Kurzfassung: Kaffee und Kuchen (vom feinsten) und durchgehend warme Küche bis 21 Uhr, Ferienwohnungen und Hotelzimmer, sehr rustikal, Hervorzuheben die Wandmalereien im Innern, Biergarten, freundliche aufmerksame Bedienung
Denke ich an die Heide in der Nacht, bin ich um das Schaf gebracht. Oder so. Nach einer längeren Wanderung waren die Füße etwa so platt wie Wahlkampfversprechen, der Hunger so groß wie der Kilimandscharo und der Durst entsprach dem eines Kamels nach vierzehn Tagen durch... weiterlesen den Schott el Dscherid. Dort wurde übrigens für die Star Wars Trilogie gedreht. Hier in der Heide hätte das auch doof ausgesehen.
Aber das nur am Rande. Wo war ich? Ach ja, in der Heide. Am Parkplatz flogen die Wanderschuhe nur so ins Auto und mit der Golocal-App fand sich doch tatsächlich ein Cafe hier in unmittelbarer Nähe. Nämlich dieses. Gemäß dem Motto: „Wo schon welche sind, kann es so schlecht nicht sein.“ ging es hinein. Na, nicht ganz.
Der Biergarten kurz hinter dem Eingang lud ein. Etliche Tische, sonnenbeschirmt beziehungsweise unter dem Blätterdach von Bäumen, dazu dunkle Vierer-Tische, einige Wärmedecken für Frostköttel und endlich mal nicht diese stilbrechenden Plaste-und-Elaste-Stühle in weiß, sondern welche aus Holz. Ihr wisst schon, dieses Dingszeug, das in Bäumen drin ist.
Beim Hinsetzen dachte ich noch: Oh, das kann jetzt dauern, denn eine Bedienung war nicht in Sicht. Die letzte Gedankenwolken waberte gerade noch umher, schon blies sie die wie ein Wirbelwind heranbrausende weibliche Bedienung hinweg und fragte nach unserem Begehr. Zwei Karten wären schon mal ein guter Anfang, fand ich, worauf die Dame sich sofort entschuldigte und beinahe mit einem Hechtsprung von einem anderen Tisch zuerst die eine und mit einem weiteren Hüpfer schließlich die zweite Karte zu Tisch beförderte. Das hat höchstens fünf Sekunden gedauert.
Die Karte machte auf sehr übersichtlich und und enthielt wohl etwas für jeden Gaumen. Am liebsten hätte ich alter Knauser den Räuberteller bestellt, der kostet nichts. Aber dafür hätte ich 40 Jahre jünger sein müssen. Das konnte ich nicht mal vortäuschen. Also blieb ich bei einem Wort namens Grützwurst hängen, genauer gesagt an „Heidjer Grützwurst“ mit Bratkartoffeln und Apfelkompott. Mit knapp elf Euro im unteren Preissegment der Karte. Meine Begleitung wählte einen Salat mit Putenbrust.
Ich bestellte, verschwand dann kurz zu der hiesigen Kachelausstellung, die gut ausgeschildert war. Der Besuch verlief ohne erwähnenswerte Besonderheiten, was ja in manchen Lokalitäten leider nicht so ist. Wieder auf dem Rückweg ging’s vorbei an einer mit unsagbaren Köstlichkeiten gefüllten Kuchentheke - lauter augenscheinlich handgebackene Unikate von Käse-Sahne-Torte, Obstkuchen und Mohn lauerten dort arglosen Wanderern auf. Hätte ich die schon vorher gesehen, wäre meine Bestellung vielleicht anders gelaufen, dachte ich.
Das Essen kam schon nach etwa zehn Minuten.
Wer zum ersten Mal Grützwurst sieht, möchte vielleicht doch lieber den Blick abwenden, zu sehr drängen sich doch Vorstellungen von bereits einmal Gegessenem auf, ähnlich wie bei Labskaus.
