Wer einmal die eisernen Käfige am Westturm der St. Lambertikirche in Münster gesehen hatte, der wird sie nie wieder vergessen, denn sie stehen im enger Beziehung mit der dunkelsten Zeit der Stadt zusammen, als die radikale Sekte der Wiedertäufer die bisher vorherrschende Glaubenslehre auf dem Kopf gestellt hatte, doch dazu etwas später.
Die gotische Hallenkirche wurde als erste an einem bedeutenden Handelsknoten der mittelalterlichen Reisewege in den Jahren 1375-1450, der Westturm sieht aus,... weiterlesen
als ob er auch aus der Zeit stammen würde, doch er wurde in Neogotischem Stil erst in den Jahren 1887-98 errichtet. In der Erbauungszeit war sie die größte Pfarrkirche und sie galt schon damals auch schon als die schönste Hallenkirche Westfalens. Über Jahrhunderte diente sie ebenfalls als Versammlungsort, um bestimmte Sachverhalte zu klären, denn kein anderer Raum hatte diese Ausmaße gehabt wie eben die St. Lambertikirche.
Die 3 Käfige erinnern an ein wichtigstes Kapitel der Stadtgeschichte, denn nachdem die Reformation sich in den 1530-er Jahren durchgesetzt hatte und alle Bewohner diese Glaubensrichtung angenommen hatten (heutzutage im katholisch geprägtem Münsterland kaum noch vorstellbar), tauchte die radikale Sekte der Wiedertäufer auf. Nach deren kompromisslosen Auffassung gehörte keinerlei Schmuck in eine Kirche, so kam es in Folge dessen zu sehr massiven Exzessen, die in die Annalen als Bildersturm eingegangen ist. Deren Auswüchse kann man in dem von mir bereits beschriebenen Münster Domschatzkammer bewundern. Als die vermeintlichen „Götzen“ beseitigt wurden, wurde der Kampf auf eine andere Ebene fortgeführt und zwar der militärischen. Es erfolgte ein Ende mit Schrecken (besser als umgekehrt!), als der abgesetzte Fürstbischof Franz von Waldeck die Stadt zurück erobert hatte. Die Drahtzieher des Aufstands der Prediger Bernd Rothmann und 2 seiner wichtigsten Gefolgsleute wurden Hingerichtet und zur Abschreckung an eben diese Kirche für immer angebracht. Wenn man diesen Hintergrund weiß, betrachtet man dieses Gotteshaus mit anderen Augen.
Wegen der aufgeführten Vorkommnissen gibt es keine Steinskulptur im Inneren der Lambertikirche, die älter ist als um das Jahr 1600, doch die an der Außenmauer angebrachte Wurzel Jesse, die in der Renaissancezeit entstanden ist, bildet die Ausnahme.
Es ist schon eine schauriger Hintergrund, der diese Kirche so einmalig macht, aus dem Grund wollte ich es hier nicht unerwähnt lassen und deshalb vergebe ich dafür die volle Punktzahl.[verkleinern]