Nirgends bekomme ich so schnell das sichere, schlechte Gewissen, eine unfähige Mutter zu sein wie auf einem Spielplatz!
Alle anderen Mütter sind grundsätzlich zum Wohl ihrer kleinen Hoffnungsträger, den Garanten der Zukunft, perfekt ausgestattet. Alle anderen Mütter haben Apfelschnitze (oder zumindest Apfel- oder Bananenchips aus dem Bioladen), Paprikastreifen, geschälte Karotten oder Reiswaffeln dabei. Alle anderen Mütter haben große Lust mit ihrem Kind in der Sandkiste mit Förmchen zu... weiterlesen backen – nur ich nicht!
Spielplatzbesuche sind bei uns schon immer Papa-Sache gewesen. Doch ab und an trifft es mich doch – zum Glück nur noch selten, die Kinder werden ja größer … – und dann fahre ich mit den Dreien zum Spielplatz "Alsterwiesen".
Bewaffnet mit Mineralwasser, Feuchttüchern (daran denke ich!), Fußball und Lesestoff machen wir uns manchmal sogar per Fahrrad auf den Weg. Da muss ich aber richtig gut drauf sein, denn sonst halten das meine Nerven nicht aus und ich drohe bereits nach 500 Metern mit Umkehr. Nämlich deshalb: "Fahr Deiner Schwester nicht ins Hinterrad!", "Schubs Deinen Bruder nicht!", "Pass bitte auf, wir sind hier doch nicht allein unterwegs!", "Auf dem Rad wird nicht gestritten!", "Es ist verboten, Spaziergänger zu jagen!" und so geht es munter weiter. Aber irgendwann kommen wir an.
Der Spielplatz ist weitläufig angelegt, aber gerade noch überschaubar und zudem wunderschön im Alstertal gelegen. Eine große Wiese – die man betreten und auf der man sogar spielen darf – trennt den Platz vom Alsterlauf.
Idylle pur, wären da nicht all die Kinder.
Viele gepflegte Spielgeräte, so viele, dass es keines meiner Kinder nach meiner Gesellschaft dürstet. Es gibt auch einen Grillplatz, so werden hier viele Kindergeburtstage gefeiert.
Ich setze mich auf eine der vielen Bänke, lese und habe fast meine Ruhe; leider nur fast, denn mit einem Auge bin ich natürlich doch bei ihnen: Auf der Kletterspinne (Elterngefühl: 12 m hoch), auf diesem Wahnsinnskarussell ("Mami, guck mal wie schnell ich kann! Turbooooo!!!"), und auf dieser riesigen, leicht schräggestellten Drehscheibe, auf der sie herumlaufen und so gern 'runterfliegen und sich dann kaputtlachen. Auch Schaukeln sind mir heute nicht mehr geheuer … Ich mag gar nicht hinsehen, sonst wird mir ganz schlecht – dabei spiele ich die Gelassene, Obercoole …
Die Kinder sind glücklich, klettern, schaukeln, rutschen und toben herum und streiten sich mindestens um die Hälfte weniger, als im hauseigenen Garten.
Zwischendurch gibt es ein Eis oder Waffeln oder ein Würstchen am angrenzenden Kiosk (vornehm "Café Alsterwiesen" genannt), dort gibt es auch – sehr wichtig: eine Toilette, die einigermaßen in Ordnung ist, weil man sich am Kiosk den Schlüssel holen muss. Die Nutzung ist für Gäste des Kiosks kostenlos, sonst zahlt man 0,50 €. Am Kiosk bekomme ich auch ein einfaches Glas Wein oder im Winter die heiße Variante.
So lässt es sich denn auch für mich auf einem Spielplatz aushalten. Bei einem Glas Wein ist alles nur noch halb so schlimm …
Was mich hier manchmal stört, sind nicht angeleinte Hunde – ich mag Hunde, aber nicht in der Sandkiste! Und das ist auch kein Hunde-, sondern ein Halterproblem.
Nach frühestens zweieinhalb Stunden dürfen wir gehen, meistens sind es eher drei – und das ist o.k. Wenn wir dann alle froh und ausgeglichen nach Hause kommen, frage ich mich, was denn jetzt so schlimm daran war …
Ach ja, die perfekten Mütter, die waren nicht am Kiosk![verkleinern]