Doch weit gefehlt: Grützwurst ist eine Mischung aus zerhacktem Tier und eben Grütze, dazu Brühe und ordentlich Gewürz, etwa Piment, Salz und Pfeffer. In diesem Fall handelt es sich bei dem Tier um Heidschnucken und nach der Konsistenz zu urteilen, habe ich nicht das Horn erwischt. Das Ganze landet in einem ausgerechnet bräunlichem Häufchen auf dem Teller, was gewissermaßen als Tarnung für den ausgezeichneten Geschmack gelten muss. Erwähnte ich schon, dass Fett ein guter Geschmacksträger ist ;-) Dazu gab’s ein Schälchen Apfelkompott und - etwas weiche - Bratkartoffeln. Wer sie etwas krosser mag, sollte das also bei der Bestellung gleich sagen. Wer in die Fotos gucken mag: Da ist das Gericht dokumentiert.
Der Salat mit Putenbrust machte zuerst einen etwas verlorenen Eindruck auf dem Teller, als wenn man auf die Frage: „Wie fanden Sie das Essen?“ mit: „Eher zufällig, nach längerem Suchen!“ antworten müsste. Aber eigentlich war das eher Putenbrust mit etwas Salat, so viel vom Truthuhn war in Scheiben geschnitten auf dem Teller - dem Vernehmen nach (keins, gefräßiges Schweigen und Knurpsen) war es gut, besonders das Honig-Senf-Dressing schien sehr gelungen.
Auch die Getränke waren nach unserem Geschmack, in meinem Fall eine landestypische Mischung aus einer koffeinhaltigen Brause und Orangenlimonade, hier Spezi genannt. Wer das im Emsland bestellt, bekommt stattdessen Cola mit Korn gemischt, also Vorsicht.
Zwischendurch erschien die aufmerksame Bedienung, scannte unseren Essfortschritt und fragte zuerst nach unserem fachlichen Urteil und zum Ende unserer Fressorgie, ob es uns noch nach etwas anderem gelüstete. Ich war zwar schon pappsatt (ich mag kein Blatt, mäh, mäh, mäh!), aber - die Kuchentheke! Wir entschieden uns, noch eine Probebohrung im Mohnkuchen vorzunehmen und einen Cappucino draufzukippen.
Der Mohnkuchen erschien, dazu zwei Gabeln, denn wir hatten glaubhaft machen können, dass ein ganzes Stück nun echt zu viel gewesen wäre. Diesen Mohnkuchen habe ich in meiner Begeisterung leider nicht mehr fotografiert. Ein Fehler, denn es war der leckerste Mohnkuchen, den ich seit langer, langer Zeit essen durfte. Ein fluffiger Boden, dazu eine mindestens zwei Zentimeter dicke Schicht aus Mohncreme (knirsch, knirsch) und oben wieder ein fluffiger Boden drauf, mit einem Hauch Puderzucker abgerundet.
Wir kamen noch ein wenig mit der netten Bedienung ins Gespräch. Kutschfahrten gibt es hier auch, erfuhren wir, 6 Euro kosten die. Und, ja, Döhle sei schon etwas anderes als Wilsede und Undeloh. Dort Massenbespaßung der Silberhaar-Fraktion, hier eher Individualreisende, oft mit Rädern. Dabei liegt ein riesiger Parkplatz direkt vor der Haustür, sogar Sammelkutschen gibt es hier (siehe Foto).
Zum Bezahlen gingen wir noch mal rein, auch weil der ausliegende Prospekt uns nötigte. Der erzählte nämlich auch von der Geschichte des Hauses. Hier tauschten früher auch Postkutschen ihre Pferde aus. Im Vorraum des Lokals prangen rechts und links riesige Wandmalereien nach dem Genre „röhrender Hirsch im Wald“, der Sage nach als Bezahlung mittelloser Maler für Kost und Logis gewährt. Ich möchte gern auch mal solche Maler einladen, wenn ich Mitspracherecht bei den Motiven habe. Der linke Raum ist eher dunkel-rustikal gehalten, geht so in die Jäger-Stube. Das, erklärte die Bedienung, war bis 1970 noch ein Kuhstall gewesen. Aha, also Bauer auf der Jagd nach dem weißen Schatz. Passt. Der Raum rechts ist heller, ein Kachelofen ist der Blickfang, und ansonsten ist hier auch alles eher gediegen.
Am runden Tisch direkt am Tresen kloppten ein paar ältere Herren noch ein paar Sprüche, orderten Nachschub an Herrengedecken, die sogleich kamen. Wir plauderten noch ein wenig mit der Bedienung und verließen den Laden, abgefüttert und zufrieden. Das mit den Bratkartoffeln sage ich dann beim nächsten Mal.[verkleinern]