Kurz und bündig im neuen Stil:
Gut sortiertes Kaufhaus der gehobenen Sorte mit großer Auswahl an Designerkleidung, aber auch "Young Fashion" für die anspruchsvollen Teens von heute. Bezahlbarere Labels sind ebenfalls erhältlich. Personal ist leider nicht immer freundlich.
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Version für Anekdötchesfreunde;-)
In jedem Leben gibt es wohl Anlässe, zu... weiterlesen denen "vernünftige" Klamotten sein müssen. Vernünftig in dem Sinne, daß es nicht reicht, die Standardplünnen mit einem Seidenschal zu veredeln. Oder mal eben eine Perlenkette drüber zu schmeißen.
Und es gibt Leute, die jederzeit auf Anhieb so einen gesellschaftsfähigen Fummel aus ihrem gutsortierten Kleiderschrank zaubern können; immer frisch gereinigt und makellos für den Einsatz bereit.
Zu denen gehöre ich leider nicht. Mein riesiger Schrank ist zwar gestopft voll mit Zeug, aber ich hab nie was zum Anziehen. Zumindest kaum was für Ereignisse der Kategorie "Den ersten Eindruck versemmeln ist eine nie wieder gutzumachende Todsünde, also ziehe alle Register". Wie ein mündliches Examen zum Beispiel. Ein hochwichtiges, das über die gesamte berufliche Zukunft entscheidet.
So was hatte ich vor mir. Und in den gefühlten 1000 Jahren der Vorbereitung absolut keinen Kopf für Stylingfragen.
Und so drei Tage vor dem "E-Day" wurden mir zwei Dinge schlagartig klar:
1. Ich hatte keine Chance, das Ding zu bestehen. Null. Nada. Niente.
2. Ich hatte nichts anzuziehen.
Letzteres entsetzte mich fast mehr als ersteres, denn damit hatte ich mich eigentlich schon abgefunden-ich konnte einfach nicht mehr und wollte den Kram nur noch hinter mich bringen, mit oder ohne Titel.
Aber wenn ich schon versagen würde-dann wenigstens stilvoll. Mit gerecktem Kinn. Der Prüfungsausschuß sollte mich wenigstens nicht auch noch optisch in negativer Erinnerung behalten. Die Unangreifbarkeit der Kanzlerin, gepaart mit der Eleganz einer Tippi Hedren-so was schwebte mir vor. Theoretisch.
Hatte bei der letzten Prüfung schon nicht funktioniert. Das Geräusch, das meine Hose verursachte, als sie am Hintern riß, hat mich noch lange in Alpträumen verfolgt. Da war ich allerdings schriftlich so gut vorzensiert, daß ich nicht mehr durchfallen konnte, ohne die Prüfer als Hackfressen zu titulieren. Dieses Polster hatte ich aber diesmal nicht zur Verfügung-im Gegenteil.
Meinen "Zwirn für alle Fälle", ewig nicht gebraucht, fand ich zerknüllt am Schrankboden vor. Ein Knopf war ab. Und zu weit war er inzwischen auch.
Ergo: Ein neuer Anzug mußte her. Und zwar schnell. Dezent, gut geschnitten. Und eine seriöse Hemdbluse. Bloß nicht in Weiß. Weiß kann ich nicht. Da habe ich nach ca.30 Sekunden Tragezeit Make-Up-Ränder am Kragen. Auch ohne Make-Up und mit frisch geschrubbtem Hals.
Aber woher auf die Schnelle nehmen?
Pumpen? Mein Ex hat dergleichen immer lässig mit einem Telefonanruf bei seinem Kumpel gemeistert:"Ich bin's. Kann ich gleich mal rüberkommen und mir deinen Pinkelmann holen? Hab morgen ein Vorstellungsgespräch."
Leider auch Fehlanzeige. Die Freundin, die so was im Schrank hat, ist eine ganze Ecke größer als ich. Aber raten mußte sie mir trotzdem.
"Geh doch nach Peek & Cloppenburg, da findest du was."
"Peunnzeh? Da muß ich ja vorher noch 'n Kredit aufnehmen. Aber egal, dann verarme ich eben zusätzlich auch noch. Kommt's jetzt auch nicht mehr drauf an."
Ich schlich also Richtung Schadowstraße und äugte erst mal in andere Läden; in der Hoffnung, vielleicht bei H&M oder C&A zufällig einen dezenten, gut geschnittenen Anzug aus feinem Zwirn günstig abgreifen und den zu befürchtenden Offenbarungseid bei P&C umgehen zu können. Aber in solchen Situationen gibt es natürlich keine Wunder. Auch bei Karstadt und Kaufhof nicht. Also war teuer angesagt; es führte kein Weg dran vorbei.
