Die ehrwürdige Kirche St. Sevarin, im gleichnamigem Viertel, die ich vorher beschrieben habe, liefert eine Kulisse für eine der schönsten Plastiken, die ich in den letzten 12 Monaten entdeckt habe! Sie entspricht mit ihrer altmodischen Tracht, einem Stubenmädchen, das man vor über 100 Jahren sich bei der preußischen Obrigkeit, die sich hier bequem gemacht hatte, gut dort vorstellen kann. Ein adrettes Schürzchen, hochgesteckte Haare, ein keckes Lächeln auf den Lippen... wenn nicht... ein Tablett... weiterlesen mit Pralinen / Konfekt wäre, das sie in ihren Händen hält!
Aus diesem Grund wird sie meistens als “Das Stollwerk-Mädchen” bezeichnet. Auch, wenn die Firma von anderen Schokoladeherstellern längst einverleibt wurde, in ihr lebt es gewissermaßen fort!
Je nach Quelle, habe ich weitere Beinamen entdeckt: Pralinenmädchen, Schokoladenmädchen aber auch Gerda, so werde ich sie fortan nennen. Zusammen mit dem Severinsbrunnen bilden sie eine Einheit.
Laut einiger Quellen soll dieses Mädchen selbst in der besagten Fabrik gearbeitet haben. Zu der Zeit war die Schokolade erst seit kurzem ein Massenprodukt, das man für wenige Pfennige haben konnte. Die Idee die Süßigkeit durch hübsche Verkäuferinnen an den Man(n) zu bringen, dadurch, dass sie in einem Bauchladen präsentiert werden, mag “abgekupfert” sein, doch diese Gerda im besonderem ist es jedenfalls nicht!
Die Plastik selbst ist jünger, als es den Anschein erweckt, denn an dieser Stelle kann man sie erst seit April 1990 bewundern! Die Bronzeskulptur wurde von dem Kölner Bildhauer Sepp Hürten geschaffen. Der Name - Gerda jedoch, stammt aber von der Künstlerin Uschi Huber. Sie machte sie zum Objekt eines Kunstprojektes: nachdem es einige Jahre dort stand, entdeckte Frau Huber, dass “ihr Mädchen” ein Teil des Viertels geworden ist. Das nahm sie an kleinen Details wahr: Blumen, die eingepflanzt wurden und weitere Nettigkeiten, die ich selbst nicht einzeln benennen kann...
Da war die Idee geboren, diese Veränderungen filmisch festzuhalten. Mit der Zeit sind 96 Fotos entstanden, die zu einem Bildband zusammen gefügt wurden..
Wenn man sich Gerda genau anguckt, so fällt einem als erstes die lässige Körperhaltung auf: ein Arm lehnt sie auf dem benachbartem Brunnen; in der anderen offeriert sie eine Praline an. Ein Tablett mit den anderen lehnt auf ihrem reizendem Knie, sodass ihr Kleid nach oben rutscht und ein Blick auf ihre Schnürschuhe gewährt. Zu der besagten Zeit um 1900 eine Provokation sich so hinzustellen, erst recht, wenn der Unterrock sichtbar hervor blitzt. Ob es eine künstlerische Freiheit des Bildhauers gewesen ist, kann ich nicht sagen.
Wendet man sich der Rückansicht an, so entdeckt man, dass das Kleid mit viel Liebe zum Detail gestaltet wurde! Zwei unterschiedlich große Bronzeschleifen zieren die Schürze / Kleid - so genau kann man es nicht erkennen. Vollplastisch, versteht sich, man hat wirklich das Gefühl, als ob sie keine Figur wäre. Wirklich sehr hübsch mit den angedeuteten Rüschen, an dem Kleid!
Eine Plakette auf dem benachbarten Brunnen gibt es folgenden Text zu lesen: “DEN BÜRGERN DER STADT KÖLN ÜBERGEBEN DURCH DEN SEVERINS BÜRGERPREIS e.V. UNTERSTÜTZT DURCH HANS IMHOFF (Inhaber der Stollwerk Schokoladenfabrik).
Eine sehr gelungene Idee, einer Arbeiterin ein Denkmal zu widmen, das auch eine optische Bereicherung des Ortes mit sich bringt! Das hat wirklich die Höchstauszeichnung wirklich verdient![verkleinern]