Es ist nach meinen Erfahrungen nicht unbedingt üblich, einen Friedhof mit dem Fahrrad zu durchqueren.
Der Ehrenfriedhof Cap Arcona, gelegen zwischen Neustadt in Holstein und dem Ortsteil Pelzerhaken macht es möglich.
Der hier unmittelbar am Wasser der Neustädter Bucht entlangführende Rad- und Wanderweg, das Teilstück am Friedhof heißt Stutthofweg, tangiert das Ehrenmal direkt.
Man wandert als zu Fuß oder per Rad durch den Friedhof .
Dieser ist vielleicht nicht unbedingt das, was man sich... weiterlesen
unter einer solchen "Einrichtung" vorstellt. Es gibt keine Grabsteine, keine Einzelgräber. Stattdessen erinnert ein Denkmal an die hier verstorbenen Menschen. Nicht umsonst trägt die Anlage den Namen Ehrenfriedhof.
Warum er an dieser Stelle überhaupt angelegt wurde, hat ebenso tragische wie traurige Gründe und hängt mit den Verbrechen in Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg zusammen.
Anfang Mai 1945 , also unmittelbar vor Kriegsende, befanden sich mehrere Schiffe im Bereich der von Lübeck in die Lübecker Bucht mündenden Trave. Unter anderem die "Cap Arcona", die "Thielbek" und die "Deutschland". Während sich auf letzterem Schiff nur etwa 80 Besatzungsmitglieder aufhielten, waren die ersteren mit insgesamt rund 7000 Menschen mehr als überladen.
Dabei handelte es sich , neben ein paar hundert Mann Personal, um KZ-Häftlinge, die Ende April 45 hauptsächlich aus dem KZ Neuengamme bei Hamburg nach Lübeck verbracht wurden.
Was mit den Häftlingen auf den Schiffen geschehen sollte, ist historisch nicht eindeutig belegt. Drei Szenarien werden für wahrscheinlich gehalten: es sollte eine Massentötung vorgenommen werden, es sollte sich auf den Schiffen um eine Art "Zwischenquartier" handeln oder es sollte eine Verlegung in andere KZ oder nach Schweden vorgenommen werden.
So kurz vor Kriegsende kam es dann doch anders.
Am 3. Mai 45 lagen die drei Schiffe in der Lübecker Bucht, als die britische Luftwaffe gezielte Angriffe flog. Die fast leere "Deutschland" wurde bei der ersten Angriffswelle beschädigt, die Besatzung konnte das Schiff verlassen, bevor mit der zweiten Welle das als Lazarettschiff gekennzeichnete Schiff sank.
Die "Cap Arcona" wurde schwer getroffen und lag brennend auf der Seite, die Thielbeck war innerhalb von 15 Minuten gesunken.
Der größte Teil der Insassen ertrank, verbrannte oder wurde erschossen. Lediglich etwa 400 bis 600 Überlebende, genaue Zahlen sind nicht bekannt, erreichten das etwa 4 Kilometer entfernte Neustädter Ufer.
Die Frage von Schuld oder Notwendigkeit wurde nie gerichtlich aufgearbeitet. Die britische Luftwaffe soll angeblich über die Häftlinge an Bord der Schiffe informiert worden sein, habe diese meldung aber nie erhalten. Vielmehr sei man davon ausgegangen, es handele sich um militärisch genutzte Schiffe, welche deutschen Truppen über die Ostsee zur Flucht verhelfen sollten.
Die große Anzahl an Toten wurden , so denn geborgen, in Gräbern in der Umgebung von Neustadt bestattet, aber auch andernorts so z.B. in Grömitz, Niendorf, Lübeck, Grevesmühlen oder der Insel Poel, wo jeweils CapArcona-Friedhöfe angelegt sind.
621 Opfer fanden ihre letzte Ruhestätte an dem Platz , der im Jahr 1948 zum Ehrenfriedhof gewidmet wurde und heute der Hauptgedenkort für die Katastrophe ist.
Drei Steinstelen erinnern heute an die (ungefähre) Zahl der Opfer, neben der "7000", dem Kürzel "K-Z" und dem Datum "3.5.1945"auf der mittleren Stele sind links und rechts die Herkunftsländer der Häftlinge sowie der gestorbenen Juden ("Jehudim") in der jeweiligen Landessprache verzeichnet.
Ansonsten ist der Friedhof nur mit einer niedrigen Mauer eingefasst und mit Grünpflanzen versehen.
Machte die Anlage Anfang der 2000er Jahre bei meinen ersten (regelmäßigen) Urlaubsaufenthalten in Neustadt noch einen recht ungepflegten Eindruck, so hat sich dies inzwischen stark verbessert. Alles wirkt sauber und gepflegt.
Es gibt nun auch direkt nebenan eine Aussichtsplattform, wo auf die Ereignisse von damals auf Infotafeln verwiesen wird und man die ungefähre Stelle der Versenkung der Schiffe sehen kann.
Alljährlich finden am 3. Mai Gedenkveranstaltungen mit Kranzniederlegungen statt.
Weiterführende Informationen finden Interessierte in der Ausstellung "Cap Arcona" im "zeiTTor", dem Stadtmuseum von Neustadt am Kremper Tor.[verkleinern]