- bestätigt durch Community
- Checkin
- Ausgezeichnete Bewertung
In den letzten Monaten musste ich feststellen, dass alles was mit dem Residenzschloss (Beitrag kommt noch) zu tun hat oder bloß als ein Bestandteil einer Adresse es war, bzw. in den Zuständigkeitsbereich der Schlossverwaltung gehört, sofort (ohne Vorankündigung) gelöscht wird! Musste selbst an der Stelle – einem Skulpturenpaar am Eingang dahin, mehrmals anlegen, weil es nicht dem „Entsprach“, was der Betreiber in Sinn hat! Das könnte ich noch weiter vertiefen, doch es ist mir nicht der Mühe... weiterlesen wert! Nun aber zur eigentlichen Bewertung…
Seit meinem ersten Besuch in Dresden vor über 10 Jahren hat es sich einiges (vor allem im Inneren) geändert. Ehrlich gesagt, wenn man mit einer Reisegesellschaft unterwegs ist, kann man sich eher selten auf solche ausgedehnte Spaziergänge einlassen, als es zuletzt der Fall gewesen ist. Bei der Vielzahl, was in der einstigen Residenzstadt als „Highlight“ angesehen wird und knapper Aufenthaltsdauer, sucht man sich paar „Rosinen“, die einen besonders interessieren. Man denkt schließlich, „Ich komme wieder“, was sich bei uns (was nicht selbstverständlich ist) tatsächlich auch erfüllt hatte! Dieses mal habe ich „reichlich“ viele Entdeckungen gemacht, die ich nach und nach vorstellen möchte! Heute möchte ich ein architektonisches Detail näherbringen, das mich beim ersten „Kontakt“ eher abgeschreckt hatte. Die ganze Zeit ist die Rede von den Argonautenfiguren am Haupteingang zum Schloss. Genau genommen am sog. „Georgenbau“.
Bei einem Gebäude, wie dieses wurde in den Jahrhunderten seit dem 16. Jahrhundert mehrmals Um-, Aus- oder komplett Neugebaut worden, kann man sich auf einer „Spurensuche“ begeben, die hinterher ein anders Bild abgibt, als man es eigentlich gedacht hatte. Das war an der Stelle ebenfalls das gleiche gewesen! Erneut so eine „Ergänzung“, die zwar stilistisch in die Kunstepoche passen könnte, doch es keineswegs tatsächlich es auch ist!
Das Residenzschloss besitzt mehrere Zugänge und dieser liegt wenige Schritte von der Elbe entfernt. Die beiden „Krieger“ sind zu beiden Seiten der Durchfahrt ins Innere, das einst sicherlich von Kutschen durchquert. Dieser war eine Durchquerung in beide Richtungen genutzt. Heute ist, wie die restliche Altstadt auch, für den Privatverkehr gesperrt. Wenden wir uns den beiden Figuren zu: es sind die Gestalten aus der griechischen Sage – Argonauten. Es ist eine muntere Truppe um Jason (aber auch Iason), die sich auf den Weg machten, um das goldene Fließ. Der eifersüchtige Onkel Pelias, der an seiner statt den Thron beanspruchte, hat es zur Bedienung gemacht, dass er auf seine Macht verzichten wird. Das war aber nur eine Ablenkung gewesen, denn dazu war er nicht bereit gewesen. Ihm stand eher der Sinn den Neffen lieber tot als lebendig zu sehen! Bei einer solchen Herausforderung bedürfte es sehr viel Mut, damit es überhaupt gelingen kann. Wie man es kennt, hat Jason das auch in die Tat umgesetzt. Durch viele Irrwege führte sein Weg, doch selbst die scheinbar unlösbare Aufgabe gelang ihm mit der Hilfe von Göttern und seiner späteren Frau Medea.
Bei der vorher erwähnten Gruppe, die je nach Quelle unterschiedlich viele Protagonisten gehabt hatte, sind quasi Abenteurer, die sich auf den Weg machten, um dem „Held“ zu Seite zu stehen und ihn bei der Aufgabe zu unterstützen. Wenn man sich die Geschichte genau anschaut, war er es nicht der einzige, der als solcher bezeichnet werden kann. Die kennantesten unter ihnen sind: Herakles, Telamon und Peleus, sowie Admetos und Meleagros, Theseus und Orpheus. Der Name geht auf das Schiff „Argo“, das sie während ihrer Fahrt zu vielen Orten führen sollte. Eigentlich kann man für jede ihrer Zwischenhalte eine eigene Geschichte herleiten, doch aus meiner Sicht reicht dieser Hintergrund, um sich den dazugehörigen Kontext in Ansätzen zu nähern.
