Wie findet man den Denkmalpfad im Südwesten von Großbeeren (südlich von Berlin, wenige Kilometer von der Stadtgrenze entfernt)? Schlecht ! Denn der Weg dorthin ist nicht ausgeschildert. Am besten, man gibt „Trebbiner Straße“ ins Navi ein und fährt dann diese Straße bis zum Ende, wo die Straße am Rand eines Neubaugebietes in einen Feldweg übergeht. Entweder man stellt den Wagen im Neubaugebiet ab oder man rumpelt die vielleicht 100 Meter bis zum Ausgangspunkt des Denkmalpfades über den Feldweg.... weiterlesen
Ist das erlaubt? Ich habe jedenfalls kein Schild gesehen, daß dies verbietet.
Koordinaten (lt. Navi): Nord 52°20,934‘ Ost 13°17,878‘
Der „Denkmalpfad Rieselfeld“ führt durch ein einmaliges technisches Denkmal im Berliner Umland. Rieselfelder wurden auf Berliner Stadtgütern rund um die Stadt angelegt als man begann, für Berlin eine funktionierende Wasserversorgung und Abwasserentsorgung aufzubauen. Großklärwerke im heutigen Sinne gab es damals noch nicht und so blieb das Problem – wohin mit den tausenden Kubikmetern Abwasser, die die Großstadt Berlin Tag für Tag produzierte und die eine ständige epidemische Gefahr darstellte. Starben doch noch im 19. Jahrhundert tausende Berliner an der Cholera und anderen Seuchen, die der mangelnden Abwasserentsorgung der Stadt geschuldet waren. Der Stadtbaurat James Hobrecht und der Virologe Rudolf Virchow erarbeiteten eine Lösung, die bis dahin bespiellos war und dann Vorbild für andere Städte werden sollte.
In Berlin wurde ein unterirdisches Kanalsystem aufgebaut, in dem die Abwässer gesammelt und von Pumpstationen auf die Rieselfelder außerhalb der Stadt gepumpt wurden. Um die nötigen Flächen für die Rieselfelder zu bekommen, kaufte Berlin im Umland zahlreiche Ländereien, Gutsanlagen und Rittergüter auf und gestaltete sie zu Rieselfeldern um. 1876 nahm das erste Rieselfeld im nördlich von Großbeeren gelegenen Osdorf den Betrieb auf. Die Anlage in Großbeeren folgte 1881.
Der ständige Anstieg der Abwassermengen führte allerdings zu einer Übersättigung der berieselten Böden, so daß die Abwasserentsorgung schrittweise auf Klärwerke mit Filtersystemen umgestellt wurde. Rieselfelder wurden ua. in Klärbecken umgewandelt. Zwischen 1970 und 1990 wurden die meisten Berliner Rieselfelder wegen zu hoher Kosten und Effizienzmangel stillgelegt. Das Rieselfeld Großbeeren wurde noch bis 1996 genutzt und 1999 unter Denkmalschutz (Freiluftflächendenkmal) gestellt. Später wurde das Rieselfeld als Technisches Denkmal mit dem heutigen 2 km langen Denkmalpfad (als Rundweg angelegt) von den Berliner Stadtgütern und der Gemeinde Großbeeren erschlossen. An 7 Infopunkten gibt es Informationen zu Geschichte und Funktionsweise des Rieselfelds. Das Großbeerener Rieselfeld soll Deutschlandweit einzigartig in seinem heutigen Bestand sein.
Ausgangspunkt des Rundweges ist das 9 m hohe Standrohr, daß dem Rieselwärter mittels Schwimmer und Signallampe Füllstand und Druckpegel signalisierte. War der maximale Füllstand erreicht, öffnete man die Absperrschieber und das Abwasser floß in die Absatzbecken.
Diese Becken aus Beton findet man schräg gegenüber vom Standrohr. Hier setzten sich die festeren Bestandteile des Abwasser als Klärschlamm ab, während das Abwasser mit den dünnen und leichten Schwebstoffen durch Überlaufgräben in die einzelnen Rieselfelder floß. Die Absatzbecken mußten regelmäßig und von Hand vom Klärschlamm gereinigt werden. Eine im wahrsten Sinne des Wortes „Scheißarbeit“.
Die eigentlichen Rieselfelder waren einzelne, von Erdwällen umgebene Tafeln, die durch ein Grabensystem verbunden waren. 6 bis 10 Tafeln bildeten einen Rieselfeldschlag. Jede Tafel konnte separat durch Schieber abgesperrt bzw. mit Abwasser beschickt werden. Auf den Rieselfeldern versickerte dann das vorgereinigte Abwasser. Alle Tafeln wiesen ein geringes Gefälle auf, so daß das Wasser mittels verschiedener Berieselungsarten versickern konnte.
Den tiefsten Punkt des Systems „Rieselfeld“ bildet der Abzugsgraben. In diesen mündeten die Drainagerohre, durch die das durch Versickerung, also natürliche Filterung durch das Erdreich, gereinigte Wasser der Rieseltafeln floß und durch den Abzugsgraben in die Nuthe, dann in die Havel und die Elbe und schließlich in die Nordsee gelangte. Die Felder dienten ua. zum Anbau von Kohl, Getreide, Rüben und Kartoffeln, auf den Dämmen zwischen den Tafeln wuchsen (und wachsen) Obstbäume. Obwohl die Arbeit auf den Rieselfeldern körperlich schwer und auch eckelig war, waren die Arbeitsplätze doch recht begehrt. Die Entlohnung war gut und erfolgte zu dem zum Teil in Naturalien, das heißt mit landwirtschaftlichen Produkten der Rieselfelder.
Heute kann man, dem Denkmalpfad folgend, das Rieselfeld Großbeeren mit Standrohr, Absatzbecken, Rieseltafeln und – schlägen sowie Gräben und Wällen erwandern. Von der einstigen Geruchsbelästigung durch die Rieselfelder ist heute nichts mehr zu spüren. Zu Zeiten der Verrieselung stank die Gegend, je nach Windrichtung, kilometerweit buchstäblich zum Himmel.
Fazit: Sehenswertes technisches Freiluftdenkmal. Allerdings läßt wegen der Bauerei im Erschließungsgebiet Trebbiner Straße die Parkplatzsituation stark zu wünschen übrig.[verkleinern]