Thank God I'm a country boy. Jedenfalls dann, wenn es mich - zumal bei adäquatem Wetter - nicht in die brodelnden Hotspots der rheinischen Weltmetropole zieht (dazu steht bereits genügend geschrieben) sondern in die Gegenrichtung. Wenige Meilen hinter dem heimischen garden district beginnt unser Amazonien: der von etlichen Gewässern durchzogene, gut 2.500 Hektar große Königsforst. Im Gegensatz zum südamerikanischen Pendant überschreitet dieses Waldgebiet nicht bloß Ländergrenzen, sondern sogar... weiterlesen
die Grenze der Zivi... also nach Bergisch Gladbach, sowie Rösrath. Wovon allerdings auf den kürzlichen Erkundungstouren verblüffenderweise nichts zu bemerken ist.
Der Großteil des Waldes ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen, was natürlich bedeutet, dass man sich brav auf den großzügig angelegten Wegen zu bewegen hat. Radfahrer sind tunlichst dezent unterwegs, wg. partiellem Grobschotter, Spurrinnen, Schlammsenken (derzeit gerne unter hübschen Laubdecken verborgen) und Fußgängern, oft in Begleitung leinenloser Bestien. Es gibt reichlich Rastplätze mit lauschigen Hütten - konsequenterweise ohne Müllbehältnisse - und sogar eine Einrichtung zur körperlichen Betätigung des kneippschen 'Wassertretens'. Diese war Anfang November recht verwaist, denn wer will schon nach vollbrachter Tat als 'Laubmonster aus der Lagune' dem Bade entsteigen?
Der Naturfreund und Frischluftatmer kann ohnehin auf dergleichen Gimmicks verzichten und begibt sich lieber auf die mit 118m höchste Erhebung auf heiligem Boden, den legendären 'Monte Troodelöh'. Der Name leitet sich von den tapferen städtischen Mitarbeitern Troost, Dedden und Löhmer ab, die im Jahre 1999 die offizielle Erstbesteigung der gewaltigen Anhöhe gemeistert haben. Dies ist vor allem von topographischem Interesse - denn es gibt hier keinen spektakulären Panoramablick und auch kein Bierzelt. Dafür entschädigt dann allerdings der wohlverdiente Eintrag ins Gipfelbuch, sponsored by Alpenverein Sektion Köln.
Als höchste Erhebung im Königsforst liegt der 212m hohe Tütberg auf Gladbacher Gebiet, aber die haben ja sonst nix ;-) Oder doch: das Steinhaus, ein erstmals im Jahre 1403 erwähntes Anwesen, das inzwischen als Besucher-Portal am Waldesrand genutzt wird.
Durch Aufstauen ansonsten naturbelassener Bachläufe sind einige hübsche Weiher entstanden, die natürlich von einladenden Sitzbänken umgeben sind. Weitere Biotope liegen in Form von Erlenbruchwäldern, Moor-Resten, Obstwiesen sowie Offen- und Grünland vor. Darinnen finden sich etliche gefährdete Pflanzen- und Tierarten. Und sogar tausende römische Bronzemünzen, die jedoch 1975 ans Rheinische Landesmuseum in - Frechheit - Bonn übergeben wurden. Auf Kölner Gebiet findet sich weiterhin der Wildpark - bevölkert von Rot- und Schwarzwild - und ein artenreicher Waldlehrpfad.
Anzeichen von Nutzung und Besiedlung sind seit der Hallstattzeit, 7. bis 6. JH v. Chr. nachweisbar - in Form von Hügelgräbern. Auch als Bannwald und für den Erzbergbau fand man das Areal geeignet. Der Name des Waldes dürfte auf König Otto I zurückgehen, der hier Jagdgebiete besaß. Des Königs Forst wird vom mittelalterlichen Handelsweg 'Brüderstraße' - heute Teil des Jakobswegs - durchqueret. Der seinerzeit übliche Raubbau an den Holzressourcen, bis hin zur völligen Verwüstung durch Napoleons Mannen, ist bereits 1840 unter preußischer Ägide dem Nachhaltigkeitsgedanken gewichen - wenn auch zugunsten schnellwachsender Fichtenplantagen, deren Überreste auch heute noch sichtbar sind. Insgesamt geht der Trend allerdings zurück in Richtung des ursprünglichen, außerdem sturmfesteren Laubwaldes,
An die 1890 bis 1961 betriebene Sülztalbahn erinnert eine Gedenktafel zum Forsbacher Bahnhof. Das Ex-Bahnhofsgebäude Porz-Königsforst wird immerhin als waldnahes, spanisches Restaurant Asado weitergenutzt. Die Bahntrassen wurden demontiert und dienen nun als Wanderwege. Unweit findet sich die Kaisereiche 2.0, denn der eigentliche, der allerhöchsten Majestät gewidmete Baum wurde nach dem Ersten Weltkrieg ein Opfer französischer Schießübungen. An den Zweiten Weltkrieg erinnern einige Bunker-Überreste.
Das Waldgebiet ist erreichbar über die Endhaltestelle 'Königsforst' der Stadtbahnline 9 oder die gleichnamige Ausfahrt an der A3 - und natürlich über Nebenstraßen nebst hinreichenden Parkplätzen sowie etliche Fußgänger- und Fahrradschleichwege.
Bestens geeignet für Familienausflüge und randvoll mit Kindheitserinnerungen ist dies ein echtes Kleinod (oder Großod) unter den Kölner Naherholungsgebieten.
mit vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas[verkleinern]