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Ausgezeichnete Bewertung
vielleicht werden's auch fünf Sterne... Näheres morgen oder kommende Woche :-))
Wohlan denn: natürlich werden es dann doch fünf Sterne, sogar mit Herzchen. Denn die einzigen Kritikpunkte: lange Schlangen vor den Klassikern, mitunter etwas überfüllte locations und darob viel wuseliges Volk vor der fotografischen Sichtachse - sprechen natürlich für den Erfolg dieser vor 15 Jahren begonnenen Initiative. Zum einmalig zu entrichtenden Obulus von 17 Euro erhält man an den Abendkassen ein... weiterlesen
Probierbeutelchen des Co-Sponsers Werthers Echte, vor allem aber ein sehr strapazierfähiges und nur operativ (Schere, Pflaster) zu entfernendes Bändlein am Handgelenk, welches zum Betreten von diesmal insgesamt 46 Orten der Kunst und/oder Kultur berechtigt. Personen bis 15 Jahren erhalten freien Eintritt. Im Vorverkauf erworbene Tickets sind mit 18,55 Euro etwas teurer, enthalten aber die An- und Abreise im VRS-Nahverkehrsnetz.
Obwohl während der Museumsnacht ein ausgeklügeltes Busnetz auf die Beine gestellt wird, das auf 5 Routen sämtliche Kunstorte miteinander verbindet, ist das Gesamtangebot natürlich nicht zu schaffen. Aber das ist hier auch nicht beabsichtigt. Die Publikumsinteressen sind nun mal unterschiedlich und so kann man sowohl die neuen Sonderausstellungen wie `Ludwig goes Pop' oder 'Die Heiligen Drei Könige' in den bekannten Häusern goutieren als auch Neues kennlernen. Sogar im schummrigen, de-industrialisierten Mülheim, wo auf dem ex KHD-Gelände die moderne Kunst erblüht. So richtig viel Muße ist bei der Museumsnacht natürlich nicht drin, wenn man ein halbwegs vernünftiges Kosten / Kunstgenuss Verhältnis erwirtschaften möchte. Aber das Konzept ist genial für neugierige Testbesuche mit der Möglichkeit, diese dann in aller Ausführlichkeit und ohne Menschenmassen zu wiederholen - oder auch nicht.
Die ortstypisch ungeheure Vielfalt des kulturellen Angebots umfasst u.v.a. das Stadt- das Schokoladen-, das Olympia- und das Karnevalsmuseum. Dann die Klassiker Ludwig, RGM, MOK, MAKK, RJM, Wallraf-Richartz, den Kölnischen Kunstverein, die Kunsthochschule für Medien, diverse Galerien, den Kölner Skulpturenpark, das Centrum Schwule Geschichte, das Weinmuseum und - natürlisch, die Domschatzkammer.
Erstmals hat das hier federführende, äußerst verdienstvolle Organisationsteam des StadtRevue Verlages besonders familienfreundliche Sonderführungen und Aktivitäten für Kinder ins Angebot aufgenommen. Sinnvollerweise in der Zeit von 19:00 bis 21:00
Im Programm enthalten sind insgesamt 200 Performances, Lesungen, Musikvorträge etc, die es sonst natürlich nicht oder nur selten gibt. Eigentlich erfordert die Museumsnacht also auch vom User ein gewisses Maß an strategischer Planung.
Und in der Nacht von Samstag 8.11. um 19:00 bis 3:00 des folgenden Morgens war es dann wieder soweit. Eventuell begünstigt durch den noch nicht ausgebügelten Bahnstreik blieb das ganz große Gedränge früherer Jahre aus, und das bei menschenfreundlichen äußeren Bedingungen.
Hier nun im - wortwörtlich - Schnelldurchlauf die persönlich aufgesuchten Lokalitäten:
1. Domgrabung
Erstmals im Programm. Man gelangt durch einige Tunnel und über enge Treppen an die Fundamente unserer Bahnhofskapelle sowie bauliche Überbleibsel aus römischer und karolingischer Zeit. Das 3.200 qm große archäologische Gelände ist sonst nur bei den selten stattfindenden Führungen zugänglich.
