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Ich gebe es ehrlich zu: bis vor wenigen Wochen sagte mir der Begriff „Pyramide Garzau“ überhaupt nichts. Erst beim Besuch auf der Burg Eisenhardt (Belzig) und der dortigen Open-Air-Ausstellung zum Thema 1813 fiel mir eine Tafel auf, auf der die Pyramide abgebildet war. Erneut in meinen Fokus geriet sie beim diesjährigen „Tag des offenen Denkmals“.
Garzau liegt etwa 20 km östlich von Berlin. Der Weg zum Pyramidenparkplatz auf dem Gelände des ehemaligen Gutshofes ist leidlich ausgeschildert.... weiterlesen Der Rest ist ein hunderte Meter weiter Fußmarsch durch den ehemaligen Landschaftspark des Grafen v. Schmettau. Seinen Parkcharakter hat der Park lange verloren, ist heute mehr eine Wald- und Wiesenlandschaft, aber eine schöne – ideal zum wandern. Zunächst geht es über eine Kopfsteinpflasterstraße (oder was davon übrig ist) und dann quer Beet über einen unbefestigten Fahrweg.
Versteckt hinter großen alten Bäumen erhebt sich dann auf dem Hügel einer Lichtung Deutschlands größte Feldsteinpyramide.
Ende des 18. Jahrhunderts gehörten Schloß und Park Garzau dem preußischen Grafen Friedrich Wilhelm Carl v. Schmettau. Er ließ ab 1780 den Landschaftspark anlegen und errichtete ab 1784 im damaligen Zentrum des Parks die Pyramide, die eigentlich als Mausoleum dienen sollte. Neuere Untersuchungen legen allerdings die Vermutung nahe, daß die Pyramide auch kartographischen und topographischen Zwecken gedient haben könnte, war Graf v. Schmettau doch einer der führenden Kartographen und Topographen seiner Zeit.
Schmettau verkaufte 1804 den Besitz Garzau und erwarb stattdessen das Schloß Köpenick (heute Berlin). 1911 brannte Schloß Garzau ab. Zwar wurde ein neues Schloß gebaut, Park und Pyramide verfielen allerdings. Die Pyramide wurde zu einem überwucherten Steinhaufen und wurde erst 1999 wieder entdeckt. Interessierte gründeten einen Förderverein, der die Pyramide bis 2010 originalgetreu wieder aufbaute. Die Ausstattung und Gestaltung des Innenraumes ist nicht erhalten und wurde auch nicht wiederhergestellt.
Jetzt kann die Pyramide ganzjährig besichtigt werden. Ein Blick in den im Rohbauzustand befindlichen Innenraum ist zu besonderen Anlässen (z.B. „Tag des offenen Denkmals“) möglich.
Es wird vermutet, daß die Pyramide vom preußischen Baumeister Carl Gotthard Langhans entworfen wurde. Die Pyramide im ägyptisierenden Stil der damaligen Zeit hat einen rechteckigen Grundriss mit etwa 15 m Kantenlänge. Über die gemauerten Gewölbe und Kammern wurde die Pyramide aus Feldsteinen errichtet, die vom Erdboden bis zur Spitze des bekrönenden Pavillons knapp 14 m hoch ist. Zum Pavillon führen außen schmale Rampen hinauf, deren Betreten allerdings verboten ist.
Den Zugang zum saalartigen Innenraum bildet ein Portal in Anlehnung an griechische Tempel. Das Originalportal einschließlich Eichentür wurde 1815 ausgebaut und befindet sich heute in der Marienkirche im benachbarten Strausberg.
Der große Innenraum war ursprünglich verputzt und bemalt. Diese Ausgestaltung sowie im Raum befindliche Statuen sind verloren gegangen. Unter der Pyramide befinden sich mehrere Kellerräume, die vermutlich als Gruft vorgesehen waren bzw. genutzt wurden.
Vor der Pyramide hat man die ursprüngliche Bepflanzung mit Rebstöcken wiederhergestellt. Zur Besucherinformation sind an der Pyramide zahlreiche Info-Tafeln zur Geschichte und dem Wiederaufbau der Pyramide aufgestellt.
Noch zum Bauherrn:
Friedrich Wilhelm Carl Graf v. Schmettau (1743 in Berlin – 1806 in Weimar) war der Sohn des preußischen Generalfeldmarschalls Samuel Graf v. Schmettau. 13jährig trat er in preußische Armee ein. Als 16jähriger Fähnrich nahm er am Siebenjährigen Krieg von König Friedich II. v. Preußen teil. Als junger Offizier diente er unter den preußischen Königen Friedrich II., Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III., wurde mehrfach aus dem Dienst verabschiedet und wieder reaktiviert – zuletzt im Rang eines Generalleutnants. Er tat sich als Karograph und Topograph sowie als militärhistorischer Schriftsteller hervor. Zu seinen wichtigsten Werken gehören die „Schmettau’schen Karten“ zum preußischen Staatsgebiet östlich der Weser sowie militärische, ökonomische und topographische Karten von Mecklenburg-Strelitz, Mecklenburg-Schwerin und des Fürstentums Ratzeburg.
Der Einmarsch Napoleons verhinderte weitere wissenschaftliche Arbeiten. In der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14.10.1806 wurde Graf v. Schmettau schwer verwundet und nach Weimar gebracht, wo er im Stadtschloß am 18.10.1806 an den Folgen seiner Verwundung verstarb. Friedrich Wilhelm Carl v. Schmettau wurde auf dem Jacobsfriedhof Weimar beigesetzt. Sein Grabmal ist erhalten.
Fazit für die Pyramide Garzau: Hervorragendes und bedeutendes Bauwerk preußischer Gartenbaukunst vom Ende des 18. / Anfang des 19. Jahrhunderts, vor Ort gut dokumentiert.[verkleinern]
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