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Ausgezeichnete Bewertung
Kurz: Geräumiges Musikaliengeschäft mit vielen Möglichkeiten, Instrumente auszuprobieren, man kann in Ruhe Dinge anschauen, ohne sofort von Verkäufern bedrängt zu werden. Verkaufsberatung ohne Schablone.
Prosa: Was tun, wenn man plötzlich viel Zeit hat und es draußen mutmaßlich mehrere Monate lang kalt ist - ja, das geht sogar in Zeiten des Klimawandels. Wetter ist halt nicht Klima. Da fraß sich ein Gedanke in mir fest, den mir ein Kollege beim Frxxxx Essen in der Kantine arglistig... weiterlesen
unterschob. Er zweifelte meine Aussage an, ich sei am Thema Musikmachen wegen kompletter Unfähigkeit gescheitert und sagte, jeder kann Musik machen. Man muss nur vielleicht mehr üben als Übertalente. Das nagte (Kantine!) dann doch an mir.
Dann suchte ich einige zweifelhafte Etablissements mit günstigen Getränkepreisen, kleinen und dunklen Bühnen sowie ziemlich böser Live-Musik auf, die möglicherweise in weiteren Artikeln zur Geltung kommen werden. Ich fand heraus, dass ich zumindest in der Lage war, im Rhythmus (na, sogar rhychthig mit zwei "h" geschrieben!) mit dem Fuß (okay, mit beiden!) mitzuwippen und die rauen Gitarren-Riffs mitzujaulen.
Noch zu Zeiten von "Last Christmas" im Radio kreiste ich wie ein Tiger nach einem Fastenmonat ums saftige Zicklein um die Videos zum Thema "E-Gitarre", welche die YouTube-Universität wohlfeil vorhielt. Dann studierte ich diverse Ladenbewertungen und stellte dabei fest, dass einige der Bewerter zwischenzeitlich mutmaßlich verstorben sind, so alt waren die Texte.
Ein ausgefeiltes Verfahren aus Bewertungsmittelwertbildung, Hörensagen und Würfelwurf trieb mich schließlich in die Fänge von PPC Music in Hannover. Das heißt, ich fuhr einmal sonntags hin, um mir die Schaufenster anzuschauen. Da sich die Verkaufshallen in einem heimeligen Industriegebiet – man denke da an Western mit herumgewehten Dornenbüschen – befinden, verband ich den Erstausflug mit einer ausgedehnten Fahrrad-Expedition. Hatte ich riesige Schaufensterfronten erwartet, an deren Fenster man sich die Nase bis zur Wange plattdrücken kann, so wurde ich von der knastartig-einladenden Front dann doch etwas überrascht. Ein schmaler Schlitz in der Einbuchtung einer überdachten Gemäuerfront wies immerhin auf eine Zugangsmöglichkeit hin.
Beim zweiten Besuch rollte ich, mittlerweile finster entschlossen, mit meinem Auto vor und konnte mir einen der zahlreichen Parkplätze aussuchen. Ich navigierte zur Tür und fand mich (ohne Auto) in einer Eingangshalle wieder, die entfernt an eine Uni erinnerte. Ein schwarzes Brett, voll mit Zetteln in Musikergeheimsprache warb für Kurse, um Mitspieler sowie für alten und neuen Ramsch. Von der Eingangshalle gehen zwei Glastüren ab, außerdem kann man eine formschöne Treppe benutzen, die in den ersten Stock führt.
Wenn man mangels Schildern nicht weiß, wohin man muss, geht man einfach durch irgendeine Türe, lässt sich rauswerfen und wiederholt das so lange, bis man einen Treffer erzielt. So mochten die beiden freundlichen Verkäufer im ersten, rund volleyballfeldgroßen Raum mir zwar sehr viel über Schlagzeuge erzählen, aber nichts über Elektroklampfen. Sie gaben mir eine Wegbeschreibung und ich hatte nun noch die Wahl, welche der beiden verschränkten Treppen ich nehmen wollte. Im ersten Stock angelangt, vorbei an stylischen Gitarrenaufklebern und etlichen Devotionalien für Musikinstrumente-Hersteller schwang ich mutig die Türe zum Gitarren-Verkaufsraum auf. Gleich links standen zwei Verkäufer hinter einem rund zehn Meter langen Tresen, die gerade dabei waren, einer Kundin geduldig zu erklären, welche Saiten sie (nicht bei der Erziehung, sondern) bei der Gitarre aufziehen sollte.
