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Ein Mädchen, bzw. Frau, erst recht aus einem "gutem Hause" sollte über Jahrhunderte hinweg sich möglichst "vorteilhaft" (erst Recht, wenn die Aussteuer nicht so üppig hoch gewesen war) präsentieren, um einen geeigneten Ehemann "abzubekommen". Heute klingt das schon schauderhaft, doch es liegt noch gar nicht so lange zurück, dass das im englischen Adel, der hier eine gewisse Rolle spielt, weitgehend weiterhin so praktiziert worden ist. Im 19. Jahrhundert, als Florence Nightingale gelebt hatte(*... weiterlesen
12. Mai 1820 in Florenz, Großherzogtum Toskana - 3. August 1910 in London, England), war es eine bittere Realität, die eine junge Dame vom Rang vor männlicher Bevormundung und ja gar Armut bewahrt hatte. Bei ihr verlief es aber bekanntermaßen ganz anders, deren Weg sie bis ins ferne Kaiserswerth, als es noch nicht zu Düsseldorf gehört hatte, geführt. Ihrem Wirken wird solcher Stellenwert beigemessen, dass seit einigen Jahrzehnten ihre einstige Bildungsstatt ihren Namen trägt! Ein großes Stück Geschichte an einem Stück Rasen zwischen dem Rhein und der Kaiserpfalzruine, wo diese kleine Büste zu finden ist.
Florence Nightingale war, wie ich finde, eine sehr bemerkenswerte Frau, die unbeirrt ihren Weg ging, der nur wenig mit dem zu tun hatte, was ich Anfangs geschildert habe. Sie gehörte zu jener "Sorte" Mensch, die ein angestrebtes Ziel niemals aus den Augen lassen und sich unter keinen Umständen davon abbringen ließ, auch wenn die anderen "Verlockungen" erstrebenswerter erscheinen. Im extrem starken Kontrast galt der Beruf einer Krankenschwester in der Mitte des 19. Jahrhunderts, der nicht nur als "unrein" galt, sondern auch brutal, ja gefährlich angesehen worden ist! Von der katastrophalen hygienischen und sanitären Gegebenheiten ganz zu schweigen! Man sieht schon, es mangelte an der allgemeinen Akzeptanz und vor allem an einer strukturierten Arbeitsweise, bei der der Holzpflock zwischen die Zähne (Sorry, doch Narkosemittel kannte man noch gar nicht...) als einzige Möglichkeit angesehen wurde, die Schmerzen zu ignorieren. Wie passt, so ein zartes Wesen, wie Florence es war, in dieses Bild hinein, das meistens mit alten, hässlichen "Jungfern" in Verbindung gebracht wurde, die höchstens notgedrungen diesen Weg aus finanziellen Gründen (Mangels Alternativen) ergriffen hatten.
Statt dieser Tätigkeit wurde von ihren (sehr gebildeten) Eltern vorgeschlagen, dass sie auf Reisen gehen soll, um auf andere Gedanken zu kommen. Das war jedenfalls so geplant, doch während der Reisen durch Europa und Ägypten reifte der Entschluss um so stärker, dass Miss Nightingale nur noch eins wollte: eine Ausbildung als Krankenschwester! Nicht mal die privilegierte Stellung, die eine solche Unternehmung in der Mitte des 19. Jahrhunderts überhaupt gewesen ist, vermochten etwas daran zu ändern!
Mit 17 wurde dann der Weg angepeilt, den sie viele Jahrzehnte ausüben sollte - Krankenschwester. Damit das überhaupt möglich war, wurde sie durch ihre Eltern mit einer großzügigen "Lebensrente" bedacht. Hinzu kam, dass sie die Erlaubnis erhielt ihrer "Berufung" dorthin zu folgen. Auch, wenn bezüglich der Zustimmung hinterher die Meinungen zum Teil auseinandergehen, doch in etwa dem vorher erwähnten Alter durfte sie gezielt "über die Schulter schauen"!
