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Ausgezeichnete Bewertung
Artikel 1, Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland besagt dass: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“. Das verhielt sich während der Nazidiktatur aber anders! In Münster steht eben jener Paul Wulf, der hier als eine Figur mit Plakatwand dargestellt wird, stellvertretend für die 400.000 Menschen, die von den verachtenden Rassengesetzen betroffen gewesen sind. Der streitbare Mann hat sich zur... weiterlesen
Aufgabe gemacht, diese zu verfolgen und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es ist ein sehr heikles Thema, das er zur Sprache gebracht hatte, dessen Opfer er selbst als Jugendlicher betroffen gewesen ist.
WARNUNG: „schwere Kost“ - Thema Euthanasie und ihre Auswirkungen im Fall Paul Wulf im speziellen, der hier auf dem Denkmal zu sehen ist. Bei Vorbehalten gegen das Thema besser nicht weiter lesen... Für den Rest in ausführlicher Form!
Die vermeindlich simple Frage: „Was ist ein Menschenleben wert“, hört sich für die Nachfolgegenerationen merkwürdig an, denn jeder von uns ist einzigartig und unverwechselbar (sogar die Zwillinge) und deshalb schon unschätzbar wertvoll! Im 3. Reich genügte eine Schwäche, die aus heutiger Sicht gar nicht so tragisch bemessen worden wäre, dass derjenige durch besondere Umstände für „unwert“ erklärt wird. Es ist schon tragisch, wenn Gewalt an minderjährigen und / oder kranken ausgeübt wird!
Es sind erschreckende Statistiken, die einem einen Schauer verursachen, die auch hart bestraft wurden. Das könnte man meinen, doch im Fall Paul Wulf blieb die Forderung nach Gerechtigkeit unerhört und sein „Peiniger“ wurde sogar Fachleiter an einem namhaften Geninstitut ernannt, der sich mit Erbkrankheiten befasst, welch ein irrwitziger Gedanke. Ein Mengele-Schüler (berüchtigter Zwillings„Forscher“ im KZ Auschwitz) „nur“ ein Mitläufer... aus dem Hintergrund betrachtet eher nicht!
Die Biografie eines jeden Menschen soll immer im Kontext der eigenen Familie und der besagten Zeit betrachtet werden. In Zeiten wirtschaftlicher Umbrüche fällen bisweilen die Erziehungsberechtigten Entscheidungen, die man im Nachhinein nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Der kleine Paul war ein Kind aus dem Ruhrpott und sein Vater, Arbeiter auf einer Zeche in Essen, wo der Knabe bis zu seinem 8. Lebensjahr auch aufwuchs. Durch den Verlust der Arbeit bedingt, ist die Familie in finanzielle Bedrängnis geraten, sodass ein „Heimaufenthalt“ ihnen als sinnvoll erschien.
Was als eine kurzfristige Lösung gedacht war, Endete in einer Jugendpsychiatrie, wo kein Unterschied zwischen Gesunden und (mehr oder weniger) Kranken gemacht wurde. Diese Einweisung erfolgte 1932, wo er bis 1937 in der Einrichtung in Marsberg (nähe Paderborn) gelebt hatte. Durch die menschenverachtenden Gesetze bedingt, wurde ihm (aufgrund einer leichten Lernschwäche) vermutlich als „Geisteskrankheit“ - angeborener Schwachsinn, attestiert!
Die Familie des 16-jährigen Paul setzte sich im besagten Jahr 1937 für seine Entlassung ein. Das sollte auch tatsächlich möglich sein... doch eine fatale Entscheidung war daran verknüpft worden: entweder der Junge verzichtet auf die Fortpflanzungsfähigkeit oder bleibt weiterhin in der Psychiatrie... Der Operation wurde eingewilligt und der Jugendliche wurde dauerhaft „Zeugungsunfähig“ gemacht.
Die andere Alternative würde (höchstwahrscheinlich) einen noch tragischeren Verlauf genommen: ab dem Jahr 1940 wurden solche „unwerten Leben“ systematisch ermordet, wie man es in verschiedenen Stellen nachlesen kann. Eine schreckliche Zeit und Hintergrundgeschichte, die leider zu selten thematisiert wird im Zusammenhang mit den Verbrechen in der NS Ära.
