Der wuchtige, an dieser Stelle etwas verloren wirkende Bau am westlichen Stadtrand von Fürstenwalde/Spree (ca. 25 km östlich von Berlin) an der Straße nach Hangelsberg, Erkner und Berlin fällt schon ins Auge – nicht zuletzt wegen seines erbärmlichen Zustands.
Derartig neugierig geworden legte ich einen kurzen Stopp ein. Parkplatzprobleme gibt es hier nicht, jedenfalls solange nicht, wie auf dem benachbarten Festplatz Fürstenwalde neben dem Tierpark die Stadt nicht irgendwelche Events... weiterlesen
veranstaltet.
Im Vorbeifahren wirkt das Gebäude schon ein wenig verfallen, ein Eindruck, der sich beim genauen Hinsehen noch verstärkt. Eigentlich ist es eine nur schlecht gesicherte Ruine mit vernagelten Türen und eingeworfenen Fenstern. Der Maschendrahtzaun rund ums Haus ist mehr Attrappe als wirkliches Hindernis.
Warum das Gebäude überhaupt noch steht, erklärt eine Infotafel davor. Es handelt sich nämlich um ein Baudenkmal.
Mitten im 1. Weltkrieg erbaute Fürstenwalde hier ein neues Lehrerseminar, bestehend aus dem Haupthaus mit 2 anschließenden Flügeln. 1918 wurde das Lehrerseminar eingeweiht und 1925 in eine sogenannte „Aufbauschule“ (Oberschule in Aufbauform) umgewandelt.
Diese staatliche Schulform bot Schülern aus unterprivilegierten Verhältnissen die Möglichkeit zur Erlangung des Abiturs und baute auf den Volks- und Mittelschulen auf. Der Lehrplan orientierte sich an den klassisch-humanistischen Bildungsidealen der damaligen Zeit.
1928 erfolgte die Zusammenlegung mit dem Fürstenwalder Gymnasium. Schulbetrieb gab es bis zum Ende des 2. Weltkriegs. Am 16.4.1945 erklärte die Wehrmachtsführung Fürstenwalde wegen dem Vordringen sowjetischer Truppen Richtung Berlin zur Festung. Bei den nachfolgenden schweren Kämpfen gegen die Rote Armee wurden große Teile der Stadt zerstört. Alle Verteidigungsanstrengungen nutzten allerdings nicht. Bereits am 22.4.1945 eroberte die Rote Armee Fürstenwalde.
Die Aufbauschule wurde von der Roten Armee requiriert. In der Folge wurde das ganze Gelände ummauert und zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Die einstige Schule wurde das Hauptgebäude der sowjetischen Garnison Fürstenwalde. Nach dem Ende der Sowjetunion nutzte die Westgruppe russischen Streitkräfte in Deutschland das Gelände weiter. Erst mit dem Abzug der russischen Garnison im Jahr 1994 endete die militärische Nutzung.
Die meisten, von der Roten Armee errichteten Gebäude (Unterkünfte, Garagen, Werkstätten) wurden in den Folgejahren abgerissen. Nur das einstige Schulgebäude blieb aus städtebaulichen Denkmalschutzgründen ungenutzt stehen.
Später wurden Haus und Gelände mehrfach an private Investoren verkauft, die allerdings bis heute nicht investierten sondern das Haus sich selbst und verfallen ließen – obwohl der Komplex unter Denkmalschutz steht.
Derzeit gibt es vorsichtige Pläne, die Schule als Privatschule wiederaufzubauen.
Fazit: Zwar eindrucksvolles Schulgebäude vom Ende der wilhelminischen Ära, aber mehr Lost Place als Baudenkmal. Schade eigentlich ….[verkleinern]