Landstraßen der Voreifel wurde das Automobil gegen zwey Silberlinge auf einem recht naturbelassenen Areal parkieret. Alsdann wurde an der Burgpforte 'das volle Programm' erbeten und ohne weytere Nachfrage ein Passierschein für die teuerste Platzkategorie zu 25 Silberlingen ausgehändigt. Ein nicht-überdachter Tribünenplatz wäre nur unwesentlich weniger kostenintensiv gewesen und über die deutlicher im Preyse begünstigten Altersklassen bin ich erkennbar hinaus. Natürlich gibt es Familienkarten - zu maximal 78 Silberlingen und weytere geringfügige Ersparnisse bey Kartenerwerb per Rechenknecht im Vorverkauf. Ansonsten kann auch der Verzicht auf das ritterliche Showprogramm den Obulus mindern, doch das entspricht natürlich nicht dem Plan.
Um es vorwegzunehmen: das Gesamtspektakel ist den Preis wert und dient im Übrigen der Burg Satzvey, deren Erhalt und Betrieb ohne staatliche Zuschüsse auskommen muss. Die Bewohner dieses trefflichen Rittersitzes, nämlich die Familie des Grafen Beissel von Gymnich (siehe Besprechung zur Burg an sich) sind äußerst rührig mit Veranstaltungen fürs gemeyne Volk. Von diesen wiederum stellen die alljährlich zu Pfingsten und im Herbst abgehaltenen Ritterfestspiele eyn überregional hochbedeutendes Spectaculum für mittelalterlich Interessierte dar.
Denn dasselbige findet nicht nur in passendem Rahmen statt, sondern geht sehr ambitioniert zu Werke. Dies zeigt sich bereits an der detailreichen Ausgestaltung des beeindruckenden, weitläufigen Ritterlagers nebst authentisch gewandeten Bewohnern. Man vernimmt dort sogar Gespräche über zeitgenössische Gegebenheiten und Fehden, oder die Frage, auf welche Weyse Gevatter Tod die jeweiligen Familiengeschäfte hilfreich befördern könnte. Es geht schon ein wenig herzhaft zu. Auch viele Besucher sind ernsthaft oder zumindest gedacht mittelalterlich gewandet, und der im neumodischen Habit sowie unbewaffnet übers Gelände stolpernde Narr tut gewiss gut daran, den vielen Recken hier stets den Vortritt zu lassen. Ganz besonders natürlich, wenn die patroullierenden Ausrufer des Vogtes diesem unter kernigem 'Platz! Platz da!' freye Bahn durch die elend nichtsnutzige Volksmenge verschaffen.
Natürlich trifft man hier auf allerley Krämervolk, das jedoch gottlob nicht nur überteuerten Tand sondern auch richtiges Kunsthandwerk und jede Art von Ritter-Hardware oder romantischer Damenmode feylbietet. Beim schmerzfreyen Schmied geht es sehr unterhaltsam zu und auch andere Zünfte gewähren Eynblick in vormoderne Produktionsweysen. Fürs leybliche Wohl ist bestens gesorgt und Entdeckungen sind möglich. Bey mir war es das wohlgeratene Odin-Bräu mit Honigzusatz, wohingegen die maurische Hackfleischtasche doch arg an zeitgenössische Döner erinnerte.
Farbenpracht und zauberhaftes Ambiente - nichts wirkt billig oder gar lieblos. Gaukeley und Akrobatik bey Luscinia Obscura: ein hinreißendes - sehet selbst - Mädchen vollführt Erstaunliches und wird dabey von eher handfestem, prächtigem Weybsvolk musikalisch und verbal angefeuert. Das Gauklerduo Forzarello sorgt für umwerfendes Amüsement mit selbstironischen Tricks, Comedy, Jonglage, Musik und Wortgefechten. Die französischen Todeskeulen! Du Trottel hast es schon wieder versaut! Der allererste - natürlich im Mittelalter angesiedelte - flugfähige Superheld! Märchenerzähler und Musikanten sind ebenfalls vor Ort vertreten. Die Kapellen 'Spekulatius' und 'Pullarius Furcillo' (welch Name) habe ich auf meynen Rundgängen nur von Ferne vernommen.
Denn man näherte sich zeitig der 'Plane' dem Turnierplatz und fand seinen numerierten Sitzplatz recht weit oben unter dem Hauptzelt vor. Erwartungsfrohe Spannung - flugs einen frischen Akku ins magische Auge aus dem Lande der Samurai, welches während des hochwohllöblichen Vortrages kaum je aus dem Gesicht genommen wird. Der Conférencier weyst das Volk dahingehend eyn, wem frenetisch zuzujubeln und wer andererseyts nach Kräften auszubuhen ist. Unter Androhung des Austausches gegen ein im nahen Walde lauerndes Ersatzpublico im Versagensfall. Die historische Aufhängung im frühen 14. JH dürfte bei ernsthaften Mediävisten (Historiker mit Schwerpunkt MA) für Stirnrunzeln sorgen und auch der zwischenzeitliche live dargebotene Gesang in der Sprache der Angelsachsen wirkt minimal befremdlich. Doch dies kraftvolle Spektakel ist nicht der Ort für feuilletonistisches Gekrittel - auf geht's.
Auf der Suche nach den aus dem benachbarten Auslande vorgedrungenden Chevaliers de Lys machen die völlig verrohten ehedem Tempelritter vor nichts halt und machen zunächst eine Dorfgemeinschaft nieder, die der Kollaboration verdächtigt wird. Es entspinnt sich ein gnadenloser Bruderkampf, der zwischenzeitlich im sportlichen Wettstreyt der Parteyen ausgetragen wird und letzendlich für den edleren von beiden tragisch endet. Sensationelle Reyterey, an welcher sich auch die junge und... hach... - doch sehet selbst - Gräfin Patricia Derer zu Satzvey beteiligt - verblüffenderweys in einer Buh-Rolle, also auf der Dunklen Seyte. Man bringt diverse Disziplinen des Ritter-Sports zum Vortrag, zu denen selbstredend der Tjost, also der Wettstreyt zweyer berittener Lanzenträger gehöret. Auch Feuer kömmt zum Einsatz und es verblüfft doch sehr, wie abgezockt die Turnierpferde hier zu Werke gehen, während die Herren Ritter beydhändig Faxen machen. Die wundervolle Dame in Purpur verhält sich hier natürlich um einiges würdevoller. Jeneselbige leitet ja auch im 'wahren' Leben die Abteilung Konzepte und Entertainment am Orte und wird daher fürderhin noch gebraucht.
Herrje, bin ich begeistert. Es war dieses unbestreytbar einer der besten Samstage von allen und beim nächsten Mal wird gefälligst auch noch das Abendprogramm mit fortgesetzter Musik und Gaukeley im sog. Tavernenspiel mitgenommen - womöglich gar in Verbindung mit erhöhtem Alkoholaufkommen und einer darob zweckdienlichen Übernachtung im Burghotel oder nahebey.
Wem nun das Favoriten-Herzeleyn gebühret, mit welchem dieser Beytrag dekorieret ist, dürfte der hochedlen, aufmerksamen Leserschaft nicht verborgen geblieben seyn. Es entstammt der reinsten und tugendhaftesten Minne und soll allhier der holden purpurnen Reyterin dargebracht werden.
mit besonders vorzüglicher Hochachtung, Sir Thomas Ritter zu Coellen
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