Jeder Ort hat seine “Originale” und in Hamburg ist es diese kleine Frau, die allgemein als “Zitronenjette” Die gerade 1,30 m kleine Frau, die mit bürgerlichem Namen Henriette Johanne Marie Müller hieß, verdiente sich ihren Lebensunterhalt wie man es schon lesen konnte, mit dem Verkauf von Zitronen. Diese kaufte sie nicht, wie heute üblich bei einem Händler, sondern direkt am nahmen Hafen bei den Matrosen. Sie verbrachte aber nicht ihr gesamtes Leben in der Hansestadt, sondern ist im heutigem... weiterlesen Sachsen-Anhaltinischem Dessau im Jahr 1841 geboren. Erst mit 13 Jahren führte sie ihr Weg nach Hamburg. Seit der Zeit, wie es damals nicht ungewöhnlich gewesen ist, war sie auf sich gestellt.
Tagsüber pries sie diese rund um den Hafen mit den Worten: “Zitroon, Zitroon, frische Zitroon!" an. Immer dabei war, wie man sehen kann, ein Handkorb, in dem sie sie transportierte und gleichzeitig zur Schau gestellt. So hochgeschlossen, wie die Jette hier zu sehen ist, war sie aber nicht in den Abendstunden zu sehen. In einem der Museen habe ich sogar eine zeitgenössische Fotografie von ihr gesehen, in welcher “Tracht” sie durch die einschlägigen Lokale auf der Reeperbahn und in St. Pauli, vor allem in Kneipen und Spelunken, aufgetreten ist!
Die Kleinwüchsige Frau hat sich zu diesem “Anlaß” sehr auffällig angezogen: ein kurzes Rock mit Schürze und immer ein freches Spruch auf den Lippen. Wenn Jette es besonders gut mit ihren Abnehmern gemeint hatte, wenn diese ihr einen Schnaps spendiert hatten, sang sie bisweilen auch Lieder der derberen Art, der ihrem schlichtem Naturell entsprach.
Jeder weiß, dass gut gemeint, nicht selten sich als Spaß auf fremde Kosten herausstellt. Es war ihr nicht mal der armen Jette bewusst, dass sie zur Belustigung der Männer nur vorgeführt werden sollte, die sich auch noch darüber lustig machten. Wenn das nicht schon genug wäre, danach als sie nicht mehr klar denken konnte (wegen des Alkoholkonsums) wurde sie sogar um den mühsam verdienten Lohn geprellt oder in welcher Art auch immer hintergangen!
Es ist so eine Geschichte, die einen außenstehenden, traurig, ja wütend macht, weil es ein schlimmes Ende genommen hatte! Die “fliegende Händlerin”, die sie mal war, freute sich sogar vielleicht, als ihr der Fussel spendiert wurde. Im Kaiserreich war jeder auf sich selbst gestellt, sodass sobald sich jemand zu auffällig verhalten hatte, mit solchem Menschen der sprichwörtliche “kurze Prozess” gemacht wurde. Bei der dargestellten Zitronenverkäuferin war es, wie man es sich schon denken kann, die Trunkenheit, die zu ihrer Festnahme geführt hatte.
Einmal in Zwängen / Süchten “gefangen”, das kann mitunter schnell gehen, wie man es heute in den verschiedenen Medien sehen / lesen kann. Im Gegensatz zu der Gegenwart keine Chance auf eine Therapie oder Besserung. Es ist traurig dennoch war: die letzten 22 Jahre - zwischen 1894-1916 verbrachte Henriette Johanne Marie Müller
in einer Nervenheilanstalt wegen “geistiger Verwirrung”. Man ließ sie dort weitgehend in “Ruhe”, doch es erfolgte keinerlei Behandlung, denn offiziell galt sie nicht als “Geisteskrank”. Verstehe das wer will.
Ihrer Popularität tat das aber keinen Abbruch. Bereits um 1900 wurden Lieder und Stücke über sie geschrieben und in Umlauf gebracht, die ich persönlich nicht kenne. Das Denkmal zeugt davon auch noch bis heute. Bei den div. Stadtrundfahrten wird zwar auf sie beiden hingewiesen, dennoch ohne den Hintergrund zu erwähnen, den ich eben zusammengetragen habe.
Die kleine Frau wurde zwischen dem Hamburger Michel und den Krameramtsstuben 1986 aufgestellt. Der Plattdeutsche Text, der unter ihr zu lesen ist lautet: “"Dien Leben wer suur as de Zitroonen, sall sick dat Erinnern an di lohnen? Dien Schiksol wiest op all de Lüüd, for de dat Glück het gor keen Tiet". Auf Hochdeutsch heißt das: Dein Leben war sauer wie die Zitronen, soll sich das Erinnern an dich lohnen? Dein Schicksal erinnert an all die Leute, für die das Glück gar keine Zeit hat”.
Natürlich soll man sich an solche Leute erinnern” Im Hamburg ist dies auch auf dem Ohsdorfer Friedhof, wo sie zu den besonderen Frauen gezählt wird. In diesem Garten gibt es sogar eine gelbfarbene Rose, die nach ihr benannt wurde. Beides nur am Rande erwähnt.
Der auf der Tafel erwähnte Paul Möhring war ein Theaterschaffender, der das Lebens szenisch “verarbeitet” hatte. Dazu kann ich aber nichts weiter sagen, auch wenn an ihn hier ebenfalls gedacht. Mich hat es jedenfalls neugierig gemacht, um wen es sich dabei handelt! Gestiftet wurde das ganze von der Bürgerstiftung Haus, Stadt und Land.
Es gibt alle möglichen Figuren, bei denen es heißt, wenn man sie an einer bestimmten Stelle berührt, soll das Glück bringen. Ihre ausgestreckte Hand ist davon so blank poliert, sodass es scheint, dass dies auch öfter gemacht wird, weil es geholfen hatte. Am besten sich etwas wünschen, damit es in Erfüllung geht![verkleinern]