Samstag stand das Nord-Derby an. Mein SV Werder empfing den Hamburger SV, den ewigen Kontrahenten um die Fußball-Krone im Norden, den ständigen Widersacher und momentan auch einen der Konkurrenten im Kampf um die rettenden Tabellenplätze im Abstiegskampf.
Normalerweise schaue ich solche wichtigen Spiele zuhause via Live-Stream im Internetz oder aus Gründen abergläubischer Natur einfach gar nicht - ich aktualisiere dann nur alle drei Sekunden einen beliebigen Live-Ticker. Auch im Internetz.... weiterlesen
Dabei fluche und schwitze ich viel und ich bekomme graue Haare.
Nun kam aber der werte Oscar adM auf die Idee, man könne sich das Spiel ja auch gemeinsam anschauen und zwar in einem Restaurant auf Pauli, wo er, zwo weitere Golocals und ich nach dem Weihnachtsmarkt-Treffen im Dezember gelandet waren und wo ich schon ein Mal eine Niederlage meiner Kicker in grün-weiß erleben "musste".
Zwei Tage vor dem anstehenden Spiel fuhr ich also abends in der Absicht dorthin, einen Tisch zu reservieren - mir wurde aber mitgeteilt, das große Spiel würde nicht gezeigt. "Hier läuft nur die Konferenz. Wir zeigen nur Pauli komplett. Wen interessieren der HSV und die Bremer??" Ja, und wen in Hamburg interessieren Augsburg oder Gladbach, wenn zeitgleich der HSV in Bremen antritt?? Naja...
Insgeheim war ich aber ein bisschen froh, dass das nicht geklappt hatte (Aberglauben wegen der Niederlage im Dez. und so...). Es entsponn sich dann ein mehr oder weniger lustiges Chaos betreffend der Örtlichkeit, an der man dann das Spiel gemeinsam schauen wollte. Fest stand schnell, dass es in meinem tollen Barmbek-Nord passieren sollte, wo aber genau? Wusste ich auch nicht. Fragte also auf der großen bösen datensammelnden Internet-Plattform im Freundeskreis nach und bekam diverse Empfehlungen. Kneipe X, Bar Y, blablabla. Der Kreis derer, die mit uns das Spiel schauen wollten, variierte ständig zwischen elf (plus einem Hund) als Höchstwert und zwei, nämlich Oscar und mir, als Tiefstwert.
Irgendwann hatte ich die Faxen dicke, außerdem fiel mir ein, dass es wenn möglich eine Nichtraucher-Bar/-Kneipe sein sollte. Damit fielen sämtliche Eck-Kneipen meiner Hood eh aus, denn in jeder einzelnen wird gequalmt, als ginge es darum, einen Weltrekord aufzustellen.
"Na dann geht doch ins "Queue"!" riet mir Freundin F. und schob ein "Darf ich mitkommen?" hinterher.
Ans "Queue" hatte ich gar nicht gedacht, es machte aber total Sinn. Zum einen wusste ich, dass dort auf einer Leinwand und auf diversen Fernsehern Sportveranstaltungen gezeigt werden, da man dort auch essen kann, herrscht Rauchverbot (obwohl ich mir sicher bin, dass ich dort vor Jaaaahren mal bei einer spääätnächtlichen Billard-Partie geraucht habe wie ein Schlot...) und das man Bier und anderes zu einem relativ entspannten Kurs bekommt, hatte ich auch schon heraus gefunden.
Also auf ins "Queue".
Oscar und ich trafen uns gegen 14 Uhr am Barmbeker Bahnhof, spazierten noch gute 45 Minuten durch meine schöne Nachbarschaft und dann ging es durch einen unscheinbaren und uneinladenden Eingang (siehe mein Foto) und ein Treppenhaus, das O. an das vom "Clochard" erinnerte (eng, grau in grau, nur eben nicht vollgepisst) hinauf ins "Queue", welches im 1. Obergeschoss liegt und im Prinzip die komplette Etage einnimmt. Es ist wirklich sehr groß, auf O.`s Fotos kann man das gut erkennen.
Wir sicherten uns Plätze auf ziemlich gemütlichen und stylischen Ledersesseln links vor der Leinwand, auf der das Spiel gezeigt wurde. Ich würd das Ding auf drei Meter in der Breite und 1,5 Meter in der Höhe schätzen, echt groß, eine größere Leinwand habe ich in einer Bar/Lounge/etc (also "indoor") noch nicht gesehen. Nach einem kurzen Check an der Bar wurde mir auch bestätigt, dass einzig und allein Werder-HSV gezeigt würde und nicht etwa Augsburg, Dortmund oder sonstiger, Entschuldigung, egaler Quatsch.