2. Römisch Germanisches Museum (RGM)
Highlights auch diesmal wieder das Dionysosmosaik, das Grabmal des Poblicius und das Römer-Auto. Ein wunderbarer Ort für Altertumsfreunde, immer wieder gerne. Diesmal mitgenommen, weil es direkt an der Abendkasse liegt. Sogenanntes Sockenkonzert mit richtig alter Musik des Trios Mosaik Coelln
3. Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK)
Gewagte Mischung aus mittealterlichem, barockem und frühmodernem Kunsthandwerk nebst Wohnkultur incl. beeindruckender Glas-Artefakte und Gemälde. Von Hauptinteresse die Möbel und Gebrauchsgegenstände vom Jugendstil bis in die 1990er. Auch ein Sitzsack oder ein Apple PC sind hier bereits museal. 'Facades', Markus Brunetti: großformatige Meister-Fotografien berühmter Sakralbauten.
4. Wallraf Richartz Museum
Lego-Dom und undefinierbare, dafür laute Musikperformance im Foyer. Erstmal die oberste Etage erklommen: Sonderausstellung 'Die Kathedrale' - sehr lohnend und natürlich ein Muss für Kölner. Leider Fotografierverbot. Dann eben Feuer frei in den sakral und impressionistisch orientierten mittleren Etagen. Besonderheit hier: 15 Darstellungen der lokal relevanten Ursulalegende, deren elf (tausend?) jungfräuliche Begleiterinnen in symbolischer Flammenform auf unserem Stadtwappen zu sehen sind.
5. Museum Ludwig
Welch belebender Kontrast: 'Ludwig goes Pop' Ohnehin Spezialität des Hauses und des Autors, wurden für diese Sonderausstellung etliche selten gezeigte Werke der Pop Art aus den Untiefen des Hauses zutage gefördert. Größte diesbezügliche Sammlung außerhalb der U.S.A. Ohne Frage das Highlight der letzten Nacht. Weiterhin weltweit drittgrößte Picasso-Sammlung, russische Avantgarde, Expressionismus.
6. Museum Schnütgen
Ein wunderbares Raumerlebnis in der museal genutzten Cäcilienkirche. Diese ist nämlich dankenswerterweise nicht mit irgendwelchen Stellwänden vollgestellt, sondern lässt den mittelalterlichen Skulpturen, Bildnissen und Geschmeide-Arbeiten Platz zum wirken. Schön bunte Fenster im Nebenraum. Die Sonderausstellung 'Die Heiligen Drei Könige' findet im Erdgeschoss des benachbarten Hauses statt, leider Fotografierverbot. Die traditionellen Kopfbedeckungen jener Gesalbten finden sich ebenfalls auf unserem Stadtwappen, vgl. 4. Lohnt definitiv ausführliche Zweitbegehung und Separatbewertung. Auch wegen der teilweise zum Verlieben bildhübschen Darstellungen der Muttergottes.
7. Rautenstrauch Joest Museum (RJM)
Wo wir schonmal hier sind (vgl. 6) und den wunderschönen Reisspeicher aus Sulawesi auch von schräg oben knipsen wollen... Immer wieder beindruckende kulturenübergreifende Ausstellung zu den Themen, Alltag, Wohnen, Totenkult u.a. Großer, zunächst irrtümlich als Museumsshop aufgefasster Gabentisch (ofrendo) für das mexikanische Totengedenken. Sehr schön morbid, das. Etwas zu lauter orientalischer Livesound der Combo Misafir (stört die andachtsvolle Betrachtung der zum Verlieben bildhübschen Muttergottes, vgl. 6)
8. Geomuseum der Universität zu Köln
Nein, hier gibt es kein Liopleurodon. Auch sonst kein Vergleich zum Paläo-Institut im allzu fernen Tübingen (Siehe Besprechung dort) Aber mal was Anderes. Charmante Präsentation vielgestaltiger und überraschend farbenfroher Gesteine und Kristalle und sogar Meteoriten. Ichthyosaurier und Meereskrokodil fossiliert in 2D. Etwas mehr Erklärung für Laien anzuraten. Aber hier wird schließlich auch geforscht und gearbeitet. Führung in den hauseigenen Barbara-Bergbaustollen leider verpasst.