Eine solche Ausbildung, wie sie allen Seiten vorschwebte, war nicht überall möglich gewesen: 1851 wurde sie beim evangelischem Pastor Theodor Fliedner vorstellig, denn sie entsprach den neuesten Methoden, wo der Mensch stets nach besten "Wissen und Gewissen" zu behandeln war. Die praktischen Grundlagen führten sie indes nach Paris, wo sie im (heute ökumenisch geführten) Konvent der "Barmherzigen Schwestern" erstmals als Krankenschwester tätig gewesen war. Wenn ich es richtig verstanden habe, handelte es sich um eine Art "Praktikum" währenddessen sie weiterhin die neuesten Behandlungsweisen kennenlernen konnte.
Nach London zurückgekehrt, hat sie den Weg gewählt, der von den meistens ledigen Frauen (eher gesagt "Fräulein"..., weil sie unverheiratet blieb) als einziger blieb: sie verdingte sich als eine Gouvernante. Doch 1854 sollte sich das erneut ändern: gegen den Willen ihrer Familie verpflichtete sie sich als Pflegerin im gerade beginnendem Krimkrieg zu sein.
Noch bevor ich mich mit der Geschichte der Region zu interessieren begann, habe ich mich gewundert, wieso es eine Institution in Düsseldorf gibt, der ihren Namen trägt. Das war irgendwann klar geworden, doch anscheinend hat ihr Wirken im fernen London um so mehr für Aufsehen gesorgt. Einst habe ich eine Darstellung gesehen, bei der Florence eine Laterne in der Hand trug und es dabei hieß, dass dies mit ihrer Arbeit eng verbunden gewesen war. So ganz ohne Internet war es nicht gänzlich klar geworden, welche Bewandtnis es damit hat. Erst recht bei einem Museum, das sogar nach Florence Nightingale benannt worden war!
Es ist eine Szene aus ihren Leben, wo sie ihr besonderes Einfühlungsvermögen gezeigt hatte. Bei dem Krimkrieg, bei dem neben England Frankreich und Osmanisches Reich (oder hieß es doch schon Türkei?! - "nagelt" mich nicht darauf fest...) gegen Russland gekämpft hatten. Diese Kämpfe sind in die Annalen eingegangen, weil sie eine der ersten gewesen sind, die im Großindustriellen Maßstab ausgeführt worden sind. Es war der erste Stellungskrieg der Moderne, der sehr viele Verletzte und Tote forderte. Doch was um so mehr Entrüstung bei den alliierten sorgte, dass es nicht nur ausschließlich auf dem Kampfplatz geschehen ist, sondern durch die mangelnde Ausrüstung im Lazarett. Für die schweren Verwundungen, die die damals modernen Waffen verursacht haben, gab es nicht die Mittel, die dem ganzen entgegengesetzt werden konnten. Das führte zu Folgeerkrankungen, schlimmstenfalls bis zum Tod!
Im Gegensatz zu den Truppen aus Frankreich und sogar Russland waren weder Ärzte, geschweige denn Pflegekräfte neben den Kampfschauplätzen bei den Osmanen, sowie den Engländern nicht üblich gewesen! Die wenigen Personen, die zu dem Zeitpunkt sich freiwillig gestellt haben, waren der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein! Wenn selbst die Londoner "Times" sich bestürzt über diesen Zustand zeigte und sie als >>primitiv>> bezeichnet, ist man schon froh, in einer recht friedlichen Zeit zu leben.
Übereinstimmend wurde festgestellt: so durfte es nicht weiter bleiben. Für ihre Tüchtigkeit bekannte Nightingale wurde schnell für die Koordination der Helfer vorgeschlagen. Zu ihren Aufgaben gehörten die Ausbildung der Pflegekräfte, aber auch weiterhin die "geistige" Betreuung der Verwundeten. Reichlich Verantwortung für eine einzelne Person. Da müsste der Tag mehr als nur die 24 h haben. Früher, als in einem Lazarett elektrische Beleuchtung keine Selbstverständlichkeit war, war man auf einfachere Lichtquellen angewiesen. So entstand das Bild von Florence als "Lady with the lamp" (Dame mit der Lampe), der fortan als ihr Beiname angesehen wurde.