Dort hingen und standen einige Fantastilliarden Zupf- und Sägeinstrumente, die besseren in direkter Sichtweite, die für Menschen mit dem größten Potential zum Hinzulernen (vulgo "Anfänger") eher in größtmöglicher Raumdiagonale. Insgesamt kommt das Gefühl auf, das auch Waldi an der Wursttheke kennen, wenn auch nicht recht artikulieren könnte. Ah, so sieht also eine echte Gibson Les Paul, so eine Fender Stratocaster, ah, das ist eine Düsenberg Alliance und da hinten? Na ja: Das sind die Yamaha Pacifica-Lerngitarren.
Wenn jemand – wie ich – so gar keine Ahnung hat, sich aber zur Abwehr übertrieben geschäftstüchtiger Verkäufer mit blutenden Augen einen Schutz davor anrecherchiert hat, dann kann man eine Verkaufe auch als eine Art "Tierversuch" (tschuldigung, liebe Tiere!) aufziehen. Man geht hin, sagt, dass man gerade anfängt und schaut, was sie so empfehlen.
Und da war ich baff, denn der Verkäufer gab mir ein gutes Gefühl, dass ich trotz meines fortgeschrittenen Lebensalters nun doch zur Musik gefunden habe. Ich war schon in Musikalienläden, bei denen man gleich im Ansehen von "Mensch" auf "pflanzlich oder anorganisch" durchrutschte, wenn man sich als Musik-Noob zu erkennen gab. Hier nicht.
Der Miet-Sultan of the Strings fragte mich einige Dinge ab, erkundigte sich nach meinen Wünschen und gab sinnvolle Tipps zur Auswahl. Er redete mir sogar etwas aus und empfahl mir einen anderen Verstärker als den, welchen ich zuerst im Visier hatte. Eine gute Wahl, wie sich später zeigte - wir sind noch in der Gewährleistungsphase, da benehmen sich die Dinger normalerweise.
Bei der Gitarre kam exakt diejenige raus, die ich vorher schon im Auge hatte und eben nicht das sonst vom gleichen Hersteller gern für Anfänger empfohlene mit einer etwas geringeren Holzqualität. Er stellte mir das Instrument vor, zeigte dabei auch en passant, dass er durchaus auch locker viel Geld vor Karstadt oder in der Fußgängerzone machen könnte und stellte sie gründlich ein und erklärte, was er tat. Methodisch ging er danach eine vermutlich im Kopf abgelegte Zubehörliste durch und belegte sie mit einigen Produkten, jeweils mit Erklärungen und Fragen nach etwaigen Wünschen. Die Übereinstimmung mit meiner vorher sicherheitshalber ausgedruckten Bestell-Liste war frappierend. Er gab mir noch ein paar Tipps zum Lernen, kommentierte meinen Online-Kurs, den ich machen wollte und den er offenbar kannte. Außerdem verwies er auf die weiterführenden Kurs- und Workshop-Angebote des Ladens.
Dann gab er mir noch mal einen ordentlichen Ausblick auf meine todsicher zu erwartende nähere Karriere: schmerzende Hände, Flüche, tiefe Seelenpein-Täler und Himmelhochjachz-Phasen. Ab und zu wehte dabei aus einem angrenzenden schallgedämmten Raum das bestätigende Wummern eines Verstärkers zu mir herüber. Die Rechnung war übersichtlich und beim Blick auf sie unterblieb folglich der Anruf der 112.[verkleinern]