Kurz:
Du mußt nicht mehr nach Thüringen fliegen, um diese tolle Wurst zu kriegen..Metzgerei Hönnger liefert zuverlässig zu vernünftigem Preis, selbst ins Rheinland!
Schnack-schnick:
Daß Berlin neben kulturellen Freuden auch ein gewisses Potential als Drogenhochburg zu bieten hat, weiß man spätestens seit der Lektüre gewisser Literatur aus den Achtzigern..Ich kann das bestätigen, wenngleich die diversen Suchtstoffe, denen ich im Laufe meiner Berlinzeiten nach und nach verfallen bin,... weiterlesen
nicht intravenös oder durch die Nase konsumiert werden-dafür aber auch völlig ungefährlich sind. Außer für den Body-Mass-Index, versteht sich.
Und wie jede Sucht fing es ganz harmlos an. Man probierte mal hier was, dann da. Schnell kristallisierten sich die Favoriten heraus, die man plötzlich immer sofort, möglichst schon am Ankunftstag und dann immer wieder, zu sich nehmen mußte. Wie oft bin ich schon in der Schlange vor Imren sabbernd von einem Fuß auf den anderen getreten, die 4 Öcken für den Dürüm in der vorfreudig zittrigen, schweißfeuchten Hand?
Irgendwann kommt dann auch die große Depression. Wenn man erst mal wieder zuhause sitzt und einem schlagartig klar wird, daß es noch Monate dauert, bis man endlich wieder an die Objekte der Begierde herankommt. Hierzulande erhältliche Ersatzdrogen (Pseudocurrywürste, Hackdöner, Würste „Thüringer Art“ etc.) , mit denen man bis dato irgendwie klarkommen konnte? Keine Fälschungen mehr für mich. Ich will die Originale!
Und so ist inzwischen jeder Berlinbesuch von einem gewissen Beschaffungsdruck begleitet. Während die meisten Touris mit einem Koffer voller Kunstdrucke, Berlinkrimis oder vielleicht auch kitschigen Brandenburger-Tor-Skulpturen heimkommen, setzen sich meine 23 Kilo Höchstgepäck anders zusammen: Meine Arbeitskutten (die müssen ja leider mit; der Altkleidersammlungs-Freizeitlook bleibt aus Platzersparnisgründen vor Ort), 3 Literthermosflaschen mit abgefülltem Bauden-Ketchup, diverse Pullen Currysauce von „36“, Nußlikör aus der „Preußischen Spirituosenmanufaktur“, diverse Kolli kalter Hund aus dem Ostladen usw. Da hat bestimmt schon der eine oder andere Mensch am Koffer-Röntgengerät in Tegel feist gegrinst.
Allein bei Fleisch und Wurst wird der Export schwierig bis unmachbar. Ich kann ja schlecht mit einem geschulterten Dönerspieß oder einem Minikühlschrank ins Flugzeug steigen..
Richtig akut wurde das Problem, als ich eines Sonntags auf dem Trödelmarkt im Mauerpark in eine Thüringer vom Grill biß und mir schlagartig klar wurde, daß mir nie wieder eine Bratmaxe oder auch die teure Wurst vom Düdorfer Schnöselmetzger wirklich schmecken würde. Denn der dort an einem einzigen Stand angebotene Alptraum des Veganers war so unglaublich gut gewürzt und leckerfleischig, daß ich auf Senf und Ketchup freiwillig verzichtet habe.
Auch in Düsseldorf gibt’s Thüringer, aber klar, daß die Beste der Besten nur in Thüringen selbst-und natürlich in Berlin zu kriegen ist.
Der Wurstmann wurde also bekniet, die Herkunftsquelle rauszurücken. Er tat’s und sah auch kein Problem, die Wurst im Internet zu ordern, bis ich mich als Düsseldorferin outete. Da machte er mir wenig Hoffnung. „Wennse aus Berlin kämen-aber Düsseldorf..Naja, guckense mal auf die Seite der Metzgerei.“
Quasi noch im Mantel hockte ich mich nach dem Heimflug an den Rechner und checkte verbissen die mutmaßliche Quelle im Netz-den Metzger Hönnger in Jena. Und Wunder über Wunder ! Der hat offenbar kein Problem mit Düsseldorf und versendet seine gefrorenen Spezereien bundesweit. Im Shop kann man alles online ordern, auch Hartwurst- und Knackerkram, Wurst im Glas, Suppen usw.
Damit sich die 6,90 Versandkosten auch lohnen, orderte ich gleich mal 20 Thüringer und Soljanka sowie Thüringer Wurstsuppe. Zahlung per PayPal; herrlich unkompliziert. Innerhalb von 24 Stunden sollte der Stoff, in Trockeneisverpackung, per Post angeliefert werden. Ich konnte mir das gar nicht vorstellen; habe ich doch schon erlebt, daß ein einfacher Brief von einem Ortsteil zum anderen fast eine Woche gebraucht hat und jeder Schneckenexpress schneller gewesen wäre. Demnach ist Jena ja quasi auf einem anderen Planeten..
Aber es klappte! Schon am nächsten Tag astete der Postbote meine Lieferung ins Büro;wie versprochen aufwendig verpackt und eisigkalt. Freudig eilte ich zur heimischen Pfanne.
Die Würste waren kein „Versandfake“, das sah ich sofort. Denn die sahen im Rohzustand genau so fies aus wie am Grill in Berlin. Unegal geformt, irgendwie schlappig und von reichlich ungesunder Farbe, was sich nach dem Wurf ins Fett sofort änderte. Und wenn man die Würzaromen des Holzkohlegrills mal abzieht, war auch der Geschmack authentisch! Ein schweres Beschaffungsproblem ist nun für alle Zeiten gelöst, hurra! Nun kann der Rewe seine Pseudoprengel behalten.
Nicht vom Hocker gerissen haben mich allerdings die Suppen. In Soljanka kann ich mich normalerweise einlegen;diese war allerdings nur okay, mehr nicht. Das mag Geschmackssache sein, vielleicht muß die so und ich habe bisher immer „verwestlichte“ Imitate gegessen.
Jetzt fehlt nur noch ein Helikopter-Service vom Kreuzberger Dönerkönig..Und hier könnte ich für einen Gummipunkt guten Gewissens mein „Profil“ in Sachen Mitnahme auf einsame Insel vervollständigen: Diverse Säcke Holzkohle, ein Grill und ein Jahresvorrat Hönnger-Thüringer!
Jedem Bratwurstjunkie, der nicht das Privileg hat, das Zeug vor Ort konsumieren zu können, kann ich diesen Lieferservice nur wärmstens ans Herz legen. Wetten, Ihr hört dann überheblich-wissend grinsend weg, wenn im Radio mal wieder der „Bratmaxesong“ nervt?![verkleinern]