Dies Sage ist eine der Ältesten, die man aus der Frühantike her kennt. Eine der Quellen läßt sich sogar bis 4. Jahrhundert vor unserer Zeit zurückverfolgen. Wenn solche „Vorbilder“ Jahrtausende zurückliegen, dann kann man sich in allen Punkten daran halten oder aber auch, wie es hier der Fall ist, seine eigene Vorstellungen versinnbildlichen. Es ist zwar von den Argonauten die Rede, doch mich erinnern sie eher an mittelalterliche Krieger und nicht solche Gestalten, die aus der besagten (hellenistischen) Ära stammten! Wenn man sich entsprechende altertümliche Werke der Entstehungszeit der Sage als Beispiel vor Augen führt, gibt es kaum Gemeinsamkeiten zwischen diesen!
Das was am meisten abweicht, ist die (männliche) Gesichtsbehaarung: Statt das sie glatt rasiert sind, haben sie einen Bart und / oder Schnauzer. Wenn ich ehrlich sein soll, in der Verbindung mit dem Halm mit seinen Flügeln erinnert es eher an die keltischen Krieger. Beide Figuren sind in ihren Details ein wenig unterschiedlich. Jeder von ihnen wurde (was man am Stein erkennen kann) ergänzt / Restauriert. Durch die Witterungsspuren kann man das bestens nachvollziehen. Sie strotzen durch die Vielzahl ihrer Waffen! In der jeweiligen Hand, die Richtung des anderen und zum Durchlass hin ausgestreckt.
Bei dem linken gibt es deutlich weniger davon, als bei seinem gegenüber. Hier dienen sie definitiv als Attribute. Diese befinden sich vor allem zu seinen Füßen: Standarte mit einem Adleremblem, Helm unter dem Harnisch, an der Seite Pfeile und Bogen. Das Brustschild erscheint mir eher als eine „Zierde“, denn es fängt erst kurz oberhalb der Brust an. Unten drunter blitzt ein wenig vom Kettenhemd hervor. Ebenfalls an dieser Stelle erkennt man, dass die vorher erwähnten Waffen an einem Gurt befestigt wurden.
Sein „Kollege“ erscheint ein wenig martialischer aus, denn seine „Kriegsgeräte“ weisen in eine spätere Zeit, als es zuvor der Fall gewesen ist. Das erfurchteinlüssendste unter ihnen ist sicherlich der Morgenstern und eine ebenfalls mit Zacken versehene Keule. Im Gegensatz zur anderen Figur setzt sich das „Panzer“ aus einzelnen Platten zusammen. Die „Knieschoner“ wurden unterschiedlich gestaltet: mal sind es Bänder, die dort zu sehen sind, beziehungsweise welche (beim rechten) die aus Metall sein könnten. An diesem Bein ist auch sein Schwert angelehnt, das fast so groß ist, wie das vorher erwähnte Körperteil!
Es gibt dennoch einen Verweis auf die Sage der Argonauten: unter der Keule aber erst auf einen weiteren Blick erkennbar (bei mir erst jetzt ;-) ), dass dort das Vlies angedeutet wurde. Vor allem der markante Widderkopf mit seinen Hörnern deutet in diese Richtung! Bei vergleichbaren Stücken aus der Kunstgeschichte, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben, ist es deutlich präsenter als es am Residenzschloss in Dresden der Fall ist! Jede solcher Epochen hatten ihre eigene „Bildersprache“ und hier wird eher auf den Kampf hingewiesen. So kann ich nun zum eigentlich Alter des ganzen kommen: diese Faßade wurde vom Bildhauer Christian Behrens in den Jahren 1899 - 1901 gestaltet. Es gilt als einer der letzten Veränderungen am Schloss, als Sachsen noch ein Königreich gewesen ist. Trotz dessen, was mich sehr erstaunt hatte, dass diese beiden Figuren durch einen Spendenaufruf finanziert worden sind! Wenn man da sein sollte, unbedingt anschauen! Habe selbst sehr lange überlegt, welche Benotung ich insgesamt geben soll. Nach Abwägung erscheinen mir 3 angemessen, auch wenn nicht jeder meine Meinung teilen muss![verkleinern]