18 Local-Reporter haben ihre Eindrücke hier schon zum Besten gegeben. Braucht es da auch noch meinen? So richtig Neues habe ich nicht beizutragen. Dafür könnt ihr erfahren, wie es mir erging.
Die Russen:
Schon wenige Wochen nach dem Mauerfall ließen wir uns von Freunden zu einem Besuch bei deren Verwandtschaft überreden. Die Nähe zu Dresden war Grund genug uns u.a. auch die Publikumsmagnete von Elb-Florenz anzusehen. Dazu gehörte unbedingt die Ruine der Frauenkirche, die damals noch als... weiterlesen
Mahnmal in Trümmern herumlag nicht mit einem Wiederaufbau rechnen konnte.
Direkt davor stand ein offener russischer Geländewagen mit 4 Soldaten. Mein Freund verschwand kurz in der Menge und kehrte mit einem Sixpack Bier wieder zurück. Da er absoluter Antialkoholiker ist, waren wir alle sehr gespannt, was mit dem Hopfengebräu passieren sollte. Er machte sich auf den Weg zu den vier Besatzern und überreichte freundlich lächelnd mit einem gekonnten “nastrovje“ das Bier. Er zerstörte - zumindest bei der Geländewagenbesatzung - damit grundlegend und sicher nachhaltig das Feindbild der jungen Burschen. Das war meine erste persönliche Erinnerung an die Frauenkirche.
Solche Erinnerungen aber brennen sich in das Gedächtnis ein. Wann immer im TV ein Beitrag zur Frauenkirche zu sehen war, sah ich auch die verdutzten, sprachlosen, fragenden, ungläubigen aber auch dankbaren Blicke der 4 Bewacher vor dem geistigen Auge.
Der Besuch:
Eine meiner letzten Reisen nach Dresden war so geplant, dass mir genügend Zeit bleiben sollte, die Frauenkirche nach dem glanzvollen und vollständigen Wiederaufbau zu besuchen. Kameraausrüstung, Wechselobjektive, Stativ und was man vielleicht sonst so gebrauchen könnte. Alles schleppte ich durch die sehenswerte Stadt.Als ich mich dem Ziel näherte, erinnerte rein gar nichts mehr an die russischen Bewacher oder an die Ruine. Auch die Umgebung der Frauenkirche hat sich gewaltig herausgeputzt.
Und schon wieder (oder immer noch??) wird gebaut, was der gut gepolsterte Stadtsäckel hergibt. Und der gibt viel her. Dresden gehört zu den wohlhabendsten Städten Deutschlands.
Es fällt schwer sich nicht doch in Wiederholungen zu ergehen. So bleibt vielleicht ein Wort zu den freiwilligen und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die für Auskünfte, Führungen, Kurzandachten, Seelsorge, Ordneraufgaben und und und zur Verfügung sind.
Noch vor dem Betreten der Kirche stand auf einem großen Hinweisschild der unübersehbare Hinweis, dass Foto und Filmaufnahmen nicht gestattet seien. Der gute Mann daneben ließ auch keine Ausnahme zu, wie ich einer Diskussion entnehmen konnte. Ich übersah den Hinweis und überhörte die Debatte geflissentlich.
Die Kirche zog mich sofort in Ihren Bann. Die prunkvolle Ausstattung verschlägt mir fast den Atem. Viel schon hatte ich im Fernsehen mir von der Frauenkirche angesehen. Das kann aber bei weitem nicht den Eindruck vermitteln, den man erfährt, steht man selbst in diesem Gotteshaus.
Kurz nachdem ich meine Fassung wiedererlangt hatte, bat einer der „Ehrenamtlichen“ um Gehör. Eine Kurzandacht war angesagt. Es folgte abschließend noch einmal die Bitte, dass die Handys doch ausgeschaltet werden und auf das Fotografieren zu verzichten ist. Die Worte waren noch nicht verklungen, als das nächste Handy mit einem rockigen Klingelton auf sich aufmerksam machte und die Blitzerei von etlichen Compakt-Kameras wieder losging. Eigentlich hatte sie niemals richtig aufgehört.
Ich sprach den gut gekleideten Herren an. Nein, eine Ausnahme für mich, weil ich der „Uffnik“ bin, die gab es nicht. Aber: er gab mir die Adresse wo ich –sogar schriftlich- eine offizielle Genehmigung erhalten könnte. Und für heute würde er ja wohl auch ´mal für ein paar Minuten in eine andere Richtung schauen können. Ich möchte aber davon absehen Stativ oder Ähnliches zu gebrauchen. Also aus der Hand.
Ich bedanke mich auch auf diesem Wege für das Wohlwollen und bin sicher, keinen ernsthaft Andächtigen gestört zu haben.
Beim nächsten Mal gibt es wohl vorher etwas Rennerei um die Genehmigung zu erhalten.
Die Besteigung des Turmes musste aber wieder einmal aus Zeitgründen verschoben werden. Man darf gespannt, wann das klappt.
