Das was vor mehr als 2000 Jahren als ein Militärlager mit dem Namen “Novesia” begonnen hatte, kann man in den Mauern des Clemens-Sels-Museum (CSM) nachvollzogen werden. Es ist schon mit einem Überraschungsei vergleichbar, denn es verbindet alt und neu teilweise auf sehr ungewöhnliche Art und Weise miteinander. Wie in wenigen vergleichbaren Einrichtungen auch, wurde der einstige Stadttor zu einem Ort, der den Besucher ins mittelalterliche Neuss mit dem Münster als Mittelpunkt vieler Wege, führt.... weiterlesen
Es ist schon ein Kontrast zu dem Betonbau der 1970-er Jahre.
In den letzten Jahren war ich mehrmals in unregelmäßigen Abständen hier gewesen. Meistens waren die viel beachteten Sonderausstellungen der Grund dafür gewesen. Seitdem hat sich einiges geändert: die historische Seifensiederei existiert in der Form, als Dependance nicht mehr, doch auch hier vor Ort gab es angenehme Überraschungen.
Bis vor wenigen Monaten war es den meisten Menschen außerhalb Rheinlands kein Begriff, doch wegen einer potentiellen Schenkung eines reichen Sammlers, gelangte das CSM ins allgemeine Bewusstsein. Das kostbare Geschenk war sehr umfangreich und würde die Sammlung, besser gesagt den Teil mit den Jugendstilwerken stark bereichern. Wer sagt denn nicht nein, wenn die Gabe einen Wert von mindestens 35 Mio. € beträgt... Die Kunststiftung hat nach reiflicher Überlegung dies aber getan!
Das ganze ist an 2 Sachen gescheitert: zum einen sollte eine Erweiterung erfolgen, die als Bedienung genannt wurde. Ein solches Projekt kostet selbstverständlich Geld, in reichlicher Menge, die leider nicht zur Verfügung steht. Die Kulturstiftung, die sich aus verschiedenen Lokalpolitikern, Kuratoren etc. zusammensetzte, wägte ab und entschied sich dagegen. Die Entscheidung wurde dementsprechend heftig diskutiert, über die Grenzen NRWs hinaus.
Wenn das gleiche mit der Sammlung von Clemens Sels im 19. Jahrhundert geschehen würde, wäre die Region um ein wichtiges Museum “ärmer” gewesen! Der aus einer reichen Seifensiederfamilie stammende Sammler gründete ein Verein, der als Vorläufer des Museums gelten kann. Bekanntlich steht hinter jedem erfolgreichem Mann, eine tatkräftige Frau, die dies unterstützt. Bei Clemens war es seine Frau Paline, die diese Leidenschaft geteilt hatte. Sie war es, die 1893 nach seinem Ableben den Verein um ihre gemeinsame Sammlung bereichert hatte.
Durch die systematische Grundlagenforschung und Ausgrabungen der antiken Artefakte wuchs eine Sammlung, die den Grundstein lieferte, auch wenn dessen Leitung mehrmals gewechselt hatte.
Das Museum als solche wurde aber erst 1912, nach einer testamentarischen Verfügung von eben der erwähnten Pauline Sels und einer Stiftung von der stolzen Summe von 250.000 Reichsmark möglich. Es sollte eigentlich ein “Tempel” griechischer Art werden sollen, am besten sollte es an einer zentralen Stelle zu finden sein. So wie ich gelesen habe, lässt sich sein einstiges Äußeres nur durch die antiken Fotografien nachweisen, die davon gemacht wurden. Den Grund kann man sich an der Stelle schon denken: ein verheerender Bombenangriff während des 2. Weltkriegs zerstörte es, sodass ein Neubau von Nöten gewesen war.
So wurde hinterher entschieden, dass das historische Osttor (Beitrag folgt noch) als (provisorische) Unterbringung dienen sollte. Was eigentlich als vorübergehend gedacht war, ist zu einem “Dauerzustand” geworden, der Mittels eines Stegs mit dem Haupthaus verbunden ist.
Noch bevor der Ort als das Römerlager “Novesium” urkundliche Erwähnung fand, lebten bereits Menschen an dem Rheinufer. Ihre Siedlungsspuren wurden während einer fundierten Grabung zu Tage gefördert. Sie bilden den Auftakt, wenn man in chronologischer Reihenfolge sich das ganze anschauen möchte. Wenn das der Fall sein sollte, dann geht es zuerst die Treppe runter, wo diese und andere Artefakte zu finden sind.
