Bei einigen Menschen scheint sehr früh der berufliche Werdegang „vorgezeichnet“ zu sein. Das kann man auch auf den hier verehrten Wissenschaftler Denis Papin übertragen. Dennoch war bei dem gebürtigen Franzosen aus Blois nicht ersichtlich, dass er, als er mit gerade mit gerade ca. 14 Jahren das Studium der Medizin begann, sie nicht an Patienten verwenden sollte, sondern sein Wirken in eine andre Richtungen führen wird! Was noch hinzu kommt, dass er fern der Heimat in Kassel auf diese Art geehrt... weiterlesen
wird! Aber alles der Reihe nach.
Bei unserem Spaziergang durch die Kasseler Innenstadt sind wir eher zufällig ans „Ottoneum“ gelangt, vor dem der Brunnen (bzw. Denkmal) steht, gelangt. Es ist ein bemerkenswertes Kunstobjekt, das ihm zu Ehren 1906 vom Verschönerungsverein aufgestellt hatte. Der Standort wurde bewusst gewählt, weil das Gebäude dahinter, in dem sich zuvor das erstes freies Theater Deutschlands befand, nach 1695 zu einer Art (Vorläufer) einer wissenschaftlichen Hochschule umgebaut wurde, zu Papins „Forschungslabor“ umfunktioniert wurde. Da greife ich ein wenig zu forsch vor.
Man könnte meinen, dass nach dem Ende des 30-jährigen Kriegs sich in den Jahren nach 1648 ein „wenig Ruhe“ eingekehrt wäre. Dem war es aber nicht so. Das absolutistische Frankreich unter Ludwig XIV. ging nicht zimperlich mit den Hugenotten, zu denen auch die Familie des Dargestellten gehörte, um. Wie viele Seiner Landsleute floh der promovierte Arzt zuerst nach London. Dort begann ab 1675 seine Forschungstätigkeit auf dem eigentlichen Gebiet, das ihn zu einem „Spezialisten“ machte: Physik mit dem Schwerpunkt Hydraulik und experimentelle Versuche mit Dampf. Ab 1679 fungierte er als Assistent von Robert Hooke (28.07.1635 Freshwater – 14.03.1703 London). Dieser gilt bis heute als ein „Universalgelehrter“, weil er Grundlagenforschung betrieb und daraus resultierende Erkenntnisse (nach ihm benannte „Gesetze“) bis heute (in veränderter Form) weiterhin bestand haben. So habe ich gelesen, dass das Quecksilberthermometer eine seiner Erfindungen gewesen ist! Auch, wenn er als ein „Exzentriker“ galt, war er einer der Mitglieder der noch bis heute angesehenen „Royal Society“, die ihn gleichzeitig zu seinem „Forschungsdrang“ veranlasst hatte! Bei einem solchen „Lehrmeister“ (auch wenn er als kauzig galt) war der „richtige“ Partner an der Seite, um sein erstes Patent 1681 anzumelden. Es heißt, dass Hooke „allergisch“ auf die Entdeckungen der „Kollegen“, die er selbst für sich beansprucht hätte. Kann mir in einem solchen Kontext auch vorstellen, dass es ein Grund gewesen sein kann, warum Papin im gleichen Jahr aus London fortging, um als Leider einer der Fakultäten der „accademia publica di scienze“ in Venedig zu werden. Das ist nur eine Vermutung, die zwar realistisch ist, die ich aber nicht weiter belegen kann. Wer mehr über das Wirken und Leben von Robert Hooke erfahren möchte, kann ich diese Seite empfehlen: https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/biologie-abitur/artikel/robert-hooke
Nach einem erneuten Lehrauftrag in London sollte ab 1684 für die nächsten 20 Jahre Hessen zu seine Wirkungsstätte sein. Dennoch zuerst in Marburg. Was mich ein wenig verwundert hatte, dass man ihn nicht im Bereich der Medizin gewesen ist, sondern im Fach Mathematik! Wie ich vor Jahren geschrieben habe, wurde diese als eine der ersten Universitäten, die von einem protestantischen Herrscher (hier Philipp der Großmütige) 1527 gegründet wurde. Schon aus diesem Grund besaß sie eine Art „Sonderstallung“ unter den Lehranstalten, weil sie selbst den talentierten Männern offen stand, die sich das finanziell gar nicht leisten könnten! Mehr unter: https://www.golocal.de/marburg/freizeitanlagen/collegium-philippinum-der-hessischen-stipendiatenanstalt-YUJ7u/
