Mai 2014
Kurzinfo: Absolut besuchenswertes Museum, nicht nur bei Regenwetter.
Wer einen Stadtbummel auf der historischen Ludwigstraße mit ihren prächtig bemalten Gebäuden im Ortsteil Partenkirchen unternimmt, sollte unbedingt das Werdenfelser Heimatmuseum besuchen, welches dienstags bis sonntags ab 10 Uhr bis 17 Uhr seine Pforte öffnet.
Schon die Geschichte des Hauses sowie des Museums ist für sich betrachtet wissenswert.
Das Gebäude aus dem 17. Jahrhundert - in Fragmenten des... weiterlesen Mauerwerks sogar aus dem Mittelalter - hat als eines der wenigen Häuser in Partenkirchen den großen Brand von 1865 fast unbeschadet überstanden.
Zu jener Zeit wurde es als als Handelskonor genutzt. Das Gebäude ist zwei - bis dreifach so lang, wie es zur Ludwigstraße hin breit ist. Auffällig ist, dass der vom Portal durch das Haus führende Hauptgang leicht abschüssig ist.
Die ursprüngliche Raumeinteilung ist erhalten im ersten Geschoss befindet sich die original erhaltene Küche. Das Untergescchoss wurde komplett als Geschäftshaus genutzt.
Anfang der 70iger Jahre des letzten Jahrhunderts wurde das Gebäude durch den Landkreis von der damaligen Eigentümerfamilie Wackerle erworben. Die feierliche Eröffnung des Museums fand im Dezember 1973 in diesen Räumen statt.
Das Museum selbst , welches zuvor anderen Ortes sein Domizil hatte, wurde bereits 1895 durch den Direktor der Fachschule für Holzschnitzerei - Anton Kiendl - gegründet.
Während die heutige Intention der Heimatmuseen der Erhalt und die Ausstellung von Brauchtum und Gegenständen aus der "guten alten Zeit" zum Gefallen der Besucher ist, verfolgten die Museen in früherer Zeit vorrangig einen ganz anderen zweck.
Das Museum wurde als "Muster - und Altertümersammlung" gegründet. Dadurch sollten Anregungen und Impulse für das Handwerk sowie Kunsthandwerk gegeben werden, was vor dem Hintergrund der zunehmenden Industrialisierung für das vom Aussterben bedrohte Handwerk durchaus seine Berechtigung hatte.
So ist im Laufe der letzten 120 Jahre eine einzigartige Sammlung entstanden, die auf fünf(!) Etagen präsentiert wird. Im Keller kann man Interessantes zur Frühzeit erfahren und im Dachgeschoss werden vorwiegend bäuerliche und handwerkliche Werkzeuge , z. B. der Holzbearbeitung aber auch größere Gebrauchsgegenstände aus dem Werdenfelser Land - dem heutigen Landkreis Garmisch - Partenkirchen - ausgestellt.
In den drei Etagen dazwischen findet man in rund zwanzig Räumen thematisch geordnete Sammlungen.
Im Erdgeschoss hat mir insbesondere der Fasnachtsraum mit der Sammlung
Werdenfelser Fasnachtsmasken - den sog. Larven -, die aus Holz geschnitzt sind, sehr gut gefallen. Hier wird das Winter - und Fasenachtsbrauchtum des Werdenfelser Landes ausführlich dargestellt.
Beim weiteren Gang durch das Haus über die steilen , alten Holzstiegen, imponierten mir - in einer Nische untergebracht - außerdem zwei Landschaftsdioramen. Es handelt sich um christliche Szenen ,aus Holz geschnitzt. Christi Geburt und die Heiligen Drei Könige kann man in detaillreicher Ausführung betrachten ... sogar Elefanten marschierten da auf.
Wunderschön fand ich die ausgestellte Maria als Immaculata - eine Prozessionsfigur, von der berichtet wird, dass ein Mädchen diese unter Einsatz ihres eigenen Lebens, aus der brennenden Kirche geborgen habe.
Im ersten Stock gibt es unter anderem - wie bereits erwöhnt - die im Original erhaltene Küche des Hauses sowie möblierte Stuben zu bewundern, wie das sog. Türkenbettzimmer, dessen prächtige Bemalungen mit Szenen aus den vor 1700 so bedrohlichen Türkenkriegen eine wahre Augenweide darstellt.
Man geht weiter durch ein Schlafzimmer mit einem Kastenbett, wie man es sich zum einmuggeln nur wünschen kann, zu einer Werdenfelser Bauernstube, die zeigt, wie man hier um 1800 gewohnt hat.
Auch alte Trachten und jede Menge Wohn"accessoirs" aus der "guten alten Zeit haben wir mit leuchtenden Augen bewundert. Selbst mein Bester, der sonst am liebsten Technikmuseen besucht, war begeistert von der Art und Vielfalt der Exponate.
Ganz bezaubernd fand ich im zweiten Obergeschoss die MIttenwalder Geigenbaustube, die den Eindruck erweckte, als habe der Geigenbauer seinen Arbeitsplatz soeben erst verlassen und käme gleich wieder.
Sehr prachtvoll auch das Tölzer Schlafzimmer und die Religiöse Volkskunst. letztere zeugt von der tiefen Gläubigkeit der Gebirgsbewohner.
Etwas gruselig fand ich aber die sog. "Fatschlkinder". Dabei handelt es sich um eine wie ein Wickelkind eingewickelte Puppe in einem Glasschrein . Das wirkte auf mich wie ein Schneewittchensarg - möglicher Weise ist die Geschichte vom Schneewittchen durch die Fatschlkinder inspiriert. Ich assoziierte das beim Betrachten erst mit einem Gedenkschrein an verstorbene Kinder .
Was es damit wirklich auf sich hatte, erfuhr ich bei dem Blick in den kleinen, sehr informativen Museumsführer, den ich an der Kasse erstanden hatte.
Es handelt sich um eine in der Barockzeit beliebte Darstellung des Jesuskindes. Ganz so weit hatte ich also nicht daneben gelegen.
Gerne hätte ich Fotos von den schönsten Exponaten in das Fotoalbum gelegt, aber leider ist das Fotografieren verboten, was uns seitens der sehr netten Dame an der Kasse damit erklärt wurde, dass viele Exponate private Leihgaben sind und die Eigentümer das Fotografieren nicht gestatten, zumal auf die Namen der Eigentümer hingewiesen wird.
Ich sehe ein, dass man diesen Wunsch akzeptieren muss und erfreue mich zur Erinnerung an einigen Abbildungen in dem Museumsführer zum "Werdenfelser Heimatmuseum".
Ich hoffe, ich habe gleichwohl das Interesse an einem Besuch wecken können, denn es lohnt sich angesichts der ungewöhnlichen und zahlreichen Exponate auch für den Museumsmuffel.
Wer keine Gelegenheit findet, das Museum zu besuchen, findet Fotos und Informationen rund um das Museum hier:
http://www.werdenfels-museum.de/
Der Eintrittspreis fällt mit 2,50 € pro Person sehr günstig aus, Kinder zahlen 2 €.
Einen Aufzug habe ich in dem denkmalgeschützten Gebäude nicht entdeckt, so dass im zweifel davon auszugehen ist, dass das Museum nicht barrierefrei ist.[verkleinern]