Bei der Neugestaltung des Museums hat man sich einiges einfallen lassen, um das ganze besser zugänglich zu machen. Es ist ein guter Ansatz erkennbar, doch an anderen Stellen läßt es weiterhin vielen zu wünschen übrig.
Erwähnenswert finde ich, dass man eine Vorstellung vermittelt wird, die durch eigene Erfahrungen verstärkt werden können. Hier werden alle Sinne angeregt, um sich ein Bild zu machen, was das römische Leben ausgemacht hatte: angefangen bei einer Rekonstruktion der Wandbemalung, Lebensmitteln, die bis heute den Speiseplan bereichern, bis zu Luxusprodukten, wie Parfüm und Schmuck es mal gewesen sind.
Verstärkt wird das durch weitere Multimediale Angebote, die auch für den Nachwuchs bestens geeignet sind. Schade, dass es sich nur auf diesen Bereich beschränkt, ob und wann sich das ändern sollte, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten.
Was mich im EG überrascht hatte, war die kleine Selbstbedienung-Cafeteria, an der man warme Getränke für einen kleinen Entgelt bekommen kann. Ein Museumsshop ist ebenfalls vorhanden, doch mie hat das Sortiment wenig zugesagt, sodass es bei einem kurzem Zwischenstop geblieben ist.
In der 1. Etg. Folgt die Gemäldesammlung des Ehepaars Sels, der alle Strömungen seit dem Mittelalter beherbergt. Doch der Schwerpunkt liegt dennoch bei der “Avantgarde” des frühen 20. Jahrhunderts mit Werken namhafter Expressionisten, wie des von Gustave Moreau oder August Macke. Später kam auch noch die naive Kunst hinzu, die nur bedingt meinem Geschmack entspricht.
Von dieser Ebene aus führt ein Steg zum besagten Turm. Dort befinden sich eigentlich einige Ausstellungsstücke, die mir besonders bei vergangenen Besuchen gefallen hatten, die in die Sparte religiöse Volkskunst und Spielzeuge einzuordnen sind. Leider sind diese beiden Bereiche für den Publikumsverkehr (aus welchen Gründen auch immer) gesperrt. Aus dem Grund kann man dort nur etwas über die einst so wichtigen Wallfahrtsort, das Neuss seit dem MA gewesen ist, erfahren und seiner Bedeutung in jener Zeit, sowie über den Heiligen Quirinus im Besonderen, als Schutzpatron der Stadt.
In der letzten Ebene, wenn man den Weg zurück ins Haupthaus hinter sich gelassen hatte, werden meistens Sonderausstellungen zu verschiedenen Themen, in regelmäßigen Abständen abgehalten. Weitere Informationen sind auf der Homepage zu entnehmen.
Den anderen teil nimmt meistens moderene Kunst ein, die mir ehrlich nicht zusagt, ein. Jeder hat andere Vorlieben, sodass man selbst bestimmen kann, was für einen interessant ist oder nicht. Trotz allem Potential, das es besitzt, wird CSM nicht zu meinen Favoriten gezählt, auch wenn der Preis klein bemessen ist.
Dieser beträgt gerade mal 5 / 2,50 €, was ich als akzeptabel erachte. Bei Sonderausstellungen kann es ein wenig höher ausfallen, doch es ist kein Grund sich darüber aufzuregen!
Fotografieren für private Zwecke ist erlaubt aber ohne Blitzlicht und Stativ. Garderobe / Schließfächer (Münzen sind erforderlich) sind hinter der Treppe im EG zu finden. Die Toiletten hingegen sind im UG vorhanden. Sie sind klein bemessen, dennoch sehr sauber. Der Besuch ist eine kurzweilige Angelegenheit, die ca. eine Stunde in Anspruch nimmt.
Finde wegen der beschriebenen Einwände es nur OK, mal schauen, wie es sich weiter entwickeln wird. Falls sich etwas diesbezüglich ändern sollte, werde ich eine bessere Benotung ggf. vergeben. In der Form wie sich das CSM jetzt präsentiert, möchte ich nicht mehr als ein OK vergeben. Mal schauen, was die Zeit mit sich bringen wird![verkleinern]