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Es gibt Menschen, die von der Kirche offiziell nie als „Heilige“ anerkannt wurden und dennoch von den Gläubigen bis heute (aus verschiedenen Gründen) in der Not angerufen werden. Einer von ihnen ist der aus Montpellier stammende Rochus. Das was bei dem vor wenigen Monaten vorgestellten Franz von Assisi zu einem Zerwürfnis führte, wurde zum Letzten Willen des sterbenden Vaters des anderen: die Nächstenliebe. Von der Geburt an, galt der Junge als etwas besonderes, denn durch ein Muttermal (was... weiterlesen sonst im Mittelalter eher negativ gedeutet wurde) wurde er als solcher „gekennzeichnet“.
Über die Vita von Rochus gibt mehr Legenden, als „belegbare Tatsachen“. Nicht mal ein genaues Geburtsdatum ist überliefert worden. Das war im 13. / 14. Jahrhundert aber auch selten der Fall gewesen. Selbst jene Hinweise, die über ihn im Netz zu finden sind, weichen mehrere Jahrzehnte von einander, sodass ich diese völlig außen vor lasse! Seine Eltern kamen aus sehr wohlhabenden Familien. Seine Mutter Liberia stamme aus der italienischen Lombardei und Jean Roch de la Croix war ein Adeliger in einer hohen Position, die er aber sehr gewissenhaft ausgeführt hatte. Die Ehe der beiden blieb sehr lange kinderlos. Da sie beide sehr religiös gewesen sind, baten sie um Gnade, dass ihr sehnlichster Wunsch sich erfüllen möge. Dieser wurde dann auch erhört. Irgendwann in den Wirren des 100-jährigen Krieges soll es dann geschehen sein. Laut einer Überlieferung gab es ein weiteres Zeichen, dass das Baby etwas besonderes sei: auf der Brust zeichnete sich ein Kreuzzeichen. Für die frommen Katholiken ein zusätzlicher Ansporn ihn gute Erziehung zukommen zu lassen, als auch zu einem Menschen, der sich nicht von materiellen Objekten blenden ließ, sondern dadurch anderen helfen sollte. Das war auch der Ratschlag seines Vaters, als dieser, wie die Mutter zuvor an den Pestepidemien verstorben sind. Mit knapp 17 Jahren war Rochus auf sich selbst gestellt. Es hat nicht lange gedauert, bis er das ganze Erbe an die Bedürftigen verschenkt hatte.
Eine weitere Parallele, die ihn mit Franziskus verbindet, dass auch er einem Orden, der Dominikaner eingetreten ist. Bevor es so weit gewesen ist, hat er bereits dort eine gewisse Bildung erfahren. Eigentlich wollte Rochus Medicus werden, das hat er auch studiert aber auch dafür hat er kein Geld genommen. Drei Monate lang hat er in Viterbo die Kranken versorgt. Es gibt mehrere Berichte darüber, dass jene, die er Pflegte, bald darauf genasen, ohne die „Nebenwirkungen“, die sonst damit verbunden waren. Eigentlich wollte er danach nach Hause zurückkehren aber es kam anders. In Cesena ist danach die Krankheit ausgebrochen, sodass auch dort sich das erwähnte wiederholte. Dabei erkannte er, dass ihn sein Weg (mit Jesus) nach Rom führen wird, um dort zu den Gräbern der beiden Märtyrern Petrus und Paulus zu pilgern.
Der junge Mönch war auf seiner „Wanderung“ ein einfacher Pilger mit Hut und Pilgerstab. Er nahm (wie es bei den Bettelorden „üblich ist) keinen Proviant mit, sondern gab sich mit dem Zufrieden, was ihm als Wegzehrung gegeben wurde. Seine Unterkunft war keine Herberge, sondern auch hier zeigte sich, dass er „genügsam“ im Leben war. Die armen nahmen ihn auf und teilten das was sie selbst „entbehren“ konnten. Da heißt es, dass es ihnen dennoch nicht zum „Nachteil“ werden sollte, sondern das es an einer anderen Stelle zu ihrem Vorteil werden ließ.
