Kurz vor Weihnachten meide ich normalerweise die Stadt.
Schleiche mich nach der Arbeit in die Supermärkte, um die lebensnotwendigsten Fressalien zu kaufen, eile dann zu meiner Couch und freue mich, diesem Kauf- und Geschenketerror schon seit Jahren abgeschworen und so die Chance zu haben, den "heiligen" Abend ohne nervöse Zuckungen zu erleben.
Auch "bunte Teller" sind in meiner Sippe abgeschafft. Der ganze Süßkram drückt ohnehin nach dem fetttriefenden Weihnachtsmenü auf die Galle. Aber so... weiterlesen
ganz ohne Schoko geht auch nicht. Also muß was von dem Zeug her, nicht viel, aber dafür was besonders feines, was man nicht alle Tage bekommt.
Heinemann-Pralinen. Was sonst.
Am liebsten würde ich sie ja schon im frühen Herbst auf Lager nehmen, aber die Haltbarkeit ist dank der frischen Zutaten arg begrenzt. Und meine Beherrschung auch. Kein Auge brächte ich mehr zu mit dem Wissen, daß diese Köstlichkeit in Reichweite...
Nicht so schlimm. In unserem Kaufhof fristet Heinemann in einer bescheidenen Ecke sein Dasein. Mit freundlichen Verkäuferinnen (warum verkaufen diese Kalorienbomber eigentlich immer nur Frauen?) und einer guten Auswahl.
Leider waren meine geliebten Lebkuchenpralinen aus und ich wurde zum Mutterhaus "Kö" geschickt.
Die ehrwürdigen Hallen waren brechend voll, das war zu erwarten. Wer's mag, kann hier im Gedränge ganz unauffällig mit toten Tieren kuscheln-die "Kö-Klientel" ist vollzählig versammelt.
Und wird auch freundlich bereits am "Empfang"von einer Dame in gestärkter Heinemann-Schürze gefragt "Kann ich Ihnen weiterhelfen"? Macht Sinn; vor allem, wenn man in diesem Riesenangebot was Besonderes sucht und schnell wieder raus will.
Ich wurde nicht gefragt, obwohl ich offensichtlich überfordert rumlungerte und meine Pralinen nicht fand. Nicht schlimm, nur sprechenden Menschen kann geholfen werden.
Also Flucht nach vorn. Ich frage. Nett und höflich.
Das verbindliche Lächeln schwand schnell bei meinem Anblick. Sie tat so, als hätte sie mich nicht gehört und drehte sich demonstrativ um. Als sie wieder guckte, fragte ich noch mal. Stumm wurde mit dem Finger in eine vage Richtung gezeigt. Danke, ein schlichtes "Lebkuchenpralinen auf 2 Uhr" hätte gereicht.
Hm. Lag's an mir? Eigentlich sehe ich doch ziemlich normal aus. Zumindest nicht wie jemand, der sich in dem Laden mit dem Schlachtruf "Pralinen her, aber dilli-dilli!" über die Trüffel schmeißt, sofort anfängt zu fressen und anschließend die noblen Kundentoiletten verunreinigt.
Als ich den Kram endlich gefunden hatte, wurde ich an der Kasse genauso unfreundlich abgefertigt.
Falsche Klamotten? Waren doch eigentlich auch okay. Schließlich kam ich von der Arbeit, und ich arbeite weder im Puff noch als FiftyFifty-Verkäufer. Aber auch nicht als Model im Pelzehaus.
Das ist es, ich habe den Königsallee-Dresscode verletzt. Kein Nerz, keine Brillis, kein Täschchen mit Doppel-C. Wahrscheinlich traute man mir deshalb nicht zu, die teuren Pralinen bezahlen zu können..Hier, im Stammhaus auf der KÖ!
In das ich auch kein Geld mehr tragen werde, beschloß ich, als ich mit der Nobeltüte wieder in mein Reich zurückkehrte. Wenn die Kaufhof-Filiale meine Wunschpralinen nicht mehr hat, dann gibt's eben keine.
Fazit: Trüffel und Pralinen 5 Sterne. Service 0 Sterne.
Willkommen in Düsseldorf auf der Königsallee![verkleinern]