Sie beugt sich über einen Verwunderten, um nach dem "Rechten" zu schauen. Es ist eine kräftezehrende Belastung, die nicht an ihr spurlos vorübergegangen ist. Hinzu kommt noch, dass sie aufgrund eines Fürsprechers, des damaligen Verteidigungsministers Sidney Herbert erhalten hatte. Das machte sie um so mehr angreifbar gegenüber den männlichen Militärangehörigen, die weiblichen Pflegekräften sehr negativ gegenüber standen. Es waren nicht nur die allgemeinen Vorurteile dem Geschlecht gegenüber, sondern eine offene Feindseligkeit in Bezug auf deren Qualifikation und die Belastbarkeit.
Bevor es aber so weit war, was die Lage vor Ort mehr als prekär: es fehlte an Decken, Nahrung, Betten und vor allem Unterbringungsmöglichkeiten. Man kann es "Bettelbriefe" an den Minister nennen, doch wenn es an allen Ecken und Enden die nötige Ausrüstung fehlt (angefangen bei Nachtgeschirr, über Bettzeug, Eimer bis zu OP-Tischen), dann ist ein Hilferuf an den Freund mehr als Angebracht. Dies führte zu einer Sammelaktion, die durch die Londoner "Times" propagiert wurde.
Ein zupackendes Mädchen, war diese Florence Nightingale: sie bewahrte den Durchblick, organisierte den Ablauf, Einsatz in den einzelnen Bereichen. Nicht nur bei den anderen Krankenschwestern, sondern auch bei den männlichen Kameraden, die zum Teil erst an diese Aufgabe herangeführt werden müssten.
Wer denkt, sie sei dabei selbst völlig abgehoben und fern der Probleme, die sich ergeben haben, bzw. für einfachere Tätigkeiten zu "schade" gewesen, der wird in den über 170 Jahre alten Berichten eines besseren Belehrt. Da ihr die Sauberkeit sehr wichtig gewesen war, hat sich auf für den sanitären Bereich verantwortlich gefühlt, den (wie heute ebenfalls) kaum einer freiwillig putzen würde... doch eigenhändig gereinigt.
Mit der Zeit, wie man es sich denken kann, hat sie sich den nötigen Respekt bei den einfachen Soldaten erworben. Sie haben in ihren Briefen in die Heimat dazu beigetragen, dass sie zu eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte. Das alles, die mehrfache Belastung ging so lange gut, bis... sie selbst fast daran gestorben wäre. Bei einer Grippeepidemie (damals eher unter der Bezeichnung Krim-Fieber bekannt) hat sie sich angesteckt und wäre im Früher 1855 fast daran selbst gestorben. Von dieser bakteriellen Erkrankung hat sie sich zeitlebens nie mehr erholt! Dennoch blieb sie bis zum Ende des Krimkriegs im Jahr 1856 in Scautari, wo sie weiterhin ihrer Arbeit nachging.
Da sie nach ihren Einsatz dort befürchtete, dass sie von der Presse in London zu sehr bedrängt sein würde, hat sie für die Rückfahrt zu einer List gegriffen: Sie hat sich unter einem Pseudonym eingeschifft :-D! Das Leben war schon so aufregend genug. Von der Krankheit eh geschwächt, stand ihr nicht der Sinn nach irgendwelchen "Paparazzi", denn irgendwelche Geschäftsleute haben ihre Popularität dazu genutzt, ihr Konterfei auf Souveniers zu bringen (unter anderen kleine Figürchen und Darstellungen auf Papier). Natürlich wurden diese gewinnbringend veräußert.
Das hatte aber eine andere Seite mit sich gebracht: sie setzte sich bis zu ihren Lebensende als "Botschafterin" gegen die Aufgezählten Mängel im Gesundheitswesen ein. Ihr gelang es sogar nach ihrer Rückkunft eine Audienz bei der Königin Victoria zu bekommen, die sie sogar für eine entsprechende Kommission berufen hatte, diese offensichtlichen Nachteile zu benennen und ggf. zu beseitigen. Später sollte eine vergleichbare Aufhabe sie sogar ins fremde Indien führen, gleichwohl im "Auftrag" der Kaiserin.