Im 13. / 14. Jahrhundert sind mehrere Pestepidemien ausgebrochen, wenn es in einem Ort / Region schon beendet schien, passierte es öfter, dass es an einer anderen um so schlimmer „wütete“. Rochus erreichte eine Solche „Kunde“ als noch in der Lombardei (Norditalien) unterwegs gewesen war. Es zeigte sich, dass keine geringere als sein Pilgerziel es getroffen hatte. Im Laufe des Wegs, je näher er an jene Orte gelangte, wo die Seuche keinen „verschonte“, desto mehr Menschen begegnete er, die davor geflohen waren. Manche unter ihnen hielten Rochus für leichtsinnig, gar verrückt! Sie wollten ihn dazu bewegen, nicht den gewählten Weg fortzufahren, sondern wie sie umzukehren! Die „Versuchung“ war groß, doch als ihn die letzten Worte seines Vaters in den Sinn kamen, desto stärker wurde das Verlangen, dem anvisierten Ziel „entgegenzustreben“. Man merkte den anderen, dass sie in Eile, ja sogar in Panik aufgebrochen sind. Sie wollten mit ihren Einwänden den jungen Mann vor solchem „Unheil“ bewahren! An seinem Vorhaben konnte keiner „rütteln“, sodass er sich weiter für jene einsetzte, die seine Hilfe, Zuwendung benötigt hatten.
Bei einem so langen Weg muss es sicherlich mehrere Monate gedauert haben, bis Rochus dann tatsächlich Rom erreicht hatte. Eine der wenigen verbürgten / belegbaren Eckpunkte ist, dass sein erstes Ziel das „Hospiz Santo Spirito“ (heute Hotel) gewesen ist. Ohne Standesunterschied (sogar ein Kardinal soll sich darunter befunden haben) versorgte er erneut die Kranken ohne auf eigenen Vorteil bedacht zu sein. Jener Geistliche soll ihm dadurch bekundet haben, dass das Paradies nach dem Tode sicher sei und er mit seiner „Hingabe“ das auch erwarten kann. Das haben auch andere Kirchenmänner ebenfalls so gesehen.
Circa zwei Jahre später, als die Epidemie zu Ende war, hat sich Rochus auf den Heimweg aufgemacht. Unterwegs als er in Piacenza halt gemacht hatte, hat er erneut um Pestkranke gekümmert. Dieses mal aber ohne sich um seine eigene Gesundheit zu kümmern. Es kam wie es kommen musste: er hatte sich während dessen bei einem der beiden Männer, die er pflegte angesteckt. An der Stelle im Spital, wo er einige Jahre zuvor den Menschen so aufopferungsvoll und ohne Leistung geholfen hatte, wies ihn fort! Es wird vermutet, dass worauf er verzichtet hatte, der ausschlagende Punkt dafür gewesen ist: seine Armut und das er die entstandenen Kosten erst gar nicht bezahlen könnte!
Auf sich alleine gestellt, siedelte er in einer kleinen Holzhütte in einem nahen Wald. Eigentlich hat Rochus sich damit abgefunden, dass er dort sterben wird und seine Tage längst „gezählt“ sind. Dennoch kam es anders! So wird berichtet, dass unerwartet unweit seiner Behausung eine Quelle zu sprudeln begann, an der er seinen Durst stillen konnte. Zusätzlich wurde ihn ein (himmlischer) Helfer zur Seite gestellt: jeden Tag brachte ein Hund ihm Brot zu essen. Aus heutiger Sicht ist es eine unangenehme Vorstellung von einem solchen Tier die Pestbeulen lecken zu lassen aber es soll geholfen haben. Erst wesentlich später kam heraus wer der Wohltäter gewesen ist: der Edelmann Gothard Pallastrelli hat seinen Jagdhund dazu benutzt, seinem Vorbild in der Not zu helfen! Dieser, so heißt es, wurde später ein Ordensmann, der wie er sich für die Belange der Armen einsetzte.
Nachdem eine Weile verstrichen war, wurde ein weiterer Himmelsbote geschickt, der ihn dann heilte. Nun konnte der genesene seine Rückreise antreten. Dennoch weit sollte er nicht kommen! Im Mittelalter waren kriegerische Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten „Parteien“ eine „Maßnahme“ darauf zu „vertrauen“, dass sie entweder auf dem Schlachtfeld ums Leben kommen oder sie auf diese Art besiegen konnte. Wenn auf eine unbeteiligte Person zufällig „dazwischen gerät“, kann es für diese zu einer „Schicksalsbegegnung“ werden: das ist eben Rochus widerfahren, was sehr negative Konsequenzen nach sich zog! Zu der Zeit gab es eine Rivalität zwischen dem Papst und dem Herzog von Mailand. Da die Straße ab der Grenze sehr stark bewacht wurde, wurde der Mönch „aufgegriffen“ und aufgrund dessen der Spionage (ja sogar damals ging man von solchen „Verbrechen“ aus) bezichtigt. Die nächsten Jahre gab es nur karge Kost im “Knast“ von Voghera. Dort sollte er bis zu seinem frühen Tod, fünf Jahre dauern! Durch diese Beharrlichkeit zeigt sich eine weiter Eingenschaft, die Rochus besessen hatte: „Gottergebenheit“. Die von ihm gewählte „Anonymität“ als Pilger könnte er zugunsten eines vorteilhaften Lebens tauschen, was er aber bekanntlich nicht gemacht hatte!
