allem der lippische Landeskonservator Karl Vollpracht war der Meinung, dass zwar [die Figur] „den Detmoldern eine liebgewordene Verkörperung der Waldromantik sei“, entspreche aber nicht „dem derzeitigen künstlerischen Empfinden“!
Trotz der Einwände, die der besagte Konservator hatte, empfanden viele, dass die entstandene „Lücke“ zu sehr an den Verlust erinnern, an eine „lieb gewonnene Erscheinung“, die dort stand. In der Annahme, dass der Donopbrunnen eingeschmolzen ist, wandte sich das Detmolder Landratsamt an jene Dresdner Firma, die den Gipsmodell angefertigt hatte. Dennoch welch eine Wendung sollte das ganze erneut haben! Es ist heute nicht mehr feststellbar, auf welchen Wegen der Hinweis erfolgt ist, dass es auf dem sog. „Glockenfriedhof“ in Hamburg sich befinden könnte. Ein Schriftwechsel mit dem Glockengießer, an den es 43 weitergeleitet wurde, konnte da richtig weiterhelfen. So konnte der damalige Sachverständige Friedrich Schilling mitteilen, dass die „wesentlichen Teile“ weiterhin bei einer bestimmten Scheideanstalt in dessen Lager sich befindet. Im gleichen Brief wurde das genauer beschrieben: es fehlten die Kitze, eine Hand und die Pflanzen, die unterhalb der Skulptur zu sehen sind.
Ein kleiner aber nicht unerheblicher Grund, warum das Vorhaben dennoch scheitern könnte, war der Einwand eben jener Firma bei der es sich bis dato befand. Sie haben von der Stadt Detmold eine „Entschädigung“ verlangt! Die einstige Residenzstadt aber hat (nach damals geltendem Recht) die Rückgabe gefordert. Das ist, nach einem Beschluss des Hamburger Magistrats auch geschehen. Die Beschlagnahme (ohne „Ersatz“) ist beim Verwehrter, ist wie man es sich vorstellen kann, alles andere als positiv aufgenommen! Ehrlich gesagt, sie sind damit nicht einverstanden gewesen! Ob die eingereichte Rechnung (lt. einer Kaufkrafttabelle), die heute sich auf über 51.000 € belaufen würde. Ob sie je beglichen wurde, kann ich nicht sagen. Dagegen spricht jedenfalls, dass eben solche frühere Besitzerzansprüche höher gewertet wurden.
Ursprünglich war vorgesehen, dass 1949 erneut die Gießerei Pirner u. Franz den Auftrag für deren Rekonstruktion bekommen sollte. Über sehr lange Zeit wurden Verhandlungen geführt, die eine solche Kooperation mit sich bringen würde. Auf der westdeutschen Seite gab es dennoch etliche Gründe dagegen sprachen: unsichere Versorgungslage (speziell was die Metalle betraf) in der damals neu gegründeten DDR; deren Finanzierung (wie das überhaupt erfolgen soll; das was aber als ein „Risikofaktor“ angesehen wurde, wie das logistisch bewerkstelligen soll?! Zum einen ggf. weil man nicht abschätzen konnte, wie groß der Aufwand sein würde und das was den Zustand der Wege dort betrifft. Aus den aufgezählten Gründen wurde eine vergleichbare Gießerei in der Region damit beauftragt.
Im Vorfeld der hier aufgezählten Maßnahmen entbrannte erneut ein Streit der „Elite“ wegen dem „Sinn“, der sich ihnen nicht erschloss, warum diese „unzeitgemäße“ und „künstlerisch minderwertige Denkmäler der Kaiserzeit“ [das ist – was man kaum glauben kann, O-Ton von einem Denkmalpfleger gewesen :-/!] überhaupt sein müssen! In den frühen „Wirtschaftswunderjahren“ fand man, dass Parkplätze viel wichtiger seien, als so ein „Ding“. Das aber wollten sich die Bewohner aber nicht gefallen lassen! Es galt für ein „Wahrzeichen“ und ein „Identitätsstiftendes Symbol“ einzutreten! 1950 setzte sich eine regionale Zeitung dafür ein, dass durch eine Unterschriftenaktion, die allgemeine Forderung auf eine Wiederkehr endlich in die Tat umgesetzt wird! Ein paar Monte später wurde eine Bürgerstiftung gegründet, die bereit war, die Wiederherstellungskosten zu tragen. Nach einem Ratsbeschluss, der die künstlerische Seite dessen bemängelte aber sich dem „dem Mehrheitswillen der Einwohnerschaft“ verpflichtet fühlte. Ostern des besagten Jahres wurde dem ganzen „grünes Licht“ gegeben! Am 12. Mai 1951 wurde im Beisein der Nachfahren der Stifterin von Donop dieses Werk der Allgemeinheit übergeben. Laut den Angaben, die ich in dem Zusammenhang gefunden habe, ist das hier erkennbare Becken ebenfalls nachträglich zu diesem Zeitpunkt neu gestaltet worden.
Trotz, das der Donopbrunnen seit 1988 las ein Denkmal anerkannt worden ist, gab es 2007 erneut Versuche bei der weiteren Umgestaltung des Marktplatzes (bei dem die Parkplätze dort ersatzlos entfernt wurden) gab es den „letztes Versuch“ (das ungeliebte Geschenk) es „verschwinden“ zu lassen! Bei der dafür erforderlichen Petition bei der Bevölkerung ist diese (wie zu erwarten war) von ihnen kategorisch abgewiesen!!!!!!!
Wie immer kann man für über das Erscheinungsbild unterschiedlicher Meinung sein. Mir gefällt es ausgesprochen gut! Da die Frage bei der Herausforderung was einen selbst Freude macht, kann ich bei diesem Brunnen es auf jeden Fall volle Zustimmung geben! Zuletzt aber ein kleiner Hinweis: auf dem Medaillon, der an dem Rand angebracht worden ist, kann man eine zeitgenössische Darstellung der Erblasserin. Angesichts der Querelen, die damit verbunden waren, hätte sie ggf. diese erahnen können, ob sie weiterhin eine solche Entscheidung getroffen hätte… Das muss eine unbeantwortete Frage bleiben, die sich mir in den Sinn gekommen ist! Wenn man nach Detmold kommen sollte, gehört eine eigene Betrachtung unbedingt dazu! Wenn man es in einem Film so dargestellt hätte, würde man es für unglaubwürdig halten ;-)![verkleinern]