Die eigentlich noch angedachten Visiten des Japanischen Kulturinstituts, des Museums für Ostasiatische Kunst und der künstlerischen Aktivitätem am Rheinauhafen fiel leider dem Schichtende sowie nachlassender Kondition sowohl des Autors als auch der Kamera-Akkus zum Opfer.
Schade, das die KVB (Kölner Verkehrs Betriebe, vulgo: Verbrecher Bande) einen solch perfekt orchestrierten Shuttle-Service nicht jeden Tag hinbekommt. Schade auch, dass die Museumsnacht nur einmal jährlich in der Colonia abgehalten wird.
mit besonders vorzüglicher Hochachtung, Sir T.
Update 24.10.2015
Diesmal in hochkompetenter Begleitung durch das Museum Ludwig (wiederum das Highlight schlechthin), das Wallraf-Richartz-Museum und das MAKK getigert. Und anschließend noch allein im Römisch Germanischen eingekehrt, wo die Sonderausstellung 'Medicus' für einigen Erkenntnisgewinn sorgte. Siehe Ergänzungen und diesmal nicht ganz so ausuferndes neues Bildmaterial bei den jeweiligen Locations. Alles schön fußläufig und sehr unterhaltsam. Man frug sich allerdings, weshalb in den gemeinsam aufgesuchten Häusern so ein ohrenbetäubender Live- bzw. Konservensound vorgetragen werden musste. Gerade im WRM hätte man sich - wenn überhaupt - gerne mittelalterliche oder impressionistische Melodeyen anstelle des wieder undefinierbaren Lärms (vgl. Edition 2014) vorstellen können. Das Konzept an sisch ist natürlich unverändert genial und auch mit dem Wetter hatten wir Glück.
Update 2. / 3. 11. 2019
Also, vom angekündigten 'privaten, unzensierten Blick' auf Berlin '36 hatte ich mir mehr versprochen. So blieb es im Deutschen Sport- und Olympiamuseum also vorwiegend bei den bekannten Propagandabildern und -utensilien. Ein zeitgenössisch gewandeter junger Herr hielt eine entsprechend 'schneidige' Rede, die hoffentlich von Niemandem für bare Münze genommen wurde. Nebenbei noch Fußball inkl. Torwand, Boxen, Tennis, Leichtathletik... OK, die im Boden eingelassene Flugstrecken-Mess-Strecke der Weitsprungrekorde lässt einen sprachlos staunen und auch die Abteilung zum klassischen Olympia macht einiges her. Ansonsten gilt aber ähnlich wie fürs nahe Schokoladenmuseum: ein- zweimal reicht gewiss für uns Feinsinnigere.
Schnell zum nahen Kunsthaus Rhenania, wo heute einige der etwa 50 aktiv genutzten Ateliers besucht werden dürfen und nette, erhellende Kurzgespräche mit den künstlerisch Werktätigen möglich waren. Für den sorglosen Gebrauch der Digitalkamera ist das hier natürlich nichts. Die etwas halblegal entstandenen Kunstfotos, der gleichwohl freundlich lächelnden, sehr verehrungswürdigen Meisterin Ulla Ströhman bleiben hier also unveröffentlicht. Die diversen im Programm annoncierten Performances habe ich entweder zeitlich verpasst oder im weitläufigen Ehedem-Getreidespeicher nicht vorgefunden. Dafür aber schöne Eindrücke - sehet selbst - aus einer Bildrestaurierungs-Werkstatt mitnehmen dürfen.
