- Checkin
Ein noch fast geheimer Ort oder die Halde Pluto-Wilhelm und die Thyssenhalde
Beide Halden liegen direkt nebeneinander nördlich der Wilhelmstr. in Wanne an der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen-Bismarck, abgegrenzt im Osten durch die Thiesstr., im Norden durch die A42 und im Westen durch die Erzbahntrasse, ein Radweg, der auf einer alten Eisenbahntrasse von Bochum über Herne nach Gelsenkirchen führt. Und da sind wir auch genau an dem Ort, den ich mit „fast geheimer Ort“ meine: Beide Halden haben... weiterlesen
noch keinen offiziellen Zugang, obwohl Pluto schon absolut sehenswert ist.
Wenn man die Wilhelmstr Richtung Gelsenkirchen an der Forensik vorbei fährt, ist an der Stadtgrenze eine Brücke und links davon ein Aufgang zur Erzbahntrasse. Oben angekommen geht man rechts und direkt hinter der Forensik (man sieht das kleine Kraftwerk der Forensik recht gut) geht ein kleiner Trampelpfad unter einem großem Hochspannungsmast hindurch (keine Angst, man kann sich dort nicht elektrisieren, wenn man nicht hoch klettert :-) weiter durch ein kleines Wäldchen zu den Halden. Die Thyssen Halde liegt direkt vorne und grenzt auch an die Erzbahntrasse. Sie ist verhältnismäßig rund und wird gerade mal wieder renaturalisiert, doch dazu mehr unten – eine interessante Geschichte.
Am Ende dieses Trampelpfades sieht man 3 Wege. Der eine geht geradeaus direkt an der Forensik vorbei auf die Halde Pluto. Erst recht gerade und später mit einigen Steigungen und Serpentinenförmig aufs Plateau. Der mittlere Weg geht fast geradeaus bis nach oben, recht steil, und der linke Weg, momentan an einem Bauzaun vorbei führt um die Thyssen Halde. Mein Weg führt zuerst einmal geradeaus zur Plutohalde, einem Naturschutzgebiet. Liegt das Doppelstrebengerüst (Bock-Gerüst) mit einer Höhe von 56 Metern greifbar nahe, geht links ein Weg ab, der nach oben führt, schön gebogen, teilweise als breiter Weg, teilweise als Trampelfahrt durch fast unberührte Natur.
Kleiner historischer Ausflug:
Die Zeche Pluto-Wilhelm war eine der bedeutendsten Zechen des Ruhrgebiets. Ihren Namen bekam sie zu Ehren des deutschen Kaisers und zugleich Königs von Preußen, Wilhelm I. und Pluto bezog sich auf die griechische Götterwelt: Pluto, Gott der Unterwelt und Spenders des Wirtschaftssegens. Mit ihrem Bau wurde 1857 begonnen. 1953 bekam sie ein neues Doppelstrebengerüst, das dem von Zollverein und dem Bergbaumuseum sehr ähnelt. Kein Wunder, stammt es doch vom selben Architekten Fritz Schupp. 1981 wurde letztmalig auf der Halde Schutt abgeladen
Hinter diesem Förderturm befindet sich die 39 m hohe Halde Pluto-Wilhelm (79 m über NN) auf ca 13 ha Fläche. Bereits 1977 begann der selbe Landschaftsarchitekt, der auch Hoppenbruch anlegte, die Halde zu begrünen. Es wurden Büsche, Wildkräuter und Bäume gepflanzt, wobei mich die österreichischen Schwarzkiefern am meisten faszinieren. Aber auch Ahorn und Linden, Birken und Erlen wurden gepflanzt und an den Böschungen Vogelbeerbäume. Meine Hunde lieben die roten Hagebutten. Da muss ich aufpassen, das Krümel sie nicht vom Strauch „pflückt“.
Der bereits fast fertig gestellte Park, der aus drei Höhenschichten besteht, wurde aber nie offiziell eröffnet sondern geriet bei der Stadt und der Bevölkerung in Vergessenheit. Die Bäume wuchsen, das Unkraut auch, ein Paradies für seltene Tiere und Pflanzen. Ein fast geheimer Ort, denn die Zugänge sind nur schwer zu finden. Hundebesitzer kennen ihn allerdings meistens :-)
Jahre vergingen und Anfang des Jahrzehnts erinnerte sich die Stadt wieder an den Park. Die Naturschützer waren schneller als die Stadt und ließen ihn unter Naturschutz stellen, was den Hundebesitzern natürlich überhaupt nicht gefällt. So ist einer der wenigen Orte, wo sich Hunde frei entfalten dürfen auch hinüber. Ob mal jemand darüber nachdenkt, dass Hunde an der Leine aggressiver werden, als Hunde die frei laufen dürfen? Und das in einer Großstadt. Nun denn...
Von den Plänen der Stadt hat man dann auch nichts mehr gesehen oder gemerkt, aber genau das macht die Halde eigentlich aus, denn auf „normalen“ Karten ist sie nicht zu finden oder als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Nur in dem Radroutenplaner des Landes NRW ist sie zu finden.
