Da die recht eindrucksvollen baulichen Überreste der ehedem Abtei St. Michael auf dem Heiligenberg liegen, kann man hier also vom Heidelberger Mont St. Michel sprechen. Auch wenn die Anhöhe (439,90m üNN) für gewöhnlich nicht von den Fluten des Neckars umspült wird. Man nähert sich dem Areal über den Oberen Philosophenweg, indem man dem Hauptweg Flussaufwärts und anschließend der Beschilderung folgt. Automobilisten finden ganz in der Nähe den Parkplatz am städtischen Naturpark Odenwald... weiterlesen
vor.
Die wuchtige Anlage ist mit Ausnahme der Turmfragmente nur noch anhand der Fundamentmauern erkennbar. Diese geben jedoch einen schönen Eindruck von der Größe und Raumaufteilung dieses Kirchenbaus. Trotz schönen Wetters und entsprechender Beleuchtung will sich keine recht mystisch-kontemplative Stimmung einstellen. Das liegt maßgeblich an der Horde tobender (Klein)kinder, die das hier für einen Abenteuerspielplatz halten. Aber wehe, einer der Rabauken stößt sich mal irgendwas am harten Gestein - dann ist aber ruck zuck das ganze Areal mit unschönen Gittern verziert oder gleich ganz für die Öffentlichkeit gesperrt.
Schon in grauer Vorzeit wurde hier eine keltische, später römische und ab dem 7 JH christliche Kultstätte betrieben. Der heute in Resten erkennbare Benediktiner-Klosterbau entstand im 11 JH unter Abt Reginbald, der später zu Speyer Karriere machen sollte. Vom zunächst florierenden Unternehmen wurde bereits 1094 das Stephanskloster auf der Südkuppe des Heiligenberges gegründet. Die benediktinische Episode endete 1226 zugunsten des Erzbischofs von Mainz. Es folgten diverse Ordenswechsel und schließlich - leider - Anfang des 16 JH der Einsturz des Glockenturms der Michaelsbasilika mit angeblich drei Todesopfern sowie baldiger Aufgabe der Anlage. Die Universität zu Heidelberg als spätere Eigentümerin des säkularisierten Bauwerks beschloss dessen Abriss. Es war dann aber die bäuerliche Nachbarschaft aus der Gemarkung Handschuhsheim, welche die Kirchenbauten als Steinbruch für Baumaterial nutzte und den heutigen Ruinenzustand maßgeblich herbeigeführt hat.
Als Vorher-Bild hier die modellhafte Rekonstruktion des Bauensembles Mitte 15JH
http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/hd/heiligenb/modell1.htm
Erzengel Michael, dem dies alles gewidmet war, hat natürlich die richtigen Worte der Zurechtweisung für solch frevlerisches Tun gefunden. Auch den Eltern freilaufender Kletterkinder wird eine etwas respektvollere Haltung gegenüber dieser historischen Stätte empfohlen. Das Flammenschwert sitzt durchaus locker ;-)
Der Autor dankt der Ersten Tochter für die ortskundige Führung und Fa. Wikipedia für einige der historischen Hintergrundhappen.
Mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas[verkleinern]