Auf Hamburgische Anregung hin begibt man sich sodann per Shuttle-Bus ins Alte Pfandhaus. Ein rundherum angenehmer Ort, heute mit Getränke- und Kuchenversorgung. Bei irisch/schottischem Livesound durch 'Frickelsome Amsel' schmeckt der Lemberger gleich nochmal so gut. Dazu angenehme Kunst - hauptsächlich von Junior Toskanelli und Heiner Baumüller - und wunderbar geistreiche Wortspiele. Ein Volltreffer!
Wein habe ich mir auch im MOK erhofft - im Rahmen der Sonderausstellung 'Trunken an Nüchternheit. Wein und Tee in der chinesischen Kunst'. Es blieb leider bei diversen Leergefäßen. Keine farben- und sinnenfrohen Darstellungen, von denen ich zufällig weiß, dass es sie gibt. Dann also die gewohnt exquisiten nüchternen Seidenmalereien und Statuen, einschließlich unser aller Lieblingsbodhisattva Guanyin, die Mitfühlende. Livesoud auch hier: Louis L. zaubert wohlige Klänge aus Blechinstrumenten namens 'Handpan'. Ich nenne es Klangwok.
Auch im benachbarten Japanischen Kulturinstitut geht es ruhig zu. Man zeigt heute Druckkunst der 70er, ansonsten gibt es traditonell auch Filmvorträge, Literatur und natürlich ambitionierte Lehreranstaltungen für die heldenhaften Studierenden der Japanologie. Heute wurden 20-minütige Schnupper-Sprachkurse offeriert (leider verpasst) die freilich nicht für den Spätfilm ab 23:00 gereicht hätten.
Der unverändert bestens besuchte Shuttlebus dringt nun in den weitläufigen Westen der Colonia vor. Odo Rumpf, Maschinenbauingenieur, Metallbildhauer und multikreatives Genie hat dort irgendwo das Land "Odonien-Freistaat für Kunst und Kultur" ausgerufen. Das Gelände ist teilweise schlammpfützig und nicht frei von Stolperfallen - ein großer, von Buntlicht und Feuer illuminierter Skulpturenpark. Das werdende Konzept ist als ernsthafte Kritik an Konsumitis, Wegwurf und unbekümmertem Fortschrittsglauben gedacht, dabei aber vom ungeheuren Charme eines durchgeknallten Abenteuerspielplatzes. Der Herr scheint wie ich Saurierfreund zu sein. Da das Odobräu aus ist, gibbet in der herrlich morbidschummrigen Bar eben Plutonium (auf Waldmeisterbasis) aus dem Reagenzglaserl. Anscheinend bin ich hier der einzige Besucher aus meiner Generation. Auch daher verzichte ich darauf, mich im extra-kostenpflichtigen abgesperrten Technoparty-Areal zu deplatzieren.
Es befindet sich mehr Volk auf der nächtlichen Freitreppe als im Museumsbau dahinter. Entspanntes Schlendern durchs ganze Haus, auch wenn dessen Schließ-Schergen inzwischen in der Überzahl sind. Aber schließlich läuft ja auch noch die Mexiko-Mucke in Partylautstärke. Jene beschallt die immer wieder sehenswerte Ofrenda, eine Installation der Künstlerinnen Rosaana Velasco und Liliana Cobos zum mexikanischen Totengedenken. Viel Neues gibt es im RJM nicht, immerhin aber eine Art Reisemitbringsel-Ehrenkammer des Mit-Namensgebers Wilhelm Joest. Ob der Herr Forschungsreisende 'seine' 3.500 ethnographischen Objekte aus aller Welt jeweils geschenkt bekam oder rechtmäßig erwerben konnte? Der sehr enge Bekannte meiner Ersten Tochter forscht soeben zu just diesem Thema - bleiben Sie dran.
Und ganz zum Schluss 'nur drei Minuten' ins benachbarte Schnütgen. Die Aufsuchung der zum Verlieben bildhübschen Muttergottes gelingt unter solchen Umstände nicht. Die Buntglas-Installationen sind jedoch ebenfalls sehr reizvoll und befinden sich außerdem nahe an der sanft protestierenden Torwächterin.
gehet hin in Frieden, Sir Thomas[verkleinern]
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