Ein langes Leben war ihr vergönnt gewesen, doch das es auch bei der allgemeinen Bevölkerung auch besser geht, hat sich Florence mit den Rahmenbedienungen auseinandergesetzt, damit das überhaupt möglich sein kann. Sie bezog die Lebensumstände - den zur Verfügung stehenden Raum, Nahrung, Hygiene, sowie den körperlichen, aber auch geistigen Zustand eines einzelnen. Sie sah, dass eine Ursache-Wirkung Betrachtung des ganzen der Schlüssel zu einem besseren Leben sind.
Die Grundlagenforschung sollte folglich nicht nur pure Theorie bleiben, sodass die Geldmittel, die in ihrem Namen innerhalb des Krimkrieges gesammelt wurden, lieferten den Grundstock für die 1860 gegründete erste professionelle Krankenschwesternschule in Großbritannien. Es ist erstaunlich, dass es noch heute ein Teil des Londoner King’s College ist.
Für die Menschen aus dem medizinischen Bereich scheint sie weiterhin eine große Bewandtnis: Hanry Dunant hat sich von ihr "inspirieren" lassen, als er das rote Kreuz in der Schweiz gegründet hatte. Ihre über 200 Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt. Die wissenschaftlichen Maßstäbe, die sie an den Tag legte, wie niemand zuvor! Eine Ausnahmeerscheinung in einer Zeit, in der Frauen als nicht "klug genug" galten, um eine Medizinerdlaufbahn auf sich nehmen zu können. Das blieb ihnen sogar lange verwahrt.... Das am Rande erwähnt.
Die Erfahrung zwischen Leben, Krankheit und Tod hat Florence sehr stark geprägt. Zeitlebens hat sie eine ausgesprochene Furcht besessen haben, dass ihr gesundheitlich etwas schlimmes passieren könnte, in dessen Folge sie auch das Zeitliche vorzeitig beendet sein könnte. Das hat sich im Nachhinein nicht bewahrheitet. Sie ist friedlich eingeschlafen im einem gesegneten Alter von 90 Jahren am 13. August 1910 in London.
Diese Pionierin hat an 2 Orten ihre Spuren hinterlassen und Kaiserswerth ist das, was man sich in Deutschland merken sollte. Diese kleine Büste ist aber weit von den nach ihr benannten Kliniken entfernt. Sie ist als einzige Frau zwischen einigen Männern zu finden. Die Darstellung zeigt sie in etwa in dem Alter, als sie im Krimkrieg ihren "Mann" gestanden hatte. Die anderen Bilder, die man hier sehen kann, habe ich im Pflegemuseum fotografiert, in dem ihr zu Ehren ein Teilbereich gewidmet ist. Dazu mehr an der passenden Stelle.
Bei der Büste, die man am Rheinufer bewundern kann, handelt es sich, wie ich erst im Rahmen der Recherchen zu diesem Beitrag herausfand, ist eine Kopie eines Werks des Bildhauers Sir John Steell, die in der Nationalgalerie in London zu finden ist. Dieses Werk wurde von der britischen Gemeinde in Kaiserswerth gestiftet. Sie soll an ihre Verdienste in der zivilen und militärischen Pflege erinnern, die sie nachhaltig beeinflusst hatte. Nun auch bebildert :-)!
An der Stelle, kann man diese Basaltbüste seit dem 25.Januar 1959 sehen. Es ist eine sehr reduzierte Darstellung mit der markanten Haube, Mantel und in locken gelegten Harren. Erneut eine lange Abhandlung, doch das war mehr als überfällig und weil ich einer mir persönlich bekannten Krankenschwester es bereits vor etlichen Jahren versprochen habe! Nun kann ich dieses an der Stelle einlösen! Nun, kennt ihr auch diese Engländerin am Rhein, die zwei so unterschiedliche Länder miteinander verbindet.[verkleinern]
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