In prämotorisierten Zeiten führten durch das Städtchen Landsberg (15 km östlich von Halle an der Saale), dass seit 1663 eine Poststation hatte, die wichtigen Poststraßen Leipzig-Magdeburg-Hamburg und Leipzig-Köthen-Potsdam-Berlin. Auch in den Zeiten vor Navi’s und App’s wollten die Reisenden gerne wissen, wie lange man denn so ungefähr unterwegs sein würde.
Aus diesem Grund erfand der schlaue Geist damals die Distanz- bzw. Postmeilensäule, wo die Entfernungen zu anderen Städten in Meilen... weiterlesen bzw. Reisestunden angegeben waren. Mit den Meilen war das so eine Sache, denn man musste schon wissen, in welchen der deutschen Lande man sich gerade befand, variierten die Längen der Meilen doch z.T. erheblich. Die Angabe in Reisestunden war da schon zuverlässiger.
Landsberg gehörte damals zum Kurfürstentum Sachsen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts beschloss der regierende Kurfürst Friedrich August I. (bekannt als August der Starke / 1670-1733 / seit 1694 Herzog und Kurfürst v. Sachsen und seit 1697 König v. Polen und Großfürst v. Litauen) in seinem Reich einheitliche barock-prächtige Distanzsäulen aufstellen zulassen, von denen sich einige bis heute erhalten haben oder die später als Replik wiedererrichtet wurden.
Eine solche Replik steht am Rand des kleinen Marktplatzes von Landsberg, vis-á-vis vom Rathaus. Die Originalsäule wurde 1730 errichtet.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erlangten die sächsischen Kurfürsten zwar von Gnaden des französischen Kaisers Napoleon I. (1769-1821 / 1799-1804 Erster Konsul der Französischen Republik / 1804-1814 und 1815 Kaiser der Franzosen) die Würde als Könige v. Sachsen, erkauften sich diese Standeserhöhung allerdings mit dem politischen und militärischen Bündnis mit Frankreich.
Der Fortgang der Geschichte ist bekannt: Frankreich und seine Verbündeten unterlagen 1814 und dann nochmals 1815 den Alliierten, zu denen auch Preußen gehörte.
Auf dem Wiener Kongress von 1815 erhielt Sachsen dann die Quittung für seine Vasallentreue. Zwar blieb Sachsen Königreich, verlor aber große Gebiete. Dazu gehörten auch heute im Bundesland Sachsen-Anhalt liegende Landesteile. 1815 wechselten daher in Landsberg die Landesherren – die Stadt kam an das Königreich Preußen und am Rathaus wehte für die nächsten Jahrzehnte statt der weiß-grünen sächsischen nun die weiß-schwarze preußische Fahne.
Die neue Verwaltung Landsbergs war an dem königlich-sächsischen Symbol „Postmeilensäule“ nicht mehr interessiert, lies sie abreißen und vergab die Steine scheinbar als Baumaterial an die Bürger und Bauern der Stadt, denn 1954 entdeckte man Teile der Säule, darunter auch den Wappenstein, eingemauert in einer Scheune. Die Teile wurden geborgen und ins Landsberger Heimatkundemuseum (heute „Museum Bernhard Brühl“) gebracht, wo sie heute ausgestellt sind.
1989 entschloss sich die Stadtverwaltung, eine Kopie der Säule anfertigen zu lassen. Vorbilder gibt es ja genügend in Sachsen und ehemals sächsischen Gebieten.
Und so hat nun seit fast 30 Jahren Landsberg wieder seine Postmeilensäule.
Die Säule trägt die Krone und das Wappen von Sachsen und die Krone des Königreichs Polen sowie das königlich-polnisch-litauische Wappen, bildete Polen in dieser Zeit einen Staatenbund mit Litauen. Da Sachsen damals durch die Wahl der sächsischen Kurfürsten zu Königen von Polen mit Polen und Polen mit Litauen in Personalunion verbunden war, waren die sächsischen Kurfürsten neben Königen von Polen auch Großfürsten von Litauen.
Die Namenskartusche trägt die verschlungenen goldenen Buchstaben „A“ (für August) und „R“ (für Rex = König).
Die Entfernungen zu verschiedenen Orten in der näheren und weiteren Umgebung sind in Reisestunden zu Pferd, bis auf die Achtelstunde genau, angegeben (1 Reisestunde entspricht einer Postmeile = 9062 m).
Fazit: Schöne Sehenswürdigkeit, allerdings könnte der Restaurator an die farbigen Elemente des Wappensteins mal wieder Hand anlegen.[verkleinern]