Bei dem erwähnten Mediziner handelte es sich um den späteren Professoren Otmar Freiherr von Verschuer, der nicht mal für dieses Vergehen belangt wurde, sondern konnte sich auf dem Gebiet weiter profilieren in einer gut dotierten Position in Berlin!
Der Freigeist Wulf, als Erwachsener Mann ließ das Thema niemals mehr los, doch eine angemessene Entschädigung blieb eigentlich verwehrt! Die gut belegten Fälle, wie seiner und die anfangs erwähnten 400.000 Opfer wurden juristisch NIEMALS aufgearbeitet und sie wurden sogar unter den sprichwörtlichen „Teppich gekehrt“ und blieben folgenlos.
Die Bürokratie besitzt häufig eine lange, sehr, sehr lange Zeit, um in Gang zu kommen: es handelt sich naturgemäß nicht mehr um Jahre, sondern um Jahrzehnte, bis der Mensch ernst genommen wird! Fast ein halbes Jahrhundert musste zwischen dem Eingriff und der Bewilligung der „Erwerbsunfähigkeitsrente als NS-Opfer“ vergehen, bis es endlich bei dem richtigen angekommen ist! Genau genommen stand das Jahr 1979 im Kalender, also 42 Jahre, die der bekennende Pazifist nicht unnütz verstreichen ließ.
Das Foto, das auf der Säule zu sehen ist, zeigt Wulf während einer seiner Ausstellungen zu Themen, die sich seiner pazifistischen (dennoch anarchischen und kommunistischen) Gesinnung befassten, im Bezug auf die Nazizeit und ihr Waffenkult.
Paul Wulf war zu seinen Lebzeiten unter seinen „Genossen“ recht umstritten, denn einigen gingen die von ihm erbrachten Forderungen deutlich zu weit, ohne auf die Details einzugehen. Diese Beharrlichkeit und sein Forscherdrang, im speziellen im Zusammenhang mit den Menschenversuchen bei den Münsteraner Gelehrten brachte ihm nicht nur Freunde bei, dennoch eilte ihm dieser voraus: durch die schriftliche Ausarbeitung der hier erwähnten Sachverhalte, in Verbindung mit bestimmten Bevölkerungsgruppen unter Einbeziehung der eigenen Recherchen in verschiedenen Archiven und Institutionen, wurden sie in den Fachkreisen heiß diskutiert. So verwundert es nicht, dass Paul Wulf 1991 den Bundesverdienstorden (unter Protest) entgegen nahm.
Ein langes Leben war ihm leider hinterher nicht mehr vergönnt und die Enthüllung dieser 3,20 Meter hohe Figur im Jahr 2007 nicht mehr beiwohnen durfte, denn er ist bereits am 3. Juli 1999 hier in Münster verstorben. Durch die Aufstellung dieses Denkmals wurde dieser Platz ebenfalls nach ihm umbenannt. Der Verbleib an der Stell ist dennoch ungewiss, denn die Verantwortlichen suchen bereits nach einem passenderen Ort, auf dem es besser zur Geltung kommt, als in dieser Grünanlage.
Offiziell heißt es, dass die Genehmigung im Jahr 2017 ausläuft, ob die hier angekündigten Demos etwas bewirken kann ich zu dem jetzigem Zeitpunkt nicht beantworten, das kann höchstens die Zeit beantworten oder jemand aus dem beschaulichem Münster, der mich / uns zur Kenntnis setzt.
Ein schweres Thema, das auch seine Daseinsberechtigung besitzt, der mir am Herzen lag, der weitgehend ausgeblendet wird, da man sich selbst kaum, bis gar nicht damit beschäftigt! So eine Ehrung für einen Mann in der Form habe ich noch nie gesehen, die auch noch mit etlichen Belegen ausgestattet ist! Hier kann ich meinen vollen Zuspruch bekunden und volle Punktzahl vergeben!
Weitere Details kann man auf der hier angegebenen Seite erfahren, die ich beigefügt habe.[verkleinern]