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Der Turm
Wunderbares Altweiber-Sommer-Wetter. Heute nun Dresden auf “eigene Faust” – auf geht´s. All die sehenswerten Würdigkeiten, die bei der gestrigen Stadtführung aus Zeitgründen nur im schnellen Vorbeimarsch eine kurze Erklärung erfuhren, standen nun auf der individuellen Wunschliste.
Ganz oben auf der Liste stand, was ganz nach oben gehört: Die Turmbesteigung der Frauenkirche.
Neben der Eintrittskarte erhält der Besucher auch einen äußerst nützlichen Flyer mit einem 360° Rundblick mit vielen Erklärungen. Aufwärts ging es für die fälligen 8 Euros zunächst bis zur Innenkuppel mit dem Aufzug. Schnell und ohne die geringste Anstrengung kommt man in rund 26 Meter über Grund an. Mehr als 40 Höhenmeter liegen nun vor dem Besucher. Ein paar Treppen und die Turmstürmer gelangen zur Innenkuppel wo sich ein Blick in den Kirchraum anbietet.
Der weitere Weg ist eine relativ steile Schräge entlang der Außenwand der Hauptkuppel. Auffällig waren hier etliche Stellen, an denen der Innenputz abgeschlagen war. Hier existiert offenbar ein Feuchtigkeits-Problem. Auch liegen mehrere Luftentfeuchter herum, die die Schwierigkeiten beseitigen sollen.
Mit jedem Fenster eröffnen sich neue Blickwinkel in das Innere der Kirche und die Kuppel.
Das Ende der “schiefen Ebene” ist erreicht, wenn der Meniskus jammert. Der weitere Aufstieg setzt sich über – zum Teil – recht schmale Treppen fort. Ist man am so genannten Laternenhals angekommen, kringelt sich die letzten fünfeinhalb Meter eine Wendeltreppe hoch bis zur Aussichtsplattform. Mein Foto-Rucksack blieb bei aufrechtem Gang schon einige Male hängen. Dann aber war es geschafft.
Die Plattform war sehr stark frequentiert. Offensichtlich wird nicht so sehr darauf geachtet, wie viele Besucher noch auf der Plattform sind und die Aussicht genießen. Unten klingelt die Kasse und der Aufzug schuftet, was die Drahtseile hergeben, schaufelt ständig neue Touris nach oben. Gedränge und Geschubse sind die Folge, bis man an in die vordere Reihe gelangt. Aber der Ausblick versöhnt dann doch wieder mit der Welt.
Der erste Blick gilt der Elbe, die aus nordöstlicher Richtung an der Dresdner Altstadt im großen Bogen vorbei, ihre Aufwartung macht. Ein wolkenloser Himmel und die besondere Wetterlage macht einen Fernblick möglich. Besonders toll wäre es ohne die ständige Rempelei gewesen.
Fröhliche Farbgestaltung machen Plattenbauten erträglich.
Schwindelfrei sollte man beim direkten Blick nach unten schon sein. Immerhin sind es 67 Meter bis zum Aufschlag.
Und die neue Brückenkonstruktion bekommt man auch zu sehen. Schließlich hat man dem umstrittenen Bau die Aberkennung des Welt-Kultur-Erbe zu verdanken. Ich muß für mich feststellen, daß die Architektur keinesfalls störend ist. Ob es verkehrstechnisch sinnvoll und nötig war, bleibt dahingestelt.
Das Anlegemanöver eines Schaufelraddampfers nimmt meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Es ist die Diesbar, benannt nach einem kleinen sächsischen Weindorf.
Der Blick geht weiter bis in die “Sächsische Schweiz” , dem Elbsandsteingebirge mit den imposanten Tafelbergen. Eine leichte Drehung und man sieht bis ins Erzgebirge. Einfach herrlich, diese Ausblicke.
Die Dresdner nehmen auch Anfang Oktober das nördliche Elbufer noch zum ausgiebigen Sonnenbaden in Beschlag.
Ein kleines Stück weiter bei der Rundwanderung, und Radebeuel bildet den Horizont nach Westen.
Viel näher ist die Augustusbrücke. Sehr deutlich sind noch die “Schleifspuren” des 2002er Hochwassers zu sehen. Auf eine derart gründliche Reinigung können die Dresdner gerne verzichten. Rund 8 Meter über dem normalen Pegel reichten aus, sogar den Zwinger noch kniehoch zu überfluten-
Der Blick über die Dresdner Dächer macht fast atemlos. Der Vergleich mit Florenz drängt sich wirklich auf. Kaum in Worte zu fassen.
Es wird Zeit. Nach unten geht es komplett auf Schusters Rappen. Der Aufzug steht nicht für den Abstieg zur Verfügung.
Ein beeindruckender und höchst informativer Höhentrip. Bei klarem Wetter – und das möglichst noch wochentags – besonders zu empfehlen. Ich war fasziniert und bin noch immer begeistert.[verkleinern]