Die Anfangs erwähnte privilegierte Stellung könnte ihn von der langen Kerkerhaft verschonen! Erst auf dem Sterbebett hat er seine Identität offenbart: kein geringerer als sein Onkel war der Stadthalter eben dieses Ortes, in dem es Rochus zuteil wurde! Eben durch jenen Muttermal wurde er von jenem als der Neffe erkannt. Dieses Kreuzzeichen soll sehr wunderschön gewesen sein und zugleich ein Zeichen für seine Liebe für den Nächsten und einer bewundernswerten Gelassenheit auf das was kommen mag, ohne sich darüber in irgendeiner Weise darüber zu beklagen! Das macht ihn bis heute zu einem der beliebtesten „Heiligen“ überhaupt! Durch die aufgezählten Eigenschaften ist er schon sehr früh als ein Fürsprecher der Pestkranken gewesen. Die ältesten Darstellungen von ihm, die ich kenne, kann man bereits wenige Jahre nach seinem Ableben (vor allem in Frankreich und Italien) vorfinden. Nachdem die sterblichen „Überreste“ nach Venedig gelangt sind, entstand 1485 die erste Kapelle, die nach ihm benannt wurde, die noch heute diese Bezeichnung inne behalten hatte.
Rochus wird in der Regel als ein Pilger dargestellt: mit einem Stab in der Hand und einem Hut auf dem Kopf. Häufig, wie bei dieser Darstellung wird die Figur von einem Hund oder eher seltener von einem Engel begleitet. Es ist eine weitere Arbeit des Düsseldorfer Bildhauers Bernd Gerresheim (heute weiterhin als 85 jähriger als solcher tätig!). Sie kann man vor der Ruine und dem Neubau, die diesem Heiligem geweiht ist. Den Angaben zufolge, die mir vorliegen, wurde sie in den Jahre 2001-02 geschaffen. In dem Bereich gibt es einen andere Skulptur auf der anderen Seite der katholischen Kirche. Da sie mir aber deutlich weniger gefällt als diese, möchte ich es bei deren Erwähnung belassen.
Die Skulpturengruppe setzt sich aus mehreren Teilen zusammen: dem als Pilger erkennbaren Rochus und etwas weiter entfernt einem Hund. Was ein wenig eine „Auslegung“ der Legende zu deuten ist, dass dem Tier ein Baguette! in die Schnauze gelegt wurde und kein Laib… Witzig finde ich es dennoch :-). Ein weiteres Detail, der meine Aufmerksamkeit erregt hatte, ist, dass jene Sachen auf der rechten Seite seine Attribute seines Wegs zu erkennen sind. Im Gegensatz zu den Darstellungen in den Kirchen erscheint mir diese aber eine Interpretation des Künstlers zu sein: ein Mann auf dem Weg und der Heiligenschein, teure Kleider, Arztutensilien und die Engelsflügel liegen abseits des ganzen, als ob sie mit der besagten Person nichts zu tun hätten!
Eine weitere „Eigenart“ von Bert Gerresheim ist, dass seine Skulpturen deutliche „Spuren“, die an Wunden erinnern, aufweisen. Beim Rochus ist das weniger „ausgeprägt“ als bei Hl. Jan Nepomuk in der Altstadt oder einigen anderen, die ich noch nicht vorgestellt habe. Hier ist es lediglich der Arm, der ein wenig „deformiert“ erscheint. Habe mir die Gruppe vor kurzem erneut angeschaut. Sie gehört zwar nicht zu meinen Favoriten aber sehr gute 4 Sterne möchte ich ihr dennoch geben. Leider habe ich keine Hintergrundinfos wieso es einen Bezug auf die Pilgerfahrt nach Rom nimmt, wenn es eine Darstellung des gesamten Lebens von ihm sein soll?! Wie so oft liegt es anscheinend im Auge des Betrachters...[verkleinern]