Die markante Stadtkirche der nach 1225 von Mönchen des schlesischen Zisterzienserklosters Leubus als „Lubes“ gegründeten märkischen Kleinstadt Müncheberg (ca. 30 km östlich von Berlin) weißt wegen ihrer Lage auf einer Erhebung schon von weitem den Weg zur Stadt.
In der Schenkungsbestätigung von Papst Gregor IX. (Graf Hugo di Segni / um 1167-1241 / Papst seit 1227) von 1233 wurde der Ort erstmal als „Müncheberg“ bezeichnet.
Vermutlich gab bereits in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts hier... weiterlesen eine Kirche oder Kapelle unter dem Patronat der Zisterzienser.
Untersuchungen haben ergeben, das es die heutige Kirche, die 1355 der Heiligen Jungfrau Maria geweiht wurde, in ihren ältesten Teilen seit der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts gibt.
Der ursprünglich einschiffige turmlose Feldsteinbau wurde nach den Verwüstungen von Stadt und Kirche 1432 durch die Hussiten unter Einbeziehung der alten Kirche zu einer repräsentativen zweischiffigen Hallenkirche mit einem Turm am Westgiebel erweitert. Verwendet wurden für die Erweiterung die damals beliebten roten Backsteine.
Mit der Reformation wurde im 16. Jahrhundert aus der katholischen eine evangelische Stadtpfarrkirche unter Beibehaltung des Weihenamens „St. Marien“.
Während der Besetzung Preußens durch französische Truppen nutzten die Franzosen von 1806 bis 1813 die Kirche als Nachschublager.
Der baufällige Kirchturm musste 1820 abgebrochen werden und ab 1825 drohte die Westwand des Kirchenschiffs einzustürzen. Bis 1829 wurde ein neuer Turm nach Plänen des preußischen Architekten Carl Friedrich Schinkel (1781-1841) errichtet. Aus statischen Gründen wurde der neue Kirchturm in 4 m Entfernung vom Kirchenschiff errichtet, ist mit diesem aber durch ein riesiges offenes Torgewölbe verbunden, dass die Westwand des Kirchschiffs stützt.
1866-1868 wurde die Kirche umfassend renoviert, umgestaltet und erhielt eine neue Sakristei.
Während der Kämpfe um Müncheberg während der Schlacht um Berlin am Ende des 2. Weltkriegs wurde die Kirche von sowjetischer Artillerie beschossen und brannte nach mehreren Granattreffern am 19.4.1945 vollständig aus. Fast das gesamte Inventar verbrannte, Dach und Gewölbe stürzten ein. Nur der Turm blieb wie durch ein Wunder nahezu unversehrt – waren Kirchtürme wegen ihrer Verwendung als Beobachtungspunkte doch sonst ein beliebtes Ziel für die Artillerie der beiden Kriegsparteien.
In der DDR fehlten der evangelischen Kirche die Mittel für den Wiederaufbau und den staatlichen Stellen der Wille (und auch die Mittel).
1953 und 1968 wurden Reparatur- und Restaurierungsarbeiten am Turm durchführt sowie einige Schäden am Kirchenschiff notdürftig behoben.
So blieb die Stadtkirche Müncheberg ein halbes Jahrhundert eine mehr oder weniger gut gesicherte Ruine.
Erst von 1991 bis 1996 entschlossen sich Kirchenverwaltung, Stadt und der Förderverein Stadtpfarrkirche zum Wiederaufbau der Kirche.
Wobei es „Wiederaufbau“ nicht wirklich trifft. Das Kirchenschiff erhielt ein neues Dach und neue Fenster, Kriegs- und Verwitterungsschäden am Baukörper wurden beseitigt.
Die gotischen Pfeiler und Gewölbe des Kirchenschiffs wurden aber nicht wieder aufgemauert und so bleibt das Kircheninnere auch immer eine Mahnung an die Kriegszerstörungen.
Die Nutzung erfolgt heute durch die Stadt, den Förderverein und die evangelische Kirchengemeinde.
St. Marien wird für Gottesdienste, kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen verschiedener Art genutzt. Zur profanen Nutzung gehört auch der „Schiff im Schiff“ genannte futuristische Einbau im nordwestlichen Teil des Kirchenschiffs, in dem die Stadtbibliothek, ein Sitzungssaal und Büros untergebracht sind.
Da die Innenausstattung 1945 vernichtet wurde, zeigt sich das Innere heute relativ schmucklos. Es gibt einen modernen Altartisch, 2 große Nagelkreuze und ein nicht näher bezeichnetes Christus-Bild. Von der ursprünglichen Ausstattung ist nur das 1945 stark beschädigte und nur noch in Fragmenten erhaltene Epitaph des Münchberger Pastors Blasius Bethenius (1529-1605 an der Pest) vorhanden.
Zu sehen ist auch ein Fragment des geschnitzten „Engels von Wimpergen“ aus dem Jahr 1380, der zum 1945 aus dem Kreismuseum Lebus verschwundenen Müncheberger Marienaltar gehört.
Es gibt eine kleine Ausstellung zur Kirchengeschichte und zur ursprünglichen Ausstattung der Marienkirche.
Ich besuchte die Kirche am „Tag des offenen Denkmals 2019“.
Wenn die Kirche geöffnet ist, kann man sich gegen ein kleines Entgelt den Kirchturmschlüssel geben lassen und vom Kirchturm einen Blick aufs Müncheberger Umland werfen.
Fazit: Beispiel für die multifunktionelle Nutzung eines im 2. Weltkrieg zerstörten Gotteshauses.
Durch den dem Kirchenschiff durch das Torgewölbe verbundenen vorgelagerten Kirchturm auch ein architektonischer Hingucker.
Hinweis: Wegen der Corona-Pandemie ist die Kirche seit dem 18.3.2020 für Besucher z.Z. geschlossen.[verkleinern]