Manchmal helfen Kräutergebräu und Hexenmurmeln nicht weiter und selbst dem besten Hausarzt sind Grenzen gesetzt. Dann bucht man halt einen Urlaubsaufenthalt mit Vollpension für 10,00€ am Tag. Andere nennen es "Klinikaufenthalt".
Eben jener stand bei mir an und wurde ohne nennenswerte Schäden absolviert. :-)
Leider entspricht die Uniklinik Göttingen dem Klischee einer "Fließband Klinik". Eingestellt wurde ich 09.00 Uhr morgens, das Zimmer beziehen durfte ich erst 15.00Uhr.
Ein ärztliches... weiterlesen
Erstgespräch fand an diesem Tag gar nicht statt.
Dadurch hatte ich h aber die Gelegenheit, mir das Zimmer genau zu betrachten. Schließlich sollte ich ja auf den Arzt warten.
Untergebracht wurde ich in einem 2-Bett-Zimmer. Das Zimmer war hell und freundlich, mit orangefarbenen Vorhängen und Stuhlbezügen versuchte man das Zimmer etwas freundlich zu gestalten.
Im Zimmer befand sich auch das"Bad". Eigentlich eher ein durch einen Vorhang abgetrennten Waschbecken und ein (glücklicherweise) mit Tür versehener Toilettenraum, indem sich auch die Dusche befand. Dieser Raum war sehr dunkel und beengt. Durch den angrenzenden Fahrstuhlschacht vibrierte der Raum stark und ich hatte anfangs Angst, der Boden bricht ein.
Die Duschkabine ist für gehbehinderte leider nicht nutzbar, da sie einen sehr hohen Einstieg hat. Laut Aussage einer Krankenschwester soll das aber im laufe des Jahres noch geändert werden.
Der im Zimmer vorhandene Fernseher konnte gegen eine Gebühr genutzt werden. Da ich lieber lese, habe ich darauf verzichtet.
Jetzt zur medizinischen Betreuung:
Am nächsten Morgen kam tatsächlich ein Arzt zum Aufnahmegespräch. Abgefragt wurden Dinge, welche in der bereits vorhandenen Patientenakte vermerkt sind. Aber gut, warum nicht alles nochmal erzählen?
Nach dem Gespräch wurde ein Medizinstudent geschickt, der mir Blut abnehmen sollte. Natürlich verzichtete er auf Schutzhandschuhe und tastete nach dem Desinfizieren der "Einstichstelle" nochmal nach der Vene. Als er die Kanüle zog und mir einen Tupfer anlegen wollte, kam er versehentlich mit meinem Blut in Berührung. Da ich mich über die unzureichendeneue Hygienemaßnahmen ärgerte, beschloss ich, ihn zu fragen, ob er wisse, ob der HIV und der Hepatitis C Test tatsächlich positiv seien....
Der junge Mann sah etwas erschrocken aus. Ich konnte ihm aber glaubhaft versichern, das beide Tests nicht veranlasst wurden, weil ich keine der beiden Krankheiten habe. Ich hoffe er wird künftig mehr auf die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen achten.
Die nächsten Tage begann ein Untersuchungsmarathon, wobei die Absprache zwischen der Station und den untersuchenden Abteilungen mehr als dürftig waren.Oft wurde ich zur Untersuchung geschickt und musste unverrichteter Dinge zur Station zurückkehren, da in der Abteilung niemand über mein Erscheinen informiert war.
Die tägliche Visite war für einen Laien wie ein Ausflug in ein anderes Land, dessen Sprache man nicht spricht. Der Stationsarzt erklärte den zahlreich um das Bett versammelten Medizinstudenten die gesundheitlichen Beschwerden, jeder Student durfte dann mal abtasten, abhören und/oder abklopfen. Dann wurden Diagnosen gemutmaßt, Therapievorschläge gemacht und noch ehe der Patient eine Frage stellen konnte, zog die Karawane weiter.
Als positiv empfand ich, das Untersuchungsergebnisse später mit einem Arzt im Einzelgespräch besprochen wurden.
Leider wurden bei diesen Gesprächen auch immer wieder Kompetenzrangeleien offensichtlich. Während ein Arzt Behandlung X durchführen wollte, entschied ein anderer das Behandlung Y fast Nonplusultra sei. Ordne ein Arzt eine Untersuchung an, wurde diese vom anderen gestrichen.
Was die Situation nicht einfacher machte, war die Tatsache das beim Schichtwechsel des Pflegepersonals nicht alle Informationen weitergegeben wurden. So bekam ich eines Abends ein Medikament, welches bei der morgendlichen Visite abgesetzt wurde. Dann musste ich auf eine erforderliche Infusion warten, weil die Nachtschichten die Frühschicht nicht über die ärztliche Anordnung informiert wurde. Jetzt musste ich warten, bis ein zuständiger Arzt erreicht werden konnte, dieser die Akte eingesehen hatte und grünes Licht gab. Wenig angenehm wenn man Schmerzen hat.
Allgemein gesehen machte sich der Personalmangel bemerkbar. Das Pflegepersonal, welches bei einem vorherigen Aufenthalt nur für diese Station zuständig war, musste nun Patienten von zwei Stationen betreuen. So konnte schon mal eine halbe Stunde vergehen, bis jemand auf die Patientenklingel reagierte.
Durch die hohe Arbeitsbelastung kam es immer wieder zu Flüchtigkeitsfehlern.
So stellte ein Pfleger meiner Bettnachbarin statt der üblichen Schmerztropfen Methadon hin. Letzteres kommt bei Drogensüchtigen als Substitutionsmittel zum Einsatz und kann bei "Ungeübten" zu Atemstillstand führen. Glücklicherweise betreute ich als Arzthelferin Substitutionspatienten und erkannte den Fehler...
Abschließend möchte ich sagen, dass die Klinik zwar über hochmoderne Geräte verfügt, der Patient dennoch auf der Strecke bleibt. Nachfragen bei der Visite sind nicht erwünscht, Symptome die nicht ins Krankheitsbild passen werden ignoriert und durch mangelnde Kommunikation kam es auch zu unnötigen Mehrfachuntersuchungen. Statt gut aufgehoben fühlte ich mich als Patient verunsichert.
Ein Klinikaufenthalt ist immer unangenehm, aber Ärzte die sich Zeit für die Patienten und auf ihre Ängste und Sorgen eingehen, würden diesen erleichtern.
In diesem Sinne: Bleibt gesund.[verkleinern]