Die Filmpalette ist sicherlich das allerliebste und schnuckligste Kino in der Colonia. Besonders, wenn man nicht auf der Suche nach perfekter High-End Vorführtechnik und Mega-Bombast sondern nach kleineren, dafür aber großartigeren Filmerlebnissen ist. Äußerlich unauffällig in einem Altbau untergebracht, verweisen Filmplakate an der Hauswand immerhin darauf, dass der hoffnungsfroh gestimmte Filmgenießer hier tatsächlich richtig ist. Man betritt also den Ort des Geschehens und findet sich in... weiterlesen
einem - sagen wir - Filmkiosk mit voller Filmprospekten und einem DVD-Regal ohne die andernorts üblichen Blockbuster. Denn im Untertitel nennt sich dieses Institut ja auch noch Filmkunstkino und die Auswahl - wir erinnern uns: 'Arthouse' wird dem vollauf gerecht.
Abgesehen vielleicht davon, dass untertitelte Originalfassungen oft nur außerhalb der Wochenenden zur Aufführung gelangen. Was im Nachgang zum hinreißenden und warmherzigen japanischen Werk, 'Unsere kleine Schwester' von Hirokazu Koreeda, prompt zu einem kennerhaften 'schrottige Synchro' seitens Zweiter Tochter führt. (Aber den unbestreitbaren Vorteil hat, dass das männliche Auge Samstags ungestört von westlicher Beschriftung auf den recht anmutigen Darstellerinnen ruhen kann)
Desungeachtet werden am freundlichst bemannten bzw. befrauten Catering- und Ticketing-Tresen sogleich zwei Drittel von Reihe 10 klargemacht - charmanterweise ist dies die mittlerste von nur sieben Sitzreihen im Saal II, welcher 45 Besucher fasst und höchstens dreimal so groß ist, wie der heimatliche Gelbe Salong. Der 'historische', wenngleich 2004 gründlich modernisierte Saal I ist für 70 Filmfreunde ausgelegt und über einen separaten Hauseingang erreichbar. Die etwas intime Atmosphäre tut dem Filmgenuss natürlich keinen Abbruch - im Gegenteil: das Publico ist meist mittleren bis gehobenen Alters und es werden also weder Softdrink- noch Popcorneimer verschüttet, noch wird gegen die Sitzlehnen getrampelt. Wir befinden uns hier schließlich nicht in der etwas proletarischeren Massenvergnügung jenes stadtbekannten Multiplexes.
Preise am Wochenende und an Feiertagen 7,50 / reduziert 6,50 Euro. Unter der Woche je ein Euro weniger. Leute bis zu 17 Lebensjahren zahlen pauschal 4 Euro. Karten können via Telephon unter 0221 / 122112, wochentags auch unter info@filmpalette-koeln.de und natürlich in diesem Internet unter www.cinetixx.de reserviert werden. Die ebenda einzusehende Webseite des Hauses informiert auch über das wöchentlich wechselnde Aufführungsprogramm. Das angedachte Double-Feature in Verbindung mit der höchst verehrten Lieblingsaustralierin wäre dann doch unvernünftig gewesen, da sich beide Meisterwerke zeitlich zu sehr überschneiden. Aber man kann ja gerne wiederkommen, sind ja noch Winterferien.
Die vom wunderbaren japanischen Filmvortrag inspirierte väterliche Anregung, wonach sich die Zweite Tochter künftig vor der Ersten sowie beide vor den Sehr Ehrenwerten Eltern verbeugen sollten, wurde mit völlig deplatziertem Unernst aufgenommen. Hier wurde anscheinend in den prägenden Jahren die Vermittlung wichtiger Kulturtechniken verabsäumt. Vergebung, liebe Ahnen und....
*** Update 4.7.2019 ***
Diesmal ging es tatsächlich in den größeren 'Saal 1', der mit mindestens 70 Leuten bis auf den letzten Platz gefüllt war. Im Rahmen der Kölner Kino Nächte (noch bis 7.7.) kam 'Before Stonewall' (Schiller, Greta: 1984) zum Vortrag. Eine sehr erhellende Dokumentation über die Entwicklung der amerikanischen Schwulen- und Lesbenbewegung von etwa 1920 bis 1969. Der sehr unruhige 28.06. jenes Jahres wird seither als 'Christopher Street Day' gewürdigt. Anschließend gab es - wiederum erhellende und auch unterhaltsame - Kurzvorträge von Insidern der Communities. Dem fiel denn auch prompt der im Anschluss (woanders) vorgehabte Afrikafilm zum Opfer. Der Film begann mit 20 minütiger Verspätung, weil der etwas zerstreut-hektische junge Mann wohl noch die DVD zurückspulen musste oder was weiß ich. Das geneigte Publico wartetet derweil draußen in der Sonne. Ich finde, sowas trägt durchaus zum besonderen Charme dieses außergewöhnlichen und besonders förderungswürdigen Filmtempelchens bei.
Mit freundlichen Grüßen, Sir Thomas[verkleinern]