Man muss hier trotzdem keinem Radfahrer aus dem Weg springen, Skater sind nicht zu sehen und eigentlich fühlt man sich total alleine in der „Wildnis“, wunderschön, denn der Wildwuchs hat sich in den Jahren natürlich ausgebreitet. Man kann die Seele baumeln lassen und die Natur einfach nur genießen ohne gestört zu werden. Nicht zu vergessen die herrliche Aussicht auf dem oberen Plateau, wo es jetzt schon leider einiges an Abfall gibt und seien es nur Fahrradschläuche und Kippen (kein Wunde, denn auf der Halde gibt es bisher weder Bänke noch Abfallbehälter).
Während ich hier meine Runden drehe und einfach nur die Natur genieße, streitet sich die Stadt mit den Naturschützern, ob die Halde nun für die Menschen oder die Tier- und Pflanzenwelt umgebaut wurde/werden soll. Der Stadt liegt der Bürger mehr am Herzen, sie hätte gerne einen neuen Stadtteilpark mit ausgebauten Wegen, Campingmöglichkeit, Spielwiese und Aussichtsplattform auf dem oberen Plateau. „Das natürliche Erscheinungsbild des Geländes wird durch zu viel Infrastruktur gestört“, argumentieren die Naturschützer.
Inzwischen ist ein abgespeckter Plan wohl von beiden Parteien abgesegnet worden. So soll eine kleinere Aussichtsplattform - als ursprünglich geplant - gebaut werden, die Wege sollen nicht ausgebaut sondern nur gesichert werden und es gibt keine Camping- oder Spielwiese. Der Turm soll dieses Jahr noch stehen. Na dann müssen sie sich aber beeilen, schließlich haben wir schon September und davon ist noch nichts zu sehen.
Für mich und meine Hunde ist die direkt davor liegende Thyssenhalde aber wesentlich interessanter. Nachdem der Ausbau auch dieser Halde begonnen hatte, gab es einen Baustopp über mehrere Monate. Sie war ehemals eine Deponie für toxischen Gichtgasschlamm mit Zyanid und Blei oder Asche aus der Müllverbrennung, hochgiftige Resten der Stahlproduktion. 2010 gab es hier einen Giftmüllskandal. Beim Aufschütten und Verdichten der Deponie sind illegale Abfälle mit aufgeschüttet worden, teilweise selbst giftige aber auch Kloschüsseln, Gartenstühle oder Autoreifen, die sie Standfestigkeit der Halde beeinträchtigen können und Regen bis auf die giftigen Gichtgasschlämmen am Boden der Halde sickern kann, und damit das Grundwasser gefährden würde. Eine Zwischenabdichtung wurde vorgenommen aber trotzdem gab es einen über einjährigen Baustopp.
Nun wird dort auch wieder gebuddelt. Die dicken Planen liegen schon auf dem Berg. Darüber kommt eine über 3 Meter hohe Schicht Mutterboden und dann wird neu gepflanzt. Heute sieht sie teilweise noch wie eine Kraterlandschaft aus.
Interessant sind hier die einzelnen Abschnitte zu sehen. Teilweise sind schon Biotope angelegt und begrünt, teilweise liegt nur Splitt auf der Halde oder nur der Boden wurde ausgegraben, ich denke für zukünftige Seen. Das „Betreten der Baustelle ist verboten“ aber rund herum gibt es einen großen Wanderweg und da hier kein Naturschutzgebiet ist und noch nicht einmal ein Landschaftsschutz Gebiet, können die Hunde frei laufen.
Etwa nach der Hälfte des Weges (nach den 2. Teich) achte ich aber sehr auf die Hunde, da direkt darunter die A42 verläuft. Nicht dass sie hier nach unten auf die Autobahn rennen. Dieser Bereich sollte vielleicht zukünftig abgezäunt werden. Aber meine Hunde hören auf's Wort, da mache ich mir keine großen Sorgen, aber ein Auge muss man drauf haben.
Nach dem 3. Viertel mündet die Halde mehr oder weniger direkt auf der Erzbahntrasse, hier ist noch der größte Teil der Baustelle, den man auch nicht betreten sollte, schon überhaupt nicht, wenn die Arbeiter da sind...
Angeblich soll es momentan auf der Halde einen Orchideenbestand geben, der auf jeden Fall gesichert werden soll. Der ist mir aber noch nicht aufgefallen. Vielleicht oben auf der Halde, als Fußgänger kann man ja bisher nur am Fuße herum laufen.
Auf jeden Fall ist die Thyssenhalde für mich und meine Hunde ein beliebtes Gassi geh Ziel und die Plutohalde ist der Geheimtipp für Naturfreunde überhaupt. Die Forensik stört nur ein wenig, oder besser gesagt, der Gedanke daran.
Wenn sich auf der Thyssenhalde was bewegt, werde ich hin und wieder Updates geben[verkleinern]