Auch das erste Bier war fix geordert, ein 0.4 Radeberger für okaye 3,20€. Es sollte nicht das letzte bleiben.
Freundin F. traf frisch von der Arbeit kommend kurz vor Anpfiff ein und folgte zu unserer Freude dem "Trikotzwang" (ich im aktuellen grünen SVW-Trikot mit dem unsagbaren Sponsor auf der Brust, O. in blau/schwarz und Freundin F. komplett in weiß. Ein schönes Bild!), sie orderte einen Milch-Kaffee und eine Maracuja-Schorle, was fast schon hipsterig klingt.
Leider arbeitete vor, während und nach dem Spiel nur ein einziges Mädel im Service, sie strengte sich an und tat, was sie konnte, leider reichte das aber nicht. Eine zweite Servicekraft wäre wirklich hilfreich gewesen. Die zweite Mitarbeiterin verlies ihren Posten hinter der Bar aber zu keiner Zeit und was sie tat, war, ab und an mal ein oder zwei frische Biere zu zapfen. Ich kenne mich in der Gastronomie kaum aus, halte das aber zumindest bei so voller Hütte (und das konnte man kommen sehen) für verbesserungswürdig. Das nette Mädel, dass die Getränke lieferte, wurde aber zumindest von O. mit einem entsprechenden Trinkgeld "entschädigt" und ich hatte den Eindruck, dass sie ihren Job mag. Das ist wohl die Hauptsache. Der Service war durchweg freundlich, außer oben Beschriebenem gibt es absolut nichts auszusetzen.
Zum "Queue" an sich haben ja meine Vorschreiber schon einiges erzählt. Es gibt einen Haufen Billard-Tische, die auf mich alle einen gepflegten Eindruck machten, ich bin bei mehreren mit den Fingern über den Filz gefahren und konnte keine Unebenheiten spüren. Das war definitiv schon anders und wurde offensichtlich geändert. Den mehrere Meter langen Kickertisch im Eingangsbereich gibt es nicht mehr, den hat aber ja eh nie irgendwer genutzt, der stand da wohl eher als Kuriosum in der Gegend herum. Seine Stelle hat nun ein Air Hockey-Tisch eingenommen, der erstens nicht mehr so albern und gewollt aussieht und zweitens vermutlich auch öfter bespielt wird. (Da fällt mir ein, meine Ex/nun gute Freundin ist mir noch eine Revanche im Air Hockey schuldig...).
Generell sieht es im "Queue" sauberer, gepflegter, freundlicher aus, als bei meinem letzten Besuch, der aber auch lässige vier Jahre zurück liegt. Da hat sich was verbessert und das finde ich gut!
Zu essen gibt es Knobi-Brot, Salate, Nachos, Burger, Sandwiches, Pizzen...alles zu für Barmbek-Nord ambitionierten aber immer okayen Preisen. Gegessen habe ich allerdings im "Queue" noch nie, über die Qualität des Angebotenen kann ich also nichts sagen.
Meine Vorschreiber erwähnten es bereits, ich sag es aber nochmals, weil ich es ziemlich gut finde:
Eine "Tageskarte/Flatrate" Billard kostet fünf Taler. Gut, ein Getränk muss man dann auch noch nehmen, aber das tut man ja eh... Donnerstags ist Billard KOMPLETT KOSTENLOS! Ebenso wie Darts am Dienstag (meine ich...nicht 100%ig sicher). Ich bin tierisch schlecht im Billard, wenn mich also mal wer abziehen möchte...dann auf nem Donnerstag.
Vor meinem Besuch am Samstag hatte ich das "Queue" als relativ durchgenudelte Billard-Butze in Erinnerung und war dementsprechend skeptisch. Die Skepsis ist Geschichte.
Sowohl zum Billard spielen als auch, um sich mal auf Leinwand ein Fußball-Spiel anzuschauen, kann ich das "Queue" absolut empfehlen, wenn man nicht in einer verrauchten barmbeker Kneipe hocken möchte. Ich prophezeie mal, dass ich - obwohl mein Team im Sommer in Brasilien nicht dabei ist - das eine oder andere Spiel hier schauen werde.
Ich vergebe gute vier Sterne. Beim Jahre zurück liegenden letzten Besuch wären es mit Ach und Krach grad eben so und mit viel Wohlwollen drei geworden...es geht hier steil bergauf. Klasse! Weiter so![verkleinern]