Selten noch gibt es historische Altstädte mit einer derartigen Dichte an alter Fachwerksubstanz , oder sonstiger historischer Bausubstanz. Meistens sind sie doch von den Bausünden der 70iger Jahre stark zersetzt, wobei ich mit Wehmut an meine Heimatstadt Bad Hersfeld denke.Nicht, dass es dort keine schönen Ecken in der Innenstadt gäbe, aber Fritzlar ist dagegen ein Schätzkästchen.
Die Bomben der Alliierten trafen genau und gründlich - nämlich die Staumauer des Edersees und die Innenstadt... weiterlesen Kassels, die komplett zerstört wurde durch den sich bildenden Feuersturm . Aber Fritzlar von Süden her kommend auf einer Anhöhe grüßend blieb sowohl von den Wasserfluten des Edersees als auch von Bombenabwürfen verschont.
Auch für die Kaufhausketten war das kleine Städtchen südwestlich von Kassel uninteressant und so blieb die wunderschöne Bausubstanz zu unserer heutigen Freude erhalten.
Vom Tourismus bislang nur mäßig heimgesucht, ist dieses kleine, verschlafene Städtchen ein absolutes Muss für Freunde von Fachwerk und prächtigen Kirchenbauten.
Die fast 1300 Jahre alte Dom- und Kaiserstadt Fritzlar im Kurhessischen Bergland führt ihre Gründung auf Bonifatius als Glaubens - und Kirchenstifter zurück. Wie ich bereits an anderer Stelle schrieb soll er in 732 die Donareiche gefällt und eine erste Kirche errichtet haben.
Ende des 11. Jahrhunderts hatte Fritzlar als wichtiger Ort der Reichspolitik seine Blütezeit.
Nicht nur, dass die Stadt am Schnittpunkt wichtiger Straßen lag, sie wurde durch Karl den Großen mit einer Pfalzanlage versehen. Im Jahre 919 wird der Sachsenherzog Heinrich in Fritzlar zum König erhoben , bedeutsam für die Entstehung des Deutschen Reiches.
Auch die wirren der Reformationszeit und des 30- jährigen Krieges hat Fritzlar in wechselvoller Geschichte überstanden.
Das neben dem Dom St. Peter zu bewundernde Rathaus ist das älteste erhaltene Amtshaus Deutschlands. Gleich vis a vis befindet sich das um 1470 erbaute Haus Brüggemeier mit dem gotischen Spitzbogenfenster, welches vermutlich als Kaufmannshaus genutzt wurde, sowie das windschiefe Spitzenhäuschen, in welchem die Touristinformation untergbracht ist.
Der Dom gegenüber dem historischen Rathaus ist nicht zu verfehlen und absolut einen Besuch wert, auch für diejenigen, die sich für Kirche und Kirchen nicht so sehr interessieren.
Geht man zwischen Rathaus und Dom in östliche Richtung, so gelangt man an der nächsten Ecke zum Fischgässchen mit der historischen Kurie, welche man an den beiden Stufengiebeln erkennt.
Durch diese schmale, stille Gasse gelangt man ebenfalls auf den historischen Marktplatz etwas oberhalb des alten Brunnens mit der Roland - Statue.
Der Markt ist von einem reichhaltigen, empfehlenswerten gastronomischen Angebot gesäumt. Sehenswert sind auch die gotischen Häuser in der am östlichen Ende des Marktplatzes nach Norden abzweigenden Kasseler Straße.
Dieser folgend gelangt man an das östliche Ende eines kleinen Parks an der nördlichen Stadtmauer, wo man auf Rosen - und Grebenturm stößt, die zur Sicherung der verwundbaren Nordflanke der Stadt errichtet wurden.
Um den Rosenturm herum fand sich innerhalb der Stadtmauer mutmaßlich das mittelalterliche Prostituiertenviertel der Stadt . Heute findet man hier nur noch idyllische Gässchen.
Folgt man weiter der Stadtmauer, so gelangt man alsbald zum mächtigen Grauen Turm, der für einen Obolus zu besichtigen ist.
Läuft man anschließend wieder Richtung Osten, so gelangt man vorbei am Regionalmuseum und dem Hochzeitshaus wieder zum historischen Marktplatz. bereits auf dieser Runde hat man die wichtigsten Sehenswürdigkeiten gesehen.
Da wir vormittags schon einen Großflohmarkt im Alten Kraftwerk in Borken besucht hatten,
machten wir nur einen kleinen Gang "rund um den Pudding".
Für einen ausgedehnten Spaziergang sollte man jedoch wenigstens 1 - 2 Stunden einkalkulieren ohne Besichtigungen.
Man kann die Innenstadt sehr gut auf eigene Faust erkunden, da an den interessanten Gebäuden jeweils erklärende Tafeln angebracht sind. Einen Plan erhält man an der Touristinformation neben dem historischen Rathaus.
Wer mehr erfahren möchte, dem empfehle ich eine Stadtführung, die allerdings nur vormittags angeboten wird und ca. 1,5 Stunden dauert. (Di bis Sa 10.30 Uhr und So u. feiertags 11.Uhr). Treffpunkt ist der Haupteingang am Rathaus, Kosten : 3 € pro Person. Kinder in Begleitung Erwachsener bis 14 Jahre zahlen nichts.
Es werden auf Anfrage aber auch mittelalterliche Themenführungen und Nachtwächterführungen angeboten. Anfragen richtet man am besten an die Touristinformation.
Parken kann man übrigens sehr gut unterhalb der Stadthalle oder bei dem kleinen Park neben der nördlichen Stadtmauer.[verkleinern]