Bereits ein Jahr nachdem Papin nach Marburg berufen wurde, erhielt er dort 1688 eine akademische Lehrerlaubnis, die er bis 95 inne gehabt hatte. Danach sollte ein weiterer Umzug folgen: kein geringerer als der damals als sehr fortschrittlich geltende Landgraf Karl von Hessen-Kassel ihn in seine Residenzstadt holen ließ. Über diesen werde ich an der passenden Stelle in gewohnter Ausführlichkeit berichten. Was aber in dem Zusammenhang für erwähnenswert finde, dass dieser im regen Austausch mit führenden Wissenschaftlern seiner Zeit sich befunden hatte: unter anderem mit Gottfried Leibniz. Auch, wenn Denis zu der „Riege“ der späteren Fakultätsmitglieder der von dem Landgraf gegründeten „Collegium Carolinum“ bestens passen würde, kehrte er bereits 1707, zwei Jahre vor deren Gründung, nach London zurück. Die 12 Jahre, die dazwischen lagen waren in seinem Wirken sehr prägend gewesen.
Eine solche „Partnerschaft“ wie zwischen dem Wissenschaftler und dem Landesherrn von Kassel muss im Kontext der Zeit betrachtet werden: als ein Souverän hatte er nicht nur das „Wohl“ der Untertanen im Sinn, sondern wie andere Herrscher auch, ein „Prestigegewinn“ für sich selbst! Es zeigt sich, dass die aus den oben erwähnen Gründen beschlossenen „Maßnahmen“ ein Zugewinn für die eigene Selbstdarstellung bedeutet: mit der Erlaubnis, dass sich die Hugenotten in seinem (vom 30-jährigen Krieg) entvölkerten und eher „bescheidenem“ Land, das zudem in einigen Teilen zerstört blieb, sich niederlassen durften, dass auch auf diesem Weg solche Menschen wie Papin es ebenfalls getan haben.
Was wäre Kassel ohne sein Schloss Wilhelmshöhe gewesen! Das ist ein „Projekt“ das die beiden Männer miteinander verband: ein beliebtes Mittel der absolutistischen Herrscher waren die sog. Wasserspiele, werden sie als ein Highlight innerhalb des UNESCO ERBES angesehen! Seit über 300 Jahren ein beeindruckendes Schauspiel bei dem das Wasser aufgrund der Schwerkraft in diversen Kaskaden, Brunnen und Fontännen die Betrachter erfrischt und erfreut. Das wäre sicherlich in der Form dem Karl in den Sinn gekommen aber sicherlich nicht für jedermann zugängig. Durch verschiedene Versuche und Experimente der technischen Seite des ganzen ist im Grunde genommen ein „Verdienst“ von Denis Papin. Die Lorbeeren aber fallen zu der Zeit dem Auftraggeber zu, der das ganze finanziert hatte und auch diesen besonderen „Tüftler“ engagiert, sowie ihn für seine „Zwecke“ eingestellt hatte!
Der Erfindergeist kann vieles bewirken aber wenn die Technik sich als nicht so stabil herausstellt, wird das dann von anderen aufgegriffen, sodass man es Jahrhunderte später mit einer anderen Person in Verbindung bringt. So geschehen bei dem Vorläufer der Watts Dampfmaschine, die eigentlichen eine Weiterentwicklung eines Patents von Papin gewesen ist. Es ist vielleicht bittere Ironie, dass aufgrund von territorialen Auseinandersetzungen zwischen den Herrschern in dem Gebiet zwischen Fulda, Werra und Weser eine Nutzung eines Antriebs eines Schiffs ihn zu einer Rückkehr nach London veranlasst hatte. Um zu schlimmer, dass dort ebenfalls ihm kein wirtschaftlicher Erfolg mehr beschieden sein sollte. Was mich nachdenklich macht, dass man nicht mal weiß wann er in London gestorben sei (letzte Meldung stammte von 1712) und wo sich einst seine Grabstätte befunden hatte. Bisher habe ich gedacht, dass die Mitglieder der royal Society auch finanzielle Vorteile daraus ziehen konnten. Bei ihm wurde ich aber eines „besseren“ Belehrt: den Hinweisen nach war er zuletzt verarmt und alleine gewesen, was ich in einem solchen Kontext für wirklich bedauernswert halte.