Vor der Tür stand natürlich Security-breitbeinig, finstergesichtig. Aber wider Erwarten wurde ich nicht mit den Worten "Stop! Die Toiletten sind nur für unsere Kunden!" aufgehalten und durfte passieren.
Ja, das war schon was anderes als die Kruschtläden, in denen ich mich vorher meist mit meinem Zeug versorgt hatte. Helle, großzügige Räumlichkeiten auf 6 Etagen. Sehr dezente, kaum hörbare musikalische Untermalung. Kein Zwillingsbuggy-Hindernislauf. Kein Kindergeschrei. Kein Tussengeschwätz à la New Yorker. Keine Schweißgerüche aus den Umkleiden. Leider auch keine "Sale"-Schilder in Sternform und quietschorange.
Stattdessen Wohlgerüche nach teurem Puder und teurem Leder. Krokotaschen. Viel Platinblond. Und Pelze. Gedämpfte Geräuschkulisse. Noblesse oblige.
An Plünnen wurde so ziemlich alles geboten, was das Herz des solventen Kunden begehrt. Nahezu alle Nobelmarken waren vertreten. Ehrfürchtig berührte ich einen Anzug von Max Mara. Der hätte gepaßt; das sah ich auf Anhieb. Und so ein schönes Stöffchen. Der wollte zu mir; schmiegte sich förmlich in meine Hand. Zum Äußersten entschlossen suchte und fand ich das Preisschild.
Im Film werden solche Szenen immer mit schmachtender Musik untermalt, die dann plötzlich mit dem widerlichen Kreischen eines Plattenspieler-Scratchings endet.
Aus der Traum.
Auch Marc Cain hätte mein Problem lösen können. Theoretisch.
Nachdem mich noch verschiedene Preisschilder unheilig erschauern ließen (für den Preis eines Burberry-Trenchs hätte ich locker einen Asien-Flug bichen können..), hatte ich keine Lust mehr und suchte Verkaufspersonal. Viel gab es davon nicht und wirklich ansprechbar wirkte es auch nicht. Aber darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen, schnappte mir eine und schilderte mein Problem in Sachen Anzug. Ließ dabei natürlich auch das Hauptproblem durchblicken, nämlich daß ich eher ein KoK (Kunde ohne Kohle) war.
"Tja. Schauen sie einfach mal durch, sie finden bestimmt noch was." Danke. Das war hilfreich.
Bar jeder Hoffnung durchfräste ich alle bekannten und unbekannten Labelständer, probierte vieles an-es war zum Verzweifeln. Hosen zu lang. Was unten paßte, war oben zu weit und umgekehrt. Kein Blazer saß vernünftig. Ich verfluchte den Tag, an dem ich mich für diesen Prüfungskrempel entschieden hatte, anstatt Ornithologie zu studieren oderzur Not einfach im Uerige die Toiletten abzuledern.
Der Anzug, der dann nach einer gefühlten Ewigkeit endlich paßte, war zwar relativ teuer, aber immerhin erschwinglich, verglichen mit dem Traum von Mara. Und ein guter Hosenanzug ist eben nie billig-das hab ich an dem Tag gelernt.
Ja, fündig wird man bei P&C. Sofort, wenn man gut bei Kasse ist. Ansonsten muß man halt etwas länger suchen-aber die Chancen, hier eine Kutte für bessere Gelegenheiten zu finden, sind wesentlich besser als in den einschlägigen Kaufhäusern.
Seit die Prüfung überstanden ist, kehre ich -alleine schon aus nostalgischen Gründen-ganz gerne mal hier ein und checke ohne Beschaffungsdruck, was es so alles gibt. Und siehe da! Man kann sogar bei den höherpreisigen Klamotten mal ein reduziertes Schnäppchen abgreifen. Selbst für den KoK gibt es die preiswerteren "Hausmarken", gleich im Erdgeschoß. Strategisch günstig gelegen, damit der Pöbel sich nicht in die höher gelegenen Separées mit den richtig teuren Fummeln verläuft;-)
Die Sachen sind von recht guter Qualität. Keine Angst also vor P&C.
Den unter so harten Bedingungen erworbenen Prüfungszwirn habe ich immer noch. Und damit ich nie wieder in so ein Dilemma gerate, inzwischen auch noch Ersatzteile.
Wenn der nächste Einsatz kommt, muß ich nur in den Schrank greifen.
Andererseits hab ich vorhin mal wieder ein zerknülltes Bündel in der hinteren Ecke desselben gesehen...[verkleinern]