So düster soll aber meine Darstellung nicht enden! Seine Rolle wurde durch die Nachfolgegeretaionen in diesem Brunnen in Kassel gewürdigt. Wie das Henschelbrunnen wurde auch dieses von dem Bildhauer Hans Everding (Gelsenkirchen 1876 - Kassel 1914) geschaffen. Die Bronzeskulptur, die einen nackten Jüngling zeigt, soll auf eine seiner Erfindungen hinweisen: das zuletzt erwähnte Wasserboot, das mithilfe einer Vorrichtung sich unter diesem Element bewegen konnte. So wie ich es verstanden habe, soll es ebenfalls durch Dampfkraft betrieben worden sein. Ein solches Gefährt hält diese Figur in den Händen. Das was ich fälschlicher Weise für einen Delfin gehalten habe, ist aus der Nähe betrachtet deren Antrieb. Bei der dicke, die das Fahrzeug aufweist, habe ich es vor Ort für einen Blatt gehalten aber auch das war eine falsche Schlussfolgerung von mir. Beide Arme sind, wie man es sehen kann, in die Höhe gehoben, um seine Last besser halten zu können. Insgesamt scheint der junge Mann eher eine schmächtige Figur verpasst, die aus meiner Sicht dem Zeitgeschmack angepasst wurde.
Auch dieser Brunnen war im Betrieb gewesen, als ich mir ihn aus der Nähe betrachtet hatte. Laut den Angaben, die ich im Netz gefunden habe, die Becken und der Sockel auf dem sie Bronze angebracht wurde, ist aus Marmor hergestellt worden. Unten gibt es einen Bassin, die an eine verschnörkelte „Sprechblase“ erinnert. Das ist jedenfalls meine Assoziation. Warum sie so kunstvoll daher kommt, kann ich mir nicht erklären, denn sie besitzt in dem Wasserkreislauf keine Rolle. Dem folgt eine „Basis“, die die dicker ausfällt als der Teil darüber. Auf beiden Seiten gibt es Kartuschen, in denen (was mir entgangen ist) etwas eingraviert wurde.
„Geschaffen vom Kasseler Bildhauer
Hans Everding (1876-1914).
Er erinnert an den
Physiker Denis Papin (1647-1712),
der als Hugenotte nach Hessen geflohen,
in Kassel 1695-1707,
meist hier vor dem Ottoneum,
seine Versuche mit der Dampfkraft vornahm“
Die beiden Schalen sehen wie Muscheln aus. Diese sind sehr detailreich ausgestaltet. Darauf folgen weitere Emblems. Das eine zeigt das Konterfei eben des Denis Papin, wie man ihn auf zeitgenössischen Bildern „verewigt“ hatte. Hier ist es nicht erkennbar aber was was im Netz fand, war eine damals sehr beliebte Locken-Perücke. Das Gesicht wird im Profil abgebildet auf einer (Bronze?)Platte. Im Gegensatz zu den aus Stein hergestellten kann man sie auch nach über 100 Jahren bestens erkennen. Die andere sind zum Teil sehr stark verwittert. Dem Gesamterscheinungsbild tut es dennoch keinen Abbruch! Was mir ebenfalls gut gefällt, dass nicht nur die Muscheln auf das nasse Element verweisen, sondern auch die beiden Fische aus denen das Wasser sprudelt ebenfalls. Man braucht schon eine Weile, um das alles auf sich wirken zu lassen! Hier ist volle Zustimmung angebracht, die ich auch an der Stelle